Bernd Leitenbergers Blog

120 g Kohlendioxid

Soviel soll ein neuer Wagen ab 2012 nach einer EU Verordnung maximal ausstoßen. Die Maßgabe ist typisch EU: Korrekt auf ein Ziel ausgerichtet, nämlich der Reduktion des Kohlendioxidausstoßes und dabei ohne jeden Praxisbezug. Denn was der Verbraucher kennt, ist sein Verbrauch, entweder pro 100 km oder wahrscheinlich eher seinen Verbrauch pro 10000 km, einer typischen Strecke die man so im Jahr fährt, und bei der sich dann auch Stopps und Staus ausmitteln.

Ich möchte mal wieder auf meine ursprüngliche Intension für den Blog zurückkommen und Wissen in kleinen Häppchen vermitteln. Diesmal: Wie komme ich von meinem Benzinverbauch auf die Kohlendioxidmenge.

Nun zuerst muss man einige chemische Grundlagen kennen. Das erste ist: Woraus bestehen Benzin und Diesel und wie hängt das mit dem Kohlendioxid zusammen?

Benzin und Diesel bestehen aus Kohlenwasserstoffen, also Verbindungen von Kohlenstoff und Wasserstoff. In kleinen Mengen findet man auch andere Elemente dort wie Stockstoff (in Aminen), Schwefel (in Sulfiden) oder Sauerstoff (in Ethern, Furanen etc). Doch mengenmäßig kann man diese ignorieren, zumal Emissionsschutzverordnungen schon dafür gesorgt haben, dass ihr Anteil sehr gering ist.

Doch beides sind Gemische von Kohlenwasserstoffen. Benzin von kurzkettigen, vorwiegend nichtzyklischen Kohlenwasserstoffen mit einem sehr geringen Siedepunkt und Diesel von langkettigen Kohlenwasserstoffen mit höherem Anteil an cyclischen Kohlenwasserstoffen und cylischen Kohlenwasserstoffen mit mehreren Doppelbindungen, den sogenannten Aromaten. (Ein Sorry an meine Chemikerkollegen für diese extreme Vereinfachung, aber die genaue Zusammensetzung ist bei einem Summenwert auch nicht so wichtig).

Da es Gemische sind, kann man keine genaue Zusammensetzung angeben, aber eine grobe Zusammensetzung. Jedes Kohlenstoffatom kann 4 Bindungen eingehen. Bildet man eine Kette, so braucht man 2 um jeweils sich mit dem Nachbarkohlenstoffatom zu verbinden. Die anderen beiden verbinden sich mit Wasserstoffatomen, so dass man eine Summenformel CnH2n erhält. Wenn nun das Molekül keinen Ring bildet, so ist an den beiden Enden jeweils noch eine Bindung frei und diese linearen Alkane haben die Summenformel CnH2n+2. Aus ihnen besteht Benzin zum größten Teil. Andererseits kann es im Molekül auch Doppelbindungen geben (dann fehlen 2 H Atome pro Molekül und man erhält die Formel CnH2n und aromatische Verbindungen haben sogar eine Doppelbindung auf 2 C-Atome Ihre Summenformel beträgt nur CnHn.

Als grobe Abschätzung erhält für Benzin und Diesel die Zusammensetzung CnH2n (Alkane mit einem kleineren Anteil an cyclischen Molekülen, Aromaten und Alkenen also Kohlenwasserstoffen mit  einer oder mehreren Doppelbindungen).

Nun verbrennt der Treibstoff in beiden Fällen nach folgender Summenformel:

Cx+Hy + O2 -> x CO2 + y/2 H2O

Uns interessiert hier nur der Kohlendioxidanteil. Das bedeutet man muss nun noch einige Zahlen kennen. Nämlich:

Die Dichte des Treibstoffs: Diesel hat eine mittlere Dichte von 0.83 kg/l und Benzin eine von 0.75 g/l. Eine bestimmte Anzahl von Kohlenstoffatomen wiegt 12 g, dieselbe Anzahl an Wasserstoff 1 g und von Sauerstoff 16 g. (Wie viele es sind, ist egal, da wir ja nur mit relativen Verhältnissen rechnen. Für die Experten: Es ist ein Mol = 6.023 x 1023 Atome).

