Ich habe mir überlegt ob ich aus gegebenem Anlass etwas über die Leute zu schrieben, die ich vorgestern im Gottesdienst kenne lernte und die ich sonst das ganze Jahr über nicht in der Kirche sehe. Das alleine wäre nichts worüber man sich aufregen sollte. Doch wenn ich schon einmal im Jahr einen Gottesdienst besuche, dann sollte man sich auch beteilligen und mitsingen oder zumindest das Gebet mitsprechen. Wenn man kein Interesse an allem hat, warum geht man dann hin?
Aber lassen wir das, ich habe mir vorgenommen heute mal wieder etwas Wissen zu vermitteln und zwar über die Berechnung von Gesichtsfeldern und Auflösungsvermögen von optischen Instrumenten. Fangen wir an mit den Einheiten. Da man die dreidimensionale Welt auf eine zweidimensionale Abbildung reduziert, sind bei den Berechnungen zweidimensionale Einheiten üblich und nicht dreidimensionale wie der Steriant oder das Quadratbogengrad. Stattdessen sind zwei andere Einheiten üblich, zwei weil es zwei Gebiete gibt, die miteinander verbunden sind: Die Astronomie und die Optik.
Zuerst einmal: Reduziert man die dreidimensionale Welt auf 2 Dimensionen so wird aus der Kugel um uns herum ein Kreis. In der Astronomie unterteilt man nun diesen Kreis in 360 Grad und jedes Grad in 60 Bogenminuten und jede Bogenminute in 60 Bogensekunden. Einige Hilfestellungen: Der Mond und die Sonne sind etwa 33 Bogenminuten oder ein halbes Grad groß und der Planet Jupiter 48 Bogensekunden.
Einheitskreis in Bogenmaß : 360 Grad x 60 Bogenminuten (‚) x 60 Bogensekunden (")
Der einfache und doppelte Strich sind das Symbol für Bogenminuten und Bogensekunden. Das Symbol für Grad ist das bekannte °. Das Auge kann unter idealen Bedingungen noch Details von 60 Bogensekunden oder einer Bogenminute wahrnehmen.
Im Instrumentenbau verwendet man dagegen den Radiant zur Einteilung. Ein Radiant ist ein Kreisstück der Länge 1 bei einem Radius von 1. Da der ganze Kreis 2 π Umfang hat, ist dies 1/ 6.28 des Einheitskreises oder 57.29 Grad im Bogenmaß. Bruchteile dessen sind dann Millrad (1/1000 Rad) oder Mikrorad. (Ein Milionstel Rad). Eine Bogensekunde ist z.B. 5 Mikrorad groß.
Die Definition des Radiant leitet uns über zum Kapitel Vergrößerungen. Der Radiant entspricht bei einer planetaren Abbildung der Tatsache, dass ein Objekt von Größe 1 in einer Entfernung von 1 gesehen wird. Das ist die Definition der Normalbrennweite. Dies sind also 57.3 Grad. Bei Detektoren nimmt man oftmals die Diagonale. Beim Kleinbildfilm von 35 x 24 mm Größe ist die Diagonale 42.4 mm groß. Ein Objektiv mit einer Brennweite von 42.4 mm hat also Normalbrennweite. Eines mit einer kleineren Brennweite ist ein Weitwinkelobjektiv und eines mit einer kleineren Brennweite ein Teleobjektiv.
Die Abbildung ist leicht zu berechnen, wenn man Abmessungen oder diagonale des Detektors kennt (D) und die Brennweite (f) der Optik, dann gilt in Radiant:
Abbildung (A) = Brennweite f / Detektorgröße D
Bei 20 mm Detektor Größe und 2000 mm Brennweite ist die Abbildung dann 0.01 Rad groß oder 0.573 Grad. Nun ja nicht ganz: Der genaue Term ist
A = 2 * atan ( D / 2 F)
Da die meisten Kameras die man aber einsetzt (mit wenigen Ausnahmen) vergrößernde Kameras sind, also Teleobjektive oder Teleskope, kann man die Bildfeldkrümmung vernachlässigen und den oberen Term benutzen. Für die Normalbrennweite erhält man beim vereinfachten Term 57.3 Grad und bei genauer Berechnung 53.13 Grad. Bei 30 Grad vereinfachter Rechnung ist der Unterschied schon viel kleiner und macht nur noch 0.7 Grad aus. (29.33 Grad).
