Solarzellen – Kann man damit den Strom decken?
Irgendwann werden die fossilen Brennstoffe weg sein, Atomkraftwerke wollen wir auch nicht (und das Uran hält nach verschiedenen Schätzungen auch nicht länger als etwa 200 weitere Jahre, allerdings kann man Plutonium erbrüten und so es deutlich "strecken"). Was gibt es an Alternativen? Natürlich Wind- und Wasserkraft, eventuell auch das Verbrennen von Biomasse, doch wird man letztere wohl besser zur direkten Heizung nutzen wollen. Von allen alternativen Energieformen ist die Solarenergie die wohl ausbaubarste. Wind ist nicht überall verfügbar und unterliegt starken Schwankungen. Hier ist noch einiges Möglich im Küstenbereich und im Meer, aber sicher nicht mehr als eine Verdopplung. Wasserkraft wird weitgehend am Maximum dessen was möglich ist genutzt. Man kann schließlich nicht alle Schifffahrtswege mit Staustufen zupflastern. Es bleibt also nur noch die Solarenergie. Ich will mich daher heute mal damit befassen. Zuerst einmal einige Abschätzungen.
Damit wir wissen wovon wir reden: Der Stromverbrauch der BRD betrug im Jahre 2006 insgesamt 636 TWh. Davon entfielen auf erneuerbare Energien 59 TWh, der größte Anteil davon mit 47 TWh auf Wind und Wasser.
Es ist zu rechnen, dass man Wind ausbauen wird können auf vielleicht 10-20 %, vor allem mit Off Shore Anlagen. Andererseits wird man sowohl bei Wind, wie auch bei Solarenergie den Strom zwischenspeichern müssen, z.B. durch Erzeugung von Wasserstoff durch Elektrolyse wenn es zu viel Strom gibt und durch Erzeugung von Wasser in Brennstoffzellen aus dem Wasserstoff in der Nacht wenn keine Sonne scheint. Die Umwandlungsverluste bei beiden Prozessen betragen etwa 20 %, so dass man eher mehr Strom erzeugen muss als heute. Nehmen wir mal eine runde Zahl von 700 TWh an die durch Solarzellen gedeckt werden soll. Was kommt da auf uns zu:
Investitionskosten. In der Wikipedia fand ich als günstigste Solarzellen polykristalline Zellen mit Preisen von 3 Euro/Wh Leistung. Bei etwa 1550 Sonnenstunden pro Jahr (Durchschnitt BRD) benötigt man so eine installierte Leistung von 451 GW, was einem Investitionsaufwand von 1354 Milliarden Euro zu heutigen ökomischen Bedingungen entspricht. Selbst wenn man dann berücksichtigt, dass danach keine weiteren größeren Kosten entfallen ist dies enorm viel. Nimmt man an, das man dieses Kapital nicht verzinsen müsste und keine Wartungskosten anfallen würden (eine unrealistische Annahme), so würde eine erzeugte kWh 0.11 Euro kosten, wenn man die Solarzellen 20 Jahre lang betreibt und ihr Wirkungsgrad in dieser Zeit auf 80 % abnimmt. So gesehen sind Solarzellen nicht so ungünstig. In der Realität wird man das eingesetzte Kapital verzinsen müssen und natürlich fallen Wartungsarbeiten an. Kosten für die Speicherung von überschüssigem Strom werden auch noch entstehen. In der Praxis wird eine so erzeugte Kilowattstunde dann mehr kosten also heute. Als Lebensdauer werden heute mindestens 25-30 Jahre angegeben, so könnte über eine längere Frist dann vielleicht der Preis heutiges Niveau erreichen.
