Warum der Mars nicht bewohnbar ist – Das Wasser Teil 2
So, nun der zweite Teil über die Probleme des Terraforming beim Mars, diesmal über das Problem des fehlenden Wassers / seiner Aufbereitung. Teil 1 erschien gestern.
Wie sieht es nun auf dem Mars aus? Nun seit vier Jahrzehnten läuft eine Debatte wie viel Wasser es gibt. Was relativ gesichert ist, ist die Menge die man sehen kann, d.h. die auf Aufnahmen der Orbiter erkennbar ist. Viel mehr Wasser wird aber im Untergrund in Permafrost vermutet. Doch dieses ist auch mit Radargeräten nicht direkt nachweisbar. Man kann nur wasserführende Gesteinsschichten feststellen aber nicht wie viel Wasser sie enthalten.
Bisher versuchte man sich der Frage, wie viel Wasser der Mars als Relikt aus der Vergangenheit enthalten müsste, über indirekte Methoden zu nähern. So kann man annehmen, dass der Mars wie die Erde das Wasser durch das Bombardement mit kleineren Körpern in den ersten Millionen Jahren nach der Bildung erhielt. Berücksichtigt man seine Größe und Position, so sollte dies (je nach Schätzung) für einen globalen Ozean mit 600 bis 2700 m Tiefe ergeben (der höhere Wert entspricht der Erde, die niedrigen sind Schätzungen aufgrund der größeren Sonnenentfernung und der kleineren Größe = kleinere Anziehungskraft).
Eine weitere Methode ist es, sich die Geologie anzusehen und abzuschätzen wie viel Wasser man braucht um bestimmte Strukturen zu bilden. Am stärksten sieht man Wasserspuren rund um das Chryse Becken. (Bild links). Um diese zu verursachen müsste eine Wasserschicht oder ein Gletscher von 500 m Dicke nötig sein. Die sehr alten Einschlagskrater aus der nochstachischen Ära sind überall auf dem Mars stark erodiert, mit Sedimenten aufgefüllt. Dazu gibt es Kanäle, die wir ausgetrocknete Flussbette aussehen, aber auch Krater umflossen haben, und dabei diese typischen tropfenförmigen Inseln bildeten. Wir kennen auch andere Phänomene die mehr auf die Tätigkeit von Gletschern passen, aber auch chaotisches Terrain, so starke Zerstörungen der Oberfläche vorherrschen die man damit erklären kann, dass Permafrostboden auftaute und der Boden einbrach.
Es gab allerdings auch Versuche diese Phänomene anders zu erklären, so mit flüssigem Kohlendioxid, das im Untergrund bei höherem Druck stabil ist oder Methan-Clathraten. Aber da fehlt dann der Nachweis dieser hohen Gaskonzentration. Nach Untersuchungen des Omega-Instruments von Mars Express findet man auf dem Mars Phyllosilikate, eine Gruppe von Gesteinen, die Bestandteil des Tons sind, einem typischen Abbauprodukt von Gestein durch Wassererosion. Phoenix konnte Wasser unter der Oberfläche nachweisen. Daher ist man sich heute relativ sicher, dass der Großteil der Veränderungen die von einem flüssigen Medium gebildet wurden durch Wasser verursacht wurden.
Nach den Untersuchungen von Marsmeteoriten geht man umgekehrt davon aus, dass nur die Hälfte des Wassers aus dem Mantel freigesetzt wurde, da keine ausgeprägte Tektonik vorherrscht.
Fasst man alle Daten zusammen so scheint die Gesamtmenge an Wasser die der Planet gebunden oder frei hat in der Größenordnung von 1000 m bei globaler Abdeckung zu liegen – dies ist der Wert nach de Entstehung. Doch wie viel ist davon heute noch übrig bzw. zugänglich?
