Man hats ja….

Derzeit gibt es eine heiße Diskussion über die Stationierung von amerikanischen Raketen in Osteuropa als Teil eines Raketenabwehrschutzschildes gegen Interkontinentalraketen von „Schurkenstaaten“. Das erinnert mich daran, dass diese Idee eine enorm lange Tradition hat, und man bislang enorm viel Geld darin gesteckt hat.

Die USA haben seit 1962 an verschiedenen Programmen dieser Art gearbeitet. Es gab die Versuche mit Nike und Nike Zeus Raketen andere Raketen abzufangen, das Sprint Raketensystem wurde entwickelt. Das erste einsatzfähige Programm (nach einer Investition von 40 Milliarden USD) war 1969 das Safeguard System, das aus Raketen in Nord Dakota mit nuklearem Sprengkopf bestand. Anders konnte man infolge der hohen Geschwindigkeit anfliegender Sprengköpfe nicht eine Treffen und Vernichten dieser garantieren. Safeguard wurde jedoch sehr bald wieder eingestampft. Zum einen gab es massive Proteste seitens der Ansässigen Zivilbevölkerung /die unter dem radioaktiven Fallout zu leiden hätte), zum anderen machte die Entwicklung von Raketen mit Mehrfachsprengköpfen das System unwirtschaftlich. Eine Rakete konnte ende der 60 er Jahre über bis zu 10 einzelne auf getrennte Bahnen lenkbare Sprengköpfe verfügen. Jeder dieser machte eine Abwehrrakete nötig – Das machte das System für einen Verteidiger völlig unwirtschaftlich, da man erheblich mehr Abwehrraketen als der Angreifer benötigte.

Mitte der 80 er Jahre kam das bekannteste Abwehrsystem auf : Die Strategic Defense Initivative kurz SDI. Im Volksmund wurde sie meist nach dem Ausspruch eines Kongressangehörigen als er die Details des Programms erfuhr „Star Wars Programm“ genannt („Das ist so realistisch wie Star Wars“). Das ganze bestand aus einem ganzen System. Vom Boden aus sollten Projektile mit Magnetschienenbeschleunigern abgeschissen werden, Raketen sollten andere Raketen zerstören und Laser MIRV abschießen. im Weltall wollte man ebenfalls Projektile, hochenergetische Laser und Partikelwaffen eingesetzt werden. Es kam zu einer Reihe von Flügen bei denen Satellitentechnologien erprobt wurden (darunter auch der der Raumsonde Clementine), am Boden wurden Laser entwickelt und teilweise wurde sogar getürkt (als man zum Beispiel. eine Titan Stufe durch einen Laser zerstörte, die unter Spannung saß, so dass ein winziges Loch zum Kollaps ausreichte). Nebenbei schoss man mit einer Rakete auch einen funktionierenden Satelliten der US Armee ab nur um das Prinzip zu demonstrieren.

Obwohl klar war, dass man selbst im optimistischsten Fall (nämlich dem dass man es technisch umsetzen könnte) enorme Summen würde investieren müssen um Trägersysteme und Hardware zu bauen werkelte man über ein Jahrzehnt lang an SDI und gab fast 70 Milliarden USD dafür aus. Schlussendlich stellte man es klanglos ein, nachdem man einfach keine Fortschritte in der Technologie machte die ausreichend waren. Für die Weltraumgestützten Laser war z.B. eine kleine Atombombe als Energiequelle notwendig, da man anders nicht an die Megawatt and Leistung kam die man pro Schuss brauchte – Jede Waffe konnte nur einen Schuss abgeben, danach hatte sie die Atombombe pulverisiert.

Eine totale Abrüstung bis auf 100 Interkontinentalraketen die Gorbatschow 1987 anstrebte scheiterte daran, dass Reagan SDI nicht aufgeben wollte und Gorbatschow an die Umsetzung glaubte – zumindest für 100 anstatt 10000 Sprengköpfe.

Es gibt nun wieder ein neues System. Das Terminal High Altitude Area Defense (THAA) System. Auch wenn es seit 1992 entwickelt wurde und auf dem im Kuwait Krieg eingesetzten Patriot System beruht, ist neu dass es zur Umsetzung und merklichen finanziellen Mitteln es erst unter Bush kam. Nun gibt es die Sowjetunion nicht mehr und mit Russland versteht man sich prächtig. Das gilt auch in Maßen für die anderen Nuklearmächten die über Interkontinentalraketen verfügen. Es gibt also keinen Grund ein Raketenabwehrsystem zu bauen. Es ist nach Angaben des US Militärs aber auch nicht besonders wirksam gegen schnell fliegende Interkontinentalraketen sondern vielmehr gegen Mittelstreckenraketen wie die Scud die im Goldkrieg eingesetzt wurden (und auch hier konnte man nicht alle Abfangen).