Der Flächenbedarf: Polykristallines Silizium hat einen Wirkungsgrad von 10-15 %. Die Sonneinstrahlung ist stark Jahreszeiten- und Wetterabhängig, aber nach Wikipedia ist der Durchschnittswert über das ganze Jahr (Tag und Nacht) bei 110 W/m². Man braucht dann also um 700 TWh Energie zu produzieren bei einem mittleren Wirkungsgrad von 12.5 % eine Fläche von 5812 km².Sas klingt zuerst nach viel. Doch alleine die benutzte Siedlungsfläche beträgt nach dem statistischen Bundesamt 24047 km². Dazu gehören natürlich auch Gärten. Die Verkehrsfläche liegt bei 17538 km². Würde man also nur jede dritte Straße mit Solarzellen abdecken, so könnte man alle Solarzellen unterbringen.
Auf den ersten Blick sieht das also gut aus. Die Fläche dafür haben wir, wir müssen anfangs enorm investieren, sparen dann aber später beim Strompreis. doch jetzt kommt das große Aber….
Die Sonneneinstrahlung ist extrem ungleichmäßig und kann zwischen 50 W/m² im Winter bei stark bewölktem Himmel und 1000 W/m² im Sommer schwanken. Für die Nacht müssen wir sowieso Strom speichern. Mit Akkus ist das nicht zu machen. Ein Akku speichert gerade mal je nach Typ 100-200 Wh/m², man bräuchte Unmengen davon. Die heute wohl sinnvollste Möglichkeit ist Wasserstoff zu erzeugen und später bei der "Verbrennung" dessen in einer Brennstoffzelle wieder Wasser zu erzeugen. Das macht man am besten Zentral, denn man braucht dann riesige Druckgastanks. Da im Winter selbst unter besten Bedingungen nur die Hälfte der Sonneneinstrahlung des Sommers bei uns ankommt, wird man wohl einen größeren Teil der erzeugten Energie speichern müssen, nämlich mindestens etwa ein Sechstel. Wir reden also von etwa 120 TWh die wir speichern müssen. Erzeugen wir daraus Wasserstoff sind dies 3021.000 t Wasserstoff, die bei 200 Bar Druck gelagert 170 Millionen m³ Volumen haben. Baut man 100 m große kugelförmige Gastanks, so braucht man etwa 325 Stück davon. Diesen Teil wird wohl immer noch ein Energiekonzern erledigen müssen, der natürlich daran auch verdienen möchte.
Die Schätzung war bislang konservativ, ohne Berücksichtigung des Leistungsverlustes von 20 % in 20 Jahren (Kompensation durch Energiesparen) und hohen Wirkungsgraden bei Elektrolyse und Verbrennung. Auch Lagerverluste wurden nicht berücksichtigt. In der Realität duften diese aber gegeben sein und wenn man wirklich Elektroautos bauen will oder Hybridantriebe so wird man eher noch mehr Energie benötigen.
Was gibt es an Alternativen? Für Gegenden mit konstantem Sonnenschein sind solarthermische Kraftwerke interessant: Spiegel bündeln die Sonnenenergie auf eine Turmspitze. Dort wird ein Arbeitsmedium hoch erhitzt. Dieses treibt dann eine konventionelle Turbine an mit den dort üblichen Wirkungsgraden die bei den hohen Temperaturen wesentlich höher als bei Solarzellen liegen. Eine Versuchsanlage in Jülich erzeugt 1.5 MW bei Investitionen von 21.7 Mill Euro, ist also erheblich teurer als Solarzellen (14.4 Euro/Watt gegenüber 3 Euro/Watt). In Spanien ist eine größere Anlage mit 11 MW bei dem dortigen Klima konkurrenzfähig (11 MW Leistung 40 Mill Euro Kosten). Denkbar ist jedoch dass man diese Anlagen noch im Preis stark senken kann, denn anders als Solarzellen sind Spiegel recht preiswert. Das Problem ist, dass anders als eine Solarzelle die auch bei bedecktem himmel noch eine gewisse Leistung abgibt diese nur bei richtigem Sonnenschein funktionieren.