Während man die Spuren flüssigen Wassers in der frühesten Marsperiode, der noachischen Periode (4,1 bis 3,8 Milliarden Jahre vor heute) deutlich sieht, fehlen sie in der folgenden der hesperianischen Periode. Wenn es dort Überflutungen gibt, so sind es eher lokal begrenzte Überschwemmungsereignisse. Nach dem heutigen Verständnis ist seit der hesperianischen Periode das Wasser als Eis gebunden. Vorher konnte es auch in flüssiger Form existieren. Wenn es nun regional auftaut, entweder durch Klimaveränderungen, tektonische Tätigkeit (Magma) oder einen Asteroideneinschlag, so gibt es entweder eine Schlamm- oder eine Wasserflut, die jedoch bald aufhört, da bei dem niedrigen Atmosphärendruck sich flüssiges Wasser bald sich auftrennt in Wasserdampf und neues Eis. Untersuchungen von Maes Express zeigten, dass es auf der Nordhalbkugel einen See gab der mehrmals über einen Zeitraum von vielen Millionen Jahren existierte, aber niemals länger als 5000 Jahre am Stück. Er füllte sich mit Wasser und es verdampfte wieder und wurde zu Permafrost. Das es überhaupt so lange dauert bis es erneut ausfriert ,liegt darin, dass das Wasser Kohlendioxid als Clathrat einschließt und dieses dann drei wird. Nach Modellrechnen dauert es 1000 bis 100.000 Jahre nach Größe des Ereignisses bis der Planet wieder seine alte Atmosphäre hat. Während dieser Zeit kann das Wasser in flüssiger Form existieren.
Was klar ist, ist was es in sichtbarer Form an Wasser gibt. In der Atmosphäre ist Wasserdampf vorhanden. Ausgeschieden ist es nur ein 10 µm dicker Film. In den Polarkappen und Gletschern findet man genügend Wasser um den Planeten mit einer 29,6 m dicken Schicht zu überziehen. 11 m macht die größere der beiden Polkappen aus, der Rest findet sich in Permafrostboden. und der zweiten Polkappe. Dass es Permafrostboden gibt zeigen Einschlagskrater die ihn aufreißen, wie dieser Krater Yuty, bei 24N, 32 W der knapp 20 km groß ist. Doch über die Abschätzungen was darüber hinausgeht gibt es große Differenzen. Einige Vertreter meinen, dass im „Megaregolith“, einem porösen Gestein das bis zu 20% seines Volumens an Wasser aufnehmen kann, genügend Wasser für eine 540 m große globale Wasserschicht vorhanden ist. Mit etwa 400 bis 500 m Gesamtwassermenge wird auch das Restvorkommen bei optimistischen Schätzungen beziffert,. Doch dieses ist nur zum Teil freisetzbar, denn der größte Teil ist dann Kilometertief unter der Oberfläche. Der Megaregloith soll sich 2,5 bis 4 km unter der Oberfläche erstrecken. Optimistische Schätzer prognostizieren diese große Menge aufgrund der Überschwemmungsspuren und dieses Wasser muss irgendwo hin verschwunden sein. Die zweite Gruppe geht von kleineren Mengen aus. Für die Spuren so argumentieren sie muss nicht immer so viel Wasser vorhanden sein. Es reicht wenn es regional vorhanden ist um die Spuren zu verursachen. Dann kann es wieder ausfrieren. Da wir auch zahlreiche Gesteinsformationen ohne Megaregolith haben, ist mit Sicherheit 500 m die Obergrenze. Radaraufnahmen von MARSIS an Bord von Mars Express zeigen nahe der Nordrolregion wo man viel Wasser im Gestein vermutet nur einige Hundert Meter dicke Gesteinsschichten, die wasserhaltig sind.
