Der Space Shuttle und die ISS
Derzeit sind der Space Shuttle und die ISS wieder in den Schlagzeilen. Nun soll der Ausbau zügig vorangehen, nachdem man schon Jahre hinter dem originalen Zeitplan hinterherhinkt. Immer wieder wird betont, dass der Space Shuttle für den Ausbau der ISS notwendig ist. Das stimmt, doch es liegt an der Konzeption der Station.
Prinzipiell gibt es zwei unterschiedliche Ansätze eine große Raumstation aus mehreren Teilen zu bauen. Der eine ist, die Teile am Boden fertig zu bauen und im Orbit nur wie Lego-Bausteine zusammenzuschließen. Der andere ist es Einzelteile hoch zutransportieren und durch Außenarbeiten zu verbinden. Ein Beispiel für das erste Konzept ist die MIR. MIR besteht aus einem Kernmodul mit 5 Koplungsadaptern an welche weitere Module angeschlossen werden können. Jedes Modul verfügt über eine eigene Stromversorgung und einen eigenen Antrieb mit dem es ferngesteuert angekoppelt wird. Elektrische Verbindungen wurden im inneren durchgezogen. Auf dem Bild der MIR sieht man deutlich wie die einzelnen Module sich ähneln und jedes seine eigenen Solarpanels hat.
Die Vorteile dieses Konzepts : Die etwa 20 t schweren Module sind nicht auf ein bestimmtes Trägersystem angewiesen, hätte man die ISS aus solchen Modulen gebaut, so hätte man dank des eigenen Antriebs diese mit jeder größeren Rakete (Ariane 5, Titan 4, Delta 4 Heavy, Proton) starten können. Die Mehrkosten für einen Antrieb und Kopplungsadapter sind geringer als die Kosten die beim Weltraumzusammenbau anfallen. Bei gleicher Masse ist das nutzbare Wohnvolumen bei reinen Laboren erheblich größer.
Die Nachteile: Große Solarpanel, tragende Strukturen wie Masten etc. kann man so zwar prinzipiell auch transportieren, doch dies ist sehr aufwendig und eine Station aus Modulen ist meistens sehr kompakt. Jedes Modul hat zudem eine eigene Stromversorgung. Aus geometrischen Gründen können Solarpanels nicht zu groß werden, da sie sonst Platz für andere Module wegnehmen.
Die USA haben in den 70 er Jahren eine Studie untersucht bei der man auch ein solches Konzept verfolgt. Man plante damals eine Raumstation aus Space Shuttle Tanks. Dazu hätte man im Wasserstofftank Wände und Rackschränke eingezogen und einen Kopplungsadapter eingebaut. Ein Space Shuttle hätte dann keine Nutzlast mitgeführt, aber den Tank in einen Orbit gebracht. Die Ausrüstung für das innere wäre in weiteren Flügen geliefert worden. Mehrere Tanks hätte man dann zu größeren Stationen zusammen gebracht.
Für die ISS hat man einen anderen Weg gewählt. Es gibt hier russische Module mit eigenem Antrieb, doch es sind wenige. Die meisten Module werden vom Space Shuttle transportiert und mit dem Greifarm angekoppelt. Darüber hinaus gibt es Strukturen in denen kein Mensch sich aufhält. Masten welche Solarzellen mit den Modulen verbinden, ein Baum entlang der Station und natürlich die Solarzellenflügel selbst. Für diese ist der Space Shuttle Transport sicher die beste Lösung, auch wenn die Montage im Orbit sehr aufwendig ist.
Was aber völlig falsch ist, ist dass man für die anderen Teile nicht eine andere Lösung wählen kann. Man hätte die zahlreichen Druckmodule die noch zu starten sind ebenso wie die russischen Module mit einem eigenen Antrieb und einem Kopplungsradar ausstatten können. Entsprechende Technologie wird ja in Europa beim Versorgungstransporter ATV und in Japan beim Äquivalent HTV schon eingesetzt. Das hätte den Shuttle Flugplan entlastet und wäre durch die geringeren Startkosten sogar preiswerter gewesen. Flüge für den Transport von Strukturen, wie der letzte Flug der Atlantis wären aber immer noch nötig.
Warum hat man es nicht getan ? Weil es in den Augen aller Beteiligten die ideale Lösung ist, wenn auch nicht die preiswerteste. Vor dem Columbia Unglück hat die NASA angekündigt, dass sie erwog die ISS nur halb auszubauen für eine Stammbesatzung von 3 Personen, weil die Kosten explodierten und man den Nutzen nicht mehr sah. Das führte zu Protesten seitens Europa und Japans, deren Module am Boden geblieben wären und die dann praktisch keinen Zugang mehr zur Station bekommen hätten. Seit dem Verlust der Columbia ist dieses Thema vom Tisch. Denn nun ist der Vollausbau (oder genauer gesagt Fast Vollausbau, es werden einige Module fehlen, so dass man die Stammbesatzung von 7 auf 6 reduzieren musste) politisches Ziel. Denn ohne diesen hätte man die Shuttle Flotte nach dem Columbia Unglück auch gleich einmotten können. Das war aber politisch nicht gewollt. Also bekam die ISS so noch eine zweite Chance.
Doch was kommt danach ? In 4 Jahren soll die Raumstation fertig sein. Für den Transport von Gütern gibt es den europäischen ATV und den japanischen HTV. Die Russen sind sicher auch bereit wie bisher Progress Transporter zu starten. Zuletzt gab es eine Ausschreibung der NASA für einen unbemannten Transporter, der aber noch entwickelt werden muss. Doch problematisch ist die 6 Mann Stammbesatzung. Diese kann man zwar durch 2-3 Sojus Kapseln gewährleisten. Im Falle einer Havarie wird dies durch ein Rettungsboot ergänzt werden. Doch diese Kapseln können keine Experimente transportieren. Zudem halten die USA nichts von dieser Lösung und wollen ihre Astronauten nur ungern von Russland starten lassen. Man arbeitet zwar an einem CEV, einer Kapsel für bis zu 6 Astronauten, doch richtig Mittel gibt es erst dafür wenn die ISS fertig gestellt ist und die Space Shuttles dann keine Kosten mehr verursachen. So wird das CEV, das man mittlerweile „Orion“ taufte nicht vor 2014 zur Verfügung stehen.