50 Jahre Raumfahrt: Triebwerksentwicklung
Am 4.10.2007 jährt sich der Start von Sputnik 1 zum 50.sten Mal und ich will in einer kleinen Reihe von losen Betrachtungen einmal Rückschau halten auf die Raumfahrt in den letzten 50 Jahren. Natürlich geht das nicht in ein paar Zeilen und so widme ich mich heute dem Teilaspekt der Triebwerke.
Wer den Film „Der Stoff, aus dem die Helden sind“ hat vielleicht noch eine Szene in Erinnerung wo man fehlgeschlagene Raketenstarts aneinander schnitt und in der Tat misslangen in den Anfangsjahren der Raumfahrt zahlreiche Raketenstarts. Sehr oft wegen Triebwerksausfällen und Problemen. Es zeigte sich das gleiche wie bei der V-2: Von einem Prototyp zur zuverlässigen Trägerrakete war es bei fast jedem Baumuster das neu eingeführt wurde ein langer Weg. Auch heute ist man da nicht vor Überraschungen gefeit wie die misslungenen Jungfernflüge der Ariane 5 ECA, Falcon 1 und Delta IV Heavy zeigten.
Was man gewonnen hat in den letzten 50 Jahren war sehr empirisches Wissen, Erfahrungen in der Konstruktion. Manche Dinge sind bis heute nicht berechenbar sondern müssen experimentell bestimmt werden, ein berühmtes Beispiel ist die Form und die Auslegung des Einspritzkopfes. So erstaunt allerdings viele Leute wenn ich ihnen sage, dass ein modernes Raketentriebwerk sich nicht wesentlich von einem von vor 40 Jahren unterscheidet. In den ersten 10 Jahren hat man die wesentlichsten Innovationen in den Antriebskonzepten eingeführt die da wären:
- Steigerung des maximalen Schubs in den USA von 667 auf 6645 kN und in der UdSSR von 267 auf 1533 kN
- Schwenkung der Triebwerke zur Kurskorrektur, anstatt separater Triebwerke dafür
- Einführung von lagerfähigen und kryogenen Treibstoffen
- Praktische Einführung des Expander Cycle Verfahrens
- Erste praktische Versuche mit dem Stage Combustion Verfahren
- Steigerung der Energieausbeute bis nahezu auf das heute noch mögliche Niveau
So verwundert es nicht mehr so sehr, wenn die NASA als wesentliches Triebwerk für die neuen Ares I+V Trägerraketen die Astronauten zum Mond bringen sollen die schon Ende der 60 er Jahre entwickelten J-2S Triebwerke, Modifikationen des J-1 Triebwerks der Saturn V wieder bauen will. Die Triebwerke erreichten schon damals eine sehr hohe Zuverlässigkeit, die man damals allerdings nicht so sehr aus Berechnungen und der Konstruktion ableitete, sondern schleicht und einfach durch enorm viele Tests erreichte: Wann immer es zu Abweichungen kam wurden diese untersucht und die Konstruktion geändert. Das F-1 Triebwerk der Saturn V. Getestet wurden 56 Triebwerke. Es gab insgesamt 2771 Zündungen bei der Entwicklung und Produktion, davon 1110 über die volle Brenndauer mit einer Gesamtdauer von 239124 Sekunden – über 66 Stunden. Zum Vergleich: Bei einer Saturn V muss das Triebwerk 150 Sekunden lang brennen. Die akkumulierte Brenndauer aller Starts liegt bei etwa 9000 Sekunden.
Was unterscheidet ein modernes Triebwerk von einem J-2 oder F-1? Es ist weniger die Mechanik oder die Werkstoffe. Leigerungen die Triebwerke leichter machen könnten gibt es nach wie vor nicht. Wegen er hohen Hitzebelastung kommen heute wie früher hier Nickel, Kupfer und Edelstahl zum Einsatz. Was sich geändert hat ist die Regelung. Computer erfassen hunderte Male pro Sekunde alle Parameter eines Triebwerks und können auf Veränderungen reagieren. Beim Space Shuttle war vor Columbia ein Computer Upgrade vorgesehen um Probleme noch früher zu erkennen und die Triebwerke dann sanft herunterzufahren ohne eine Zerstörung zu riskieren. Das hätte das noch vorhandene Restrisiko weiter vermindert.
Während sich Triebwerke für flüssige Antriebe kaum verändert haben in den letzten 40 Jahren so kann man dies nicht von Feststoffantrieben behaupten. sicher es gab damals schon die großen Titan III Booster, doch im vergleich zu diesen sind moderne Booster wie in der Vega viel weiter entwickelt. Das Grundprinzip ist das gleiche. Doch heute kann man durch Treibstoffmischungen und die Form der Abbrandfläche den Schub steuern. Düsen sind heute schwenkbar, anstatt fest oder Schubvektorsteuerung durch Sekundäreinspritzung. Nicht zuletzt gibt es heute sehr leichte Kohlefaser Verbundwerkstoffgehäuse anstatt der massiven Edelstahlhülsen der Titan 3.Booster.
Hybride Triebwerke denen man in den 60 und 70 er Jahren eine Zukunft prophezeite haben es bis heute noch nicht zur Einsatzreife geschafft. Triebwerke die Kernreaktoren zur Erhitzung des Treibstoffs nutzen waren überflüssig als man alle Pläne für Missionen strich die große Nutzlasten erfordern sollten. Ionentriebwerke wurden auch schon während der ersten 10 Jahr der Weltraumfahrt erprobt, gerieten dann aber in Vergessenheit und erleben in den letzten 10 Jahren eine Renaissance. Im Herbst wird die erste Raumsonde starten die ihr primäres Ziel nur mit Hilfe von elektrischen Triebwerken erreichen kann.
Was würde passieren wenn Wernher von Braun, der vor ziemlich genau 30 Jahren am 16.6.1977 starb sich heute die Raumfahrtlandschaft ansähe. er wäre vielleicht verblüfft. Aber nicht über unsere heutigen Trägerraketen, sondern wegen dem geringen Fortschritt. Mit der Saturn V stand 1967 eine Trägerrakete zur Verfügung, die zuverlässig war und 130 t transportieren konnte. Der Space Shuttle sollte kleiner werden, aber er sollte alles preiswerter machen, und damit erlauben neue Schritte mit dem vorhandenen Geld anzugehen – und das ist eben ausgeblieben. Er wäre wohl auch erstaunt darüber dass heuet der kommerzielle Markt größer ist als die Transporte von Satelliten von staatlichen Organisationen und diesen Markt Europäer und Russen dominieren, nicht aber die große Raumfahrtnation USA.