Die meisten Autoren setzen die Menge die der Mars heute noch in oberflächennahen Schichten hat, deutlich kleiner an, 100-150 m werden oft genannt. Das zu den früheren Überflutungen fehlende Wasser könnte zu einem großen Teil in dem oxidierten Oberflächengestein stecken. Die rote Farbe stammt von Rost, das bedeutet das ursprünglich metallische Eisen wurde oxidiert. Selbst wenn es 500 m sind, so ist nur das Wasser in oberflächennahen Schichten, zugänglich. Ich gehe im folgenden von der Annahme aus, dass eine Marskolonie 100-150 m Wasser (als globale Schicht) freisetzen kann.
Das Problem der Verteilung
Wie auf der Erde würde beim Mars das Wasser, wenn es durch Klimaerwärmung oder künstliches Auftauen freigesetzt wird, sich in den tiefer gelegenen Gebieten sammeln. Rechts ist eine topographische Karte, basierend auf den MOLA Messungen von Mars Global Surveyor wiedergegeben. Blau sind tiefer gelegene Gebiete, rot die höchsten Spitzen. Die beiden tiefsten Gebiete sind das Agryre Becken (links) und das Hellasbecken (rechts) auf der Südhalbkugel.
Aber auch auf der Nordhalbkugel gibt es tiefer gelegene Gebiete. Anders als auf der Erde gibt es keine Verbindungen zwischen allen tiefer gelegenen Gebieten. Auf der Nordhalbkugel gibt es je zwei tiefer gelegene Ebenen und in der Südhalbkugel je zwei eng begrenzte Einschlagsbecken. Sie sind also mehr mit großen Binnenseen vergleichbar.
Wenn wir davon ausgehen, das eine zukünftige Marskolonie es nicht schaffen wird den Mars global so warm zu bekommen wie die Erde (siehe Artikel über die Atmosphäre), so wäre sie daran interessiert, Wasser möglichst an der Äquatorregion zu haben, da man hier wie auf der Erde die höchsten Temperaturen zu erwarten sind. Bei den nördlichen Gebieten sind dies Tiefebenen verbunden. Das Wasser würde sich im Westen im tiefsten Gebiet, dem Amazonisbecken sammeln, dass bei 196 Ost, 24 Grad Nord zentriert ist. Es hat einen Durchmesser von 900 x 1300 km im tiefsten Gebiet, das über -3500 m tief geht. Noch etwas tiefer und südlicher gelegen ist die Isidisebene vie 13 N, 87 West. Mit 1200 km Durchmesser könnte man einen kleinen Binnensee unterbringen. Es sammelt das Wasser aus dem östlichen Teil der Nordhalbkugel. Die tiefe von Isidis geht bis zu -3900 und -3600 m. Die südlich gelegenen Einschlagsbecken liegen schon in mittleren Breiten, sind aber noch tiefer.
Egal wie man es aber dreht und wendet – 100 m globale Wassersäule sind recht wenig. Für ein Klima wie bei uns wird es nicht reichen, da selbst im optimistischen Fall die „Meer“ nur rund 1000 km groß wären. Es wäre also eher ein Wüstenklima wie in der Trias. Eine Zivilisation wird daher sich um natürliche Wasserreservoirs wie Einschlagskrater und Becken ansiedeln und ausgehend von diesen die Umgebung bewässern. Ideal wäre z.B. das Valles marineris, da es tief ist, sich über 4000 km erstreckt und so eine lange Küste hat. Da sich ohne zutun des Menschen über geologische Zeiträume das Wasser an wenigen Orten sammeln würde, darunter auch zu weit polwärts gelegenen wie dem Hellasbecken, wird es nötig sein das Wasser zu transportieren wo man es benötigt, z.B.in kleinere Krater die dann als lokale Depots dienen.
Ist das Wasser genießbar?