Das macht das System eigentlich sinnlos. Mittelstreckenraketen kann man auf die USA nur aus einer Entfernung bis zu 2500 km abschießen. in diesem Bereich befindet sich aber kein Staat der über Atomsprengköpfe verfügt oder den USA feindlich gesonnen wäre. Der einzige Staat der derzeit über Interkontinentalraketen verfügt und mit dem die USA im Clinch sind ist aber Nord Korea und das ist weiter weg. Iran entwickelt derzeit Mittelstreckenraketen und eventuell wie korea auch Atomsprengköpfe.

Will man nun sich dagegen schützen muss man die Abwehrraketen näher an den potentiellen Feind heran führen und daher gibt es derzeit Verhandlungen der USA über die Stationierung dieser Raketen in vielen Ländern. Die in Europa stationierten können nicht die USA vor koreanischen Waffen schützen (dafür sind sie zu weit weg), aber US Einrichtungen in Europa vor iranischen Mittelstreckenraketen. Bislang hat man schon über 700 Millionen USD für die Entwicklung ausgegeben. doch gegen die Kosten eines einsatzfähigen Systems ist das ein Klacks. Für dieses rechnet man mit kosten von mindestens 10 Millairden USD.

Insgesamt haben die USA in den letzten 40 Jahren 125 Milliarden USD für verschiedene Raketenabwehrsysteme ausgegeben – ohne das jemals eines stationiert wurde oder man nur nachweisen konnte, dass es auch funktioniert hätte. Dafür hätte man eine bemannte Marslandung durchführen können vielleicht auch ein Viertel Jahr Krieg im Irak finanzieren können (nur um mal einen Vergleich zu geben). Dabei ist es ganz gut so, dass es bislang nicht funktioniert hat. Man überlege einmal was passiert wenn die USA wieder einmal einen paranoiden Präsidenten wählen und der sich sicher sein kann bei einem Atomwaffeneinsatz nicht selbst von einem Gegenschlag betroffen zu sein ….

Der Musiktipp, nicht ganz passend, aber auch nicht ganz unpassend: Codo von DÖF

Die Falcon und das Risiko einer Neuentwicklung

Erster Start der FalconGestern fand der zweite Testflug der Falcon 1 statt. Er scheiterte, diesmal nach 5 Minuten als die Telemetrie abriss und die zweite Stufe durch ein unplanmäßiges Rollen ihr Triebwerk abschaltete. Dies ist der zweite Flug einer Falcon 1. Der erste scheiterte vor einem Jahr nach etwa 30 Sekunden. Viele glauben, nach bald 50 Jahren Raumfahrt wäre es Routine eine Rakete zu starten, und dies ist es eben noch nicht. Warum? Nun natürlich kann man heute vieles vorher simulieren, hat mehr Erkenntnisse als früher. Doch bestimmte Dinge wie das Verbrennungsverhalten sind heute noch mit einem Unsicherheitsfaktor behaftet denn nur das Experiment klären kann. Eine ganze Rakete als System, den Flug kann man sowieso nicht simulieren, sondern nur testen.

Vor 40 Jahren hat man eine Rakete entwickelt indem man stufenweise erst die erste Stufe alleine, da die erste und zweite Stufe und dann alle Stufen getestet hat und erst dann ging es an Flüge mit Nutzlast. Wir finden diese Vorgehensweise bei den militärischen Typen Atlas und Titan und bei der Saturn I/IB und der Europa. Heute fliegt gleich eine experimentelle Nutzlast mit und die Erwartungen sind groß.

Tatsache aber ist: Bei noch so großer Erfahrung im Raketenbau ist die Entwicklung eigens komplett neuen Trägers wie z.B. der Ariane 5 immer ein Risiko. Die Zuverlässigkeit ist bei den ersten Flügen sehr gering. Es gibt durchaus einen Grund schon bewährte Teile weiter zu verwenden: Die Delta 2 fliegt mit dem RS-27 Triebwerk, eingeführt 1974 und zurückgehend auf das H-1 der Saturn I von 1966. Das RL-10 Triebwerk der Centaur ist seit 1961 im Einsatz. Russland diskutiert seit Jahren über einen Ersatz der Sojus und macht nicht diesen Schritt. Warum?

Schlicht und einfach weil man mit den alten Triebwerken, Stufen und Raketen Jahrzehntelange Erfahrung hat. Die Kinderkrankheiten sind beseitigt, die Zuverlässigkeit ist hoch. Normalerweise wird jedes technische Gerät geprüft: Autos fahren durch finnische Wälder und die Wüsten in Afrika, Verkehrsflugzeuge werden vielen Testflügen unterworfen die weit über die Beanspruchung im Linienverkehr hinausgehen. Bei einer Rakete ist dies nicht möglich. summiert man die gesamte Anzahl an Flügen auf, so gibt es wenige Typen die 100 Starts oder mehr erreicht haben (und meist nicht in derselben konfiguration9. So gesehen ist jeder Raketenstart immer noch ein Erprobungsflug. Continue reading „Die Falcon und das Risiko einer Neuentwicklung“

