Bernd Leitenbergers Blog

Besserwissen und besser machen

Ich lese gerade wieder mal ein Buch über die Geschichte der Raumfahrt. Das auch die Ursprünge des Raketenbaus behandelt. Wie vielleicht der eine oder andere Blogleser weiß war die A-4 (oder V-2) die erste moderne Rakete und dem was in die USA oder UdSSR zu dieser Zeit fertig gebracht hatten.

Aber die A-4 war auch das Kind Wernher von Brauns und des Krieges. Das hatte zwei entscheidende Konsequenzen: Das eine war von Brauns Hang zu konventionellen, robusten Lösungen. Die A-4 hatte zum Beispiel eine tragende Hülle mit eingebetteten Ranks aus Edelstahl. Die Brennkammer verwandte 18 Einspritzköpfe, weil ein einziger großer Probleme bei der Entwicklung machte und erst vor Kriegsende fertiggestellt wurde.

Sie war auch ein Kind des Krieges was Folgen bei der Auslegung hatte. Der größte Teil der Konstruktion bestand aus Stahl, anstatt aus Aluminium, weil dieses unter Kriegsbedingungen einfacher herzustellen war. Der Treibstoff war 75 % Alkohol anstatt Kerosin. Wo es mehrere Lösungen für ein Problem gab strebte man zuerst die schneller erreichbare. So verwendeten die Triebwerke Strahlruder zur Lenkung, anstatt das man das Triebwerk schwenkte, was 17 % mehr Schub ergeben hätte. Man erprobte zuerst die Lenkung per Funkstrahl bevor man auf die zuverlässigere, aber länger in der Entwicklung brauchende Inertialsteuerung überging.

Das Resultat bei allen die, die A-4 sahen war die gleiche: Zuerst ein Erstaunen, dass andere diese Rakete bauen konnten, die doch meilenweit von dem entfernt war, was man selbst konnte. Dann aber gleich folgend: Eine Liste was man besser machen könnte wie selbstragende leichte Tanks, andere Treibstoffe, einen Gasgeneratorzyklus und schwenkbare Treibwerke.

Das ist irgendwie menschlich: Man sieht zuerst mal die Fehler bei anderen Dingen und Designs, seltener die Qualitäten. Das Buch enthüllt dann auch wie es auf beiden Seiten des Atlantiks weiter ging: Beide Nationen hatten erst mal Probleme überhaupt eine Rakete vergleichbar zur A-4 zu entwickeln. Der Weg zu noch leistungsfähigeren Raketen war gepflastert mit Rückschlägen und vielen Entwicklungsmustern. Es dauerte etwa 10 Jahre bis USA und UdSSR die V-2 Technologie deutlich übertrafen und wer sich Startlisten aus den ersten Jahren der Weltraumfahrt anschaut sieht wie viele Starts damals misslangen – 10,15 Jahre nach der A-4.

Das macht den angekündigten Start eines iranischen Satelliten so besonders. Technisch gesehen ist es heute nicht so schwierig einen kleinen Satelliten (20 kg soll er wiegen) zu starten. Der Iran verfügt über Mittelstreckenraketen die von Lorea stammen. Dazu braucht er dann noch eine oder zwei Oberstufen und eine Lenkung.

Wenn einen die Startmasse nicht kümmert kann man das sogar machen indem man einige Boden-Luft Raketen aneinander flanscht und nacheinander zündet, man muss dann nur die Lenkung so programmieren, dass die erste zuerst senkrecht startet und dann langsam in die Horizontale schwenkt. Die anderen beschleunigen dann noch geradlinig. (Man sollte nicht vergessen: Die ersten Raketen hatten keinen Computer, sie flogen ein einfaches vorgegebenes Profil).

Die Schwierigkeit besteht darin, dass selbst die einfacheren Dinge schwierig sein können, wenn man sie nicht kann. Das Starten eines eigenen Satelliten ist daher auch ein großer Schritt für en Iran, wenn auch nur ein kleiner für die Raumfahrt. Er wäre noch größer wenn die Raketen die benutzt werden vom Iran selbst stammen würden. Das ist auch die Crux in der Welt in der wir leben, die sich nicht so viel von der vor 100 Jahren unterscheidet. Damals hatten westliche Mächte Afrika und Asien unter such aufgeteilt, weil sie mit Gewehren, Kanonen und Kriegsschiffen technologisch den kolonisierten Nationen überlegen waren. Heute scheint dies nicht so zu sein. Computer, Internet gibt es auf der ganzen Welt, Waffen modernster Art können sich Ölstaaten auf dem freien Markt kaufen. Doch welcher Staat produziert diese? Was ist das modernste technologische Produkt welches Iran und andere Staaten selbst entwickelt haben? Der Iran soll wie Korea an Atomwaffen arbeiten. Ich möchte nicht den geneigten Leser enttäuschen: Aber eine Atombombe zu produzieren ist wirklich nicht so schwer. Es ist nur saumäßig teuer, wenn man dies über Gaszentrifugen macht anstatt über einen Kenreaktor der Plutonium erbrütet. In einem 1000 Euro Notebook steckt mehr moderne Technik als man für eine Atombombe braucht. Nach wie vor gibt es ein enormes Gefälle zwischen erster Welt und dritter Welt. Selbst wenn nun einige Staaten durch Bodenschätze reich geworden sind, so haben sie noch nicht den Stand erreicht mit dem sie auf dem Weltmarkt konkurrieren können. einige bemühen sich nun eine solche Industrie aufzubauen – für die Zeit nach dem Öl. Kriege wie der Irakkrieg zeigen aber auch dass in dieser technologischen Lücke eine Gefahr liegt, denn natürlich kann man von den USA nicht die neuesten Spielzeuge wie Tarnkappenbomber, GPS gelenkte Bomben und ferngesteuerte Kampfdrohnen kaufen. Es verführt dazu einen Krieg zu beginnen, bei dem die vorrausichtlichen eigenen Verluste gering sind. Den Fehler begingen die Sowjets 1978 in Afghanistan und die USA 2003 im Irak. Mal sehen ob sie was draus gelernt haben.

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