Die gleichen Beziehungen gelten auch für einzelne Detektorelemente, womit man das Auflösungsvermögen bestimmt. Doch dieses ist nicht nur von der Brennweite abhängig, sondern auch von der Größe der Optik. Im Allgemeinen gilt:
Auflösungsvermögen = Wellenlänge / Optikdurchmesser
Das ist das maximal erreichbare Auflösungsvermögen. Man kann zwar die Brennweite der Optik so verlängern, das ein Detektorelement kleiner als das erreichbare Auflösungsvermögen ist, aber dann verschmiert man nur die Abbildung und erhält nur ein unscharfes Bild. Diese Formel ist allgemein und für alle Wellenlängen anwendbar, daraus ergibt sich z.B. sofort, dass ein Teleskop welches Infrarotwellen bündelt, eine geringere Auflösung hat, als eines im optischen Bereich und man im UV eine größere Auflösung hat (weshalb man bei der Belichtung der Masken bei Halbleiterelementen auch zu immer kleineren Wellenlängen übergeht).
Wenn man es auf den Spezialfall sichtbares Licht reduziert, so gibt es folgende Faustregel :
Auflösung in Bogensekunden (bzw. 5 Mikrorad) = 122 / Optikdurchmesser in mm.
(Das entspricht einer Wellenlänge von 595 nm. Diese Faustformel gilt (das wird aber gerne vergessen) nur wenn im Strahlengang kein Fremdkörper ist, also für Linsenfernrohre oder Objektive. Wenn sich dort ein Fangspiegel befindet, so bewirkt er eine Störung, die abhängig ist vom Durchmesser des Fangspiegels. Empirische (d.h. aus Erfahrung) stammende Relationen sind:
Auflösung in Bogensekunden (bzw. 5 Mikrorad) = 153 / Optikdurchmesser in mm. bei Fangspiegeldurchmesser < 25 % des Optikdurchmessers
Auflösung in Bogensekunden (bzw. 5 Mikrorad) = 178 / Optikdurchmesser in mm. bei Fangspiegeldurchmesser 25- 40 % des Optikdurchmessers
Größere Fangspiegel als 40 % und kleinere als 20 % sind recht selten. 25 % ist ein typischer Wert für Newton oder Cassegrain Teleskope, 35-40 % werden von Schmidt oder Maksuov Teleskopen erreicht. Der Umrechnungsfaktor von RAD in Bogensekunden ist gegeben durch die Definition der Normalbrenweite. Es gilt:
1 Bogensekunde = 1/57.3 / 60 / 60 = 1 / 206280 Rad.
Und 1 Rad ist 1 m Objektgröße in 1 m Entfernung. Wie groß ist nun das Auflösungsvermögen bei gegebenem Abstand? Nun für Teleobjektive und Teleskope gilt folgender einfache Zusammenhang, den man aus dem Strahlensatz ableiten kann:
Größe Objekt / Entfernung = Größe Detektor / Brennweite
Hat man 3 Dinge gegeben (in der Regel Entfernung, Brennweite und Detektorgröße) so kann man nach dem fehlenden Parameter umformen:
Größe Objekt= Größe Detektor / Brennweite * Entfernung
Damit kann man praktisch alles berechnen. Nehmen wir die Kamera HiRISE an Bord von MRO. Von dieser kennt man folgende Daten:
Optikdurchmesser: 50 cm
Brennweite: 1200 cm
Typ: Cassegrain Teleskop
Detektoren: 2048 x 128 Pixel, 24 x 1.5 mm groß
Angaben der NASA über die Leistung des Teleskops:
Auflösung aus 300 km Entfernung: 30 cm
Nun wie hoch ist die theoretische Auflösung? Verwendet man die Formel für Cassegrain Teleskope so erhält man:
Auflösung = 153 / 500 = 0.306 "
Welche Auflösung wird praktisch erreicht?
Auflösung = 0.3 m / 300.000 m = 1 Mikrorad
Auflösung = (1/ 206280) * 1 Mikrorad = 0.206 Bogensekunden.