Eventuell sind aber auch hier dezentrale Lösungen interessant: Solarteichkraftwerke haben zwar nur einen sehr geringen Wirkungsgrad (theoretisch maximal 15, praktisch weit darunter) und erfordern daher wie Sonnenzellen große Flächen, aber sie sind dezentral montierbar und sehr preiswert und wurden schon für Entwicklungsländer vorgeschlagen. Ein Vorteil dieser ist, dass man die erzeugte Wärme auch zum Heizen oder Warmwasseraufbereitung nutzen kann.
Die idealste Lösung, aber leider wegen der Leitungsverluste nicht machbar wäre es die Hälfte der installierten Leistung in der australischen und chilenischen Wüste zu stationieren. Warum? Nun weil sich die Erde dreht ist dort gerade Tag wenn bei uns Nacht ist Chile ist 6 Stunden von uns weg und kann so den Spätabend abdecken, Australien ist 8 Stunden früher dran und kann die Nacht und den Vormittag abdecken. Da beide Gegenden auf der Südhalbkugel liegen ist dort auch die maximale Sonneneinstrahlung wenn bei uns Winter ist.
Man sieht also: es wird schwierig werden, teuer und wahrscheinlich wird es unsere bisherige Art wie wir Strom erzeugen und verbrauchen revolutionieren. Aber: es ist nicht unmöglich.
Sehr guter Artikel.
Wäre vielleicht interessant ihn im Rahmen einer Neuveröffentlichung auf den aktuellen Stand zu bringen, da sich hier inzwischen über die damaligen Prognosen hinaus die Entwicklung verändert hat.
Die kristallinen Modulkosten liegen inzwischen weit weg von den 3€/Wh, nämlich nur noch zwischen 0,57 und 0,7 Euro/Wh Leistung. Die aktuellen Marktdaten findet man hier:
http://www.solarserver.de/service-tools/photovoltaik-preisindex.html
Dazu kommen noch die Installations- und Nebenkosten die (Quelle leider nicht gefunden) in Deutschland bei max. 1 Euro /Wh liegen. Macht also konservativ etwa 1,7€ /Wh.
Hier noch eine gute Tabelle die allerdings nur bis Q1/2012 geht: http://www.solaranlage.de/preise-kosten/photovoltaik-kosten
Das liegt bereits jetzt bei guter Lage deutlich unter der Netzparität, vorausgesetzt der erzeugte Strom kann auch direkt verbraucht werden (d.h. keine Speicherkosten).
Auch beim Wirkungsgrad hat sich einiges getan.
Die Firma Sunpower erreicht in Serienproduktion bereits 21,5% (http://www.scm-solar.de/2013/04/06/weltrekord-von-sunpower/), demnächst soll deren nächste Generation an die 24% heranreichen.
Dann gibt es die Stapel-Solarzellen mit bereits bis zu 38%, die dann mittels Konzentrator-Photovoltaik auch im normalen Markt in naher Zukunft sehr konkurrenzfähig werden könnten.
Und revolutionär könnte die künftige Generation der per Drucker hergestellten organischen Solarzellen sein, die dann in Massenproduktion deutlich günstiger sein dürften als die herkömmlichen kristallinen Zellen.
@Alexander, leider vermischt Du (wie so oft zu lesen) Einiges; die Solarzellen mit >20% sind leider nicht die, die man zu Modulpreisen zu60 cent die Wattstunde kaufen kann – wenn überhaupt.
Konzentratorzellen sind eine interessante Technologie, leider in unseren Breiten mit dem vielen diffusen Licht nicht brauchbar, und mit dem hohen nötigen Aufwand (Kühlung, Nachführung) für Kleinanlagen nicht wirklich die passende Lösung.
Der Preis für die Module wird in €/Wp (Wp steht für Spitzenleistung) angegeben. Wh ist dagegen gelieferte elektrische Energie und ergibt sich aus der aktuellen Leistung multipliziert mit der Betriebszeit. Deshalb kommen die Erzeuger auch mit 0,xx €/kWh schon auf Gewinne.