Musikalische Sünden

Ich gebe es ehrlich zu: Ich bin musikalisch in den 80 ern stehen geblieben. Wenn ich mir anhöre, was es so an neuen Liedern gibt denke ich auch zu recht. Natürlich gilt das nicht für alles, dazu später mehr, aber vieles ist doch heute zum Einheitsbrei geworden. Gesangstalent ist nicht mehr nötig: Die Stimme wird mit Computerhilfe verstärkt, bekommt mehr Volumen oder erreicht Höhen die sie nicht hat. Oder sie wird komplett verfremdet wie bei „Cher“. Musikalisch dominieren Computerrythmen, Techno oder Rap (was auch den Vorteil hat, dass man nicht wirklich singen muss). Und wenn man gar nichts kann, dann covert man einen Titel aus den 80ern. Das jugendliche Publikum kennt ja nicht die Originale. Gibt es eine bessere Hommage an die 80 er?

Okay, damals war auch nicht alles Gold. Es gab damals schon Dieter Bohlen mit „Modern Talking“, „Blue System“ oder „C.C. Catch“. Von England belieferten und Stock, Aitken und Watermann dauernd mit neuer Musik (in immer demselben Stil): Kylie Minogue begann so ihre Karriere. Aber es gab noch Madonna, Genesis, Simply Red, David Bowie und zahlreiche andere die nicht nur Einheitsbrei komponierten. Auch in den vorherigen Jahrzehnten gab es gute Musik. Aber heute scheint irgendwie Einheitsbrei zu dominieren. Continue reading „Musikalische Sünden“

Waffen und wie sie veralten

YamatoManchmal bleibe ich beim Zappen bei den Nachrichtensendern hängen wenn sie Dauerdokus über den zweiten Weltkrieg bringen, vielleicht besser gesagt über die Amerikaner im zweiten Weltkrieg, denn diese Dokus sind alle aus den USA. Wenn es um den Pazifikkrieg geht bleibe ich meistens hängen wenn es um den Pazifikkrieg geht. Mir haben es die Schlachtschiffe angetan. Zum einen weil Sie in allem so riesig sind – ihrer Größe, ihrer Feuerkraft mit Geschützen von einem Kaliber von 380-456 mm und Geschossen die bis zu 1500 kg wiegen und der Panzerung die teilweise bis zu 50 cm dick ist. Die Kriegsführung mit einem Schlachtschiff wirkt so archaisch – Man erschießt auf ein anderes Schiff in bis zu 40 km Entfernung, das man kaum sehen kann. Alleine die Granaten brauchen 60-90 Sekunden um dort anzukommen – und mittlerweile hat sich das andere Schiff natürlich weiterbewegt was man beim Abschuss schon berücksichtigen muss. Die Besatzung selbst ist dem Schiff auf Gedeih und Verderb ausgeliefert – selbst wenn sie vor dem Untergang über Bord springt hat sie im kalten Wasser nur eine Überlebenschance von einigen Stunden. (Bild das größte je gebaute Schlachtschiff, die japanische Yamato, Sie wurde am 7.4.1945 innerhalb von 2 Stunden von US Torpedobombern versenkt) Continue reading „Waffen und wie sie veralten“

EU Agrarüberschüsse

Unsere Landwirtschaft (und damit meine ich die gesamte EU Landwirtschaft) ist zu produktiv. Wir produzieren seit Jahrzehnten mehr als wir verbrauchen. Früher war dies kein Problem. Es gab gute und schlechte Jahre. Doch dank Kunstdüngern, Insektiziden, Herbiziden und motorisierter Landwirtschaft produzieren wir nun immer zu viel. Zudem ist es sehr unwahrscheinlich, dass eine Schlechtwetterperiode über Monaten allen EU Staaten zeitgleich auftritt.

Seit Jahrzehnten gibt es nun Agrarüberschüsse und seit Jahrzehnten versucht man mehr oder hilflos sie zu reduzieren:

  • Man vernichtet die Überschüsse. Immer gerne gemacht bei allem was nicht lagerbar ist wie Obst und Gemüse. Das ganze kommt dann gleich auf die Müllhalde
  • Man lagert sie ein – Alles was lagerbar ist. so gemacht bei Fleisch, Fett, Milchpulver oder Getreide. Irgendwann kann man es nicht mehr weiter lagern und man muss es dann auch vernichten oder
  • Man vertickt es preiswert, damit die Verbraucher mehr davon kaufen, so wie die Weihnachtsbutter. Manche Dinge sind auch EU dauersubventioniert wie Traubensaft,
  • Man bezahlt die Bauern dafür dass die anderes anbauen, dass noch nicht so problematisch ist wie Raps. Aus dem Rapsöl kann man dann für weiteres Geld Biodiesel herstellen.
  • Man verkauft es weiter: Das letzte was man heute macht.

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