Offensichtlich hat die NASA sich also eher an einem Refraktor orientiert und die Pixel kleiner gemacht als das theoretische Auflösungsvermögen. (Man findet aber auch 35-40 cm aus 270 km Höhe, was dem berechneten Wert näher kommt, das hängt davon ab ob man die MRO oder HiRise Webseite besucht).
Ein anderes Beispiel: Die LORRI Kamera von New Horizons:
Optikdurchmesser: 208 mm
Brennweite: 2630 mm
Detektor: 1024 x 1024 Pixel
Blickfeld: 0.29 Grad
Auflösung 4.94 µrad
Auch hier kann man die theoretische Auflösung errechnen und erhält:
Auflösung = 153 / 208 = 0.736 "
Auflösung = (0.736/ 206280) = 3.56 µrad
Hier ist also die praktisch erreichte Auflösung kleiner als die theoretisch möglich (das ist auch der Normalfall, die HiRise Kamera ist hier eine echte Ausnahme). Man kann nun die Chipgröße berechnen und zwar gleich auf zweierlei Weise:
Blickfeld Detektor / 57.3 Grad = Größe Detektor / Brennweite
umgeformt zu:
Größe Detektor = Blickfeld Detektor / 57.3 Grad * Brennweite
wird:
Größe Detektor = 0.29 Grad / 57.3 * 2630 mm = 13.3 mm
oder über:
Detektorelemente * Auflösung Element (rad) * Brennweite = Detektorgröße
1024 * 4.94e-6 * 2630 = 13.30 mm
Es handelt sich um einen CCD von E2V, Modell 47-20. Beim Hersteller findet man eine Pixelgröße von 13 m für diesen Sensor, bei 1024 Elementen sind dies exakt 13.31 mm – die Rechnung liefert also das erwartete Resultat.
Als eine der Erkenntnisse gilt z.B.: Je kleiner ein Detektorelement ist, um so kurzbrennweitiger kann ein Instrument bei einer gegebenen Optik sein. Das nutzt man z.B. bei Digitalkameras aus. Ein Pixel hat dort nur noch etwa 1.2-1.7 Mikrometer Größe. Eine Optik die beugungsbegrenzt ist muss dann nur noch die 2-3 fachen Optikdurchmesser als Brennweite haben. Zusammen mit den kleinen Chipdurchmessern (typisch sind 6.5 x 4.5 mm) braucht man dann selbst für große Vergrößerungen nur kleine Linsen und hat kurze Objektive.
Kennt man die Pixelgröße eines Sensors, so kann man über den Zusammenhang
206280 / fak * Pixelgröße die Blende für ein System errechnen, bei dem der Chip beugungsbegrenzt abrietet, d.h. ein Sensorelement genau die theoretische Auflösung wiedergibt.
der Faktor beträgt (wenn man die Pixelgröße in m angibt) 0.133 für Linsenfernrohre bzw. 0.153 und 0.178 für Spiegelfernrohre, entsprechend den Fangspiegeln (es sind natürlich die obigen Faktoren nur eben in m angegeben). Für einen CCD von 13 µm Größe errechnet man z.B. eine Blende von 22, die LORRI Kamera hat nur eine von 12.8 (die Blende ist definiert als):
Blende = Brennweite Optik / Durchmesser Optik
Allerdings hat das auch einen Preis: So kurzbrennweitige Objektive haben hohe Bechungsindexes und erzeugen so leicht Farbfehler, da die Wellenlängen unterschiedlich gebrochen werden. Zudem müssen sie sehr genau gefertigt werden um bei den kleinen Detektorelementen noch scharfe Abbildungen zu erzeugen. Vor allem aber sind die kleinen Pixels auch sehr lichtschwach. In der Astronomie und Raumfahrt ist seit 10 Jahren die Größe eines Pixels konstant geblieben. sie liegt bei etwa 5-12 Mikrometern Breite, also 3-10 mal größer als ein Pixel in einer modernen Digitalkamera. Stattdessen fertigt man größere Chips oder Scanzeilen wie bei der HiRise Kamera und größere Flächen zu erfassen.