Berechnen wir zuerst mal die Menge an Kohlenstoff pro l:

nach der Formel:

Kohlenstoff [g] = Gewicht eines Liters / Atommasse durchschnittliche Zusammensetzung * Atommasse Kohlenstoff

Man erhält:

Diesel schneidet schlechter ab weil durch den höheren Anteil an zyklischen Verbindungen eine höhere Dichte besitzt. (Umgekehrt resultiert natürlich daraus auch der geringere Verbrauch pro 100 km).

Nun ist es relativ einfach den Kohlendioxidverbrauch pro l zu erhalten: Es passiert folgendes:

C + O2 → CO2

oder in Atommassen:

12 + 2*12 = 44

Aus 12 g Kohlenstoff entstehen so 44 g Kohlendioxid. Man muss die Kohlenstoffmenge also mit 44/12 multiplizieren und erhält:

Da wir nur eine durchschnittliche Zusammensetzung angenommen haben, weichen die Angaben natürlich von den gemessenen Werten ab (die jedoch auch bedingt durch die wechselnde Zusammensetzung und Dichte schwankend). Sie sind jedoch recht gut.

Der Rest ist einfach, man muss von dem Verbrauch pro 100 km, den man kennt, auf 1 km umrechnen. Dies geht in einem einfachen Dreisatz:

Verbrauch Kohlendioxid [g/km] = Verbrauch/100 km [l] * Kohlendioxid/l [g/l] / 100 km

(Die Einheiten habe ich dazugeschrieben, weil man an den Einheiten leicht kontrollieren kann, ob die Formel korrekt ist).

Also (mit den Wikipedia Angaben nun weitergerechnet). Ihr Auto verbraucht 5 l Diesel oder 6 l Benzin/100 km so sind dies:

Den Verbrauch für die Grenze von 120 g/km erhält man so

Verbrauch [l/100 km] = 120 g Kohlendioxid [g]  / Kohlendioxid [g/l] * 100[ km]

man erhält:

Nun wird auch klar, warum als einziger deutscher Automobilhersteller Smart unter den 120 g/l liegt. Natürlich gibt es auch von VW, BMW und Daimler sparsamere Autos, aber der Durchschnittswert liegt eben höher, weil eben Mitteklasse und Oberklassewagen mehr wiegen.

Die Frage ist: Warum jammern jetzt alle wieder und fordern Unterstützung von der Politik? Meiner Meinung nach ist das der komplett falsche Weg. Klar ist, dass der Klimawandel kommt, klar ist dass man die Emissionen reduzieren muss und dies auch nicht an dem Auto vorbei gehen kann. Wie schon bei den Umweltbestimmungen mauern unsere Automobilhersteller und überließen es andere Nationen die wichtigen Innovationen wie den Dieselrußfilter zu machen. In jedem Markt hat auf Dauer nur der Erfolg, der innovativ ist. Dazu gehört nicht nur Sicherheitssysteme wie ABS, ESP oder Entertainment im Auto, sondern auch sparsame Motoren, ein geringes Fahrzeuggewicht und ein sparsamer Umgang mit der elektrischen Energie (Klimaanlage und die verschiedenen elektrischen Systeme benötigen immer mehr Energie, die schließlich nicht der Antriebsleistung zur Verfügung steht). Wir sehen dies bei der Umwelttechnik: Die gesetzlichen Vorgaben, die es ermöglichten Strom zu subventionierten Preisen ins Netz einzuspeisen, haben Deutschland zu dem größten Hersteller von Solarzellen gemacht. Dabei sind deren Kosten gesunken und ich denke, die Industrie wird überleben können auch wenn dieses Gesetz einmal ausläuft. Nur sollte man nun nicht immer nach der Politik rufen – vor allem nicht wenn man seit 100 Jahren Automobile produziert und damit so fette Gewinne macht, dass man es sich leisten kann mehrmals andere Unternehmen aufzukaufen und dann nach einigen Jahren mit Verlust wieder zu verkaufen wie dies Daimler mehrfach seit den 80 er Jahren tat.

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