Wir wissen seit Viking, dass die Marsoberfläche chemisch sehr reaktiv ist. Phoenix konnte Perchlorate als starke Oxidationsmittel nachweisen. Diese sind wasserlöslich, aber nicht stabil, Trotzdem wird man wohl sehr lange erst jedes Wasser von ihnen befreien müssen, zumal sie bei jedem Regenfall erneut aus dem Boden ausgewaschen werden. Offen ist, wie viel Salz der Mars enthält. Wenn wir Parallelen zur Erde ziehen so wird im Marseis viel Salz gebunden sein, weiteres könnte aus der Oberfläche ausgewaschen werden wenn wir das Wasser freisetzen. Bei der geringen Wassermenge (100 m beim Mars, gegenüber 2700 m bei der Erde, bei globaler Abdeckung) würden schon wesentlich geringere Natriummengen als auf der Erde ausreichen, um ein sehr salzhaltiges Wasser zu erhalten. Für die landwirtschaftliche Nutzung müsste man es aufwendig per Umkehrosmose vom Salz befreien. Das gleiche gilt erst recht für Trinkwasser. Auch Niederschlagswasser wäre nicht trinkbar, denn es würde Salz und Perchlorate aus der Oberfläche lösen und das über Jahrmillionen. (Die Meere waren bei uns nicht immer so salzig wie heute, das meiste Salz steckt heute in Lagerstätten, im Archaikum waren die Meere wohl fünfmal salzhaltiger als heute und das dürfte auch beim Mars so sein).
Es ist daher nicht damit zu rechnen, dass wir das Wasser unaufbereitet trinken können, das gleiche gilt für die Landwirtschaft die noch viel mehr Wasser benötigt. Für die Entfernung von Salz benötigt man viel Energie. Je nach Salzgehalt auf der Erde zwischen 2 und 4 kWh pro Kubikmeter Wasser. Da es aber auch unwahrscheinlich ist, dass wir jemals den Mars so warm bekommen, dass Menschen dort ohne Schutz leben können, wäre dies kein Problem, denn für die Erhaltung der Atmosphäre bräuchte mal viel mehr Energie, wenn man dieses Szenario wirklich durchdenkt. Eine kleine Kolonie in einem abgeschlossenen Ressort, könnte das Wasser aus den Polkappen beziehen. Diese entstanden durch Niederschläge und trägt man eine Oberflächenschicht ab, die durch Sande verunreinigt ist, so dürften die tieferen Schichten Wasser mit nur wenig Salz (hereingetragen durch Flugsand) enthalten. Dieses kann als Eisblock zur Kolonie befördert und dort aufgetaut werden, da es beim Mars heute niemals so warm wird, dass Wasser in flüssiger Form existieren kann. Die Sublimationsverluste sind bei großen Blöcken klein, viel weniger als bei den Plänen auf der Erde Eisberge zur Bewässerung in Wüstengeboete zu ziehen. Allerdings gibt es keinen Schiffsweg und das Gelände ist sehr unwegsam.
Für eine Marsbesiedelung in Form einer zweiten Erde, wird es aber zu wenig sein und in großen Teilen des Planeten wird ein Wüstenklima herrschen. Eher werden die Menschen wenn sie wirklich jemals eine für Menschen atembare Atmosphäre hinbekommen dann wie Wüstenbewohner rund um kleine Wasseroasen oder Binnenseen leben und mit Rohrleitungsnetzen das Wasser von den tiefer gelegenen Einschlagsbecken dorthin leiten. Wenn es so viel Megaregolith gibt wie prognostiziert wird, so könnte er nicht nur eine Quelle sondern auch eine Senke für Wasser sein, denn wie ein schwamm würde er das Wasser das durch Regen fällt aufsaugen und so könnte im ungünstigsten Falle gar kein Wasser mehr an der Oberfläche verbleiben, weil nach dem Abschmelzen der Polkappen auch dieses Wasser vom Megaregolith aufgesaugt wird.
Beitrag von Meteoriteneis zum Wasservorkommen:
Müsste nicht auf der Erde der Anteil an schwerem Wasser deutlich höher als 0,02 % sein, wenn es zu großem Teil aus dieser Quelle stammte?
Ne weil das setzt sich unten ab 😉