Um an den letzten Eintrag mal anzuknöpfen, eine rein mathematische Betrachtung der Bundestagswahlen seit der Entstehung der BRD.
1949 gab es noch 12 Partien und Unabhängige im deutschen Bundestag, darunter Parteien die heute vergessen sind wie die Bayernpartei oder deutsche Partei. Dabei ist übrigens die CSU als eigene Partei gezählt. Schon 1953 waren es nur noch 7 und 1857 nur noch 5. 1961 war dann ein Stand erreicht, der für 20 Jahre Bestand haben sollte: Es gab CDU, CSU, SPD und FDP. Da es sehr schwierig ist für eine der beiden großen Partien mehr als 50 % der Stimmen zu erhalten (Kohl schaffte es 1980 fast) war seitdem die FDP immer in der Regierung bis 1998 mit wechselnden Koalitionspartnern, was ich insbesondere nach dem 180 Grad Wechsel 1982 die Bezeichnung "Wendehals" Partei einbrachte (Der Wendehals war der Vogel des Jahres 1982).
Mit dem Einzug der Grünen 1983 änderte sich zum ersten mal seit über 20 Jahren etwas. Die Reaktion der etablierten Parteien erinnert verblüffend an das was man heute hört, wenn von der Linken die Rede ist. Sie wurden als Haufen von Alt-Nazis, Kommunisten, Idealisten und Spinnern beschimpft. Es dauerte einige Jahre bis man erkannte, dass sie keine kurzzeitige Erscheinung waren und sich dadurch die Parteienlandschaft nachhaltig verändert hat: Es ist heute für die beiden großen Partien unmöglich die absolute Mehrheit zu bekommen. Selbst Ergebnisse von 40+ % die in den 70 er Jahren normal waren sind heute ein Spitzenergebnis. Vor allem aber ist nun die FDP nicht mehr Zünglein an der Waage. Zumindest die SPD hat nun mit den Grünen einen weiteren potentiellen Koalitionspartner. 1985 gab es die erste rot-grüne Koalition in Hessen und seitdem sind die Grünen nicht nur in den Ländern mit an der Regierung beteiligt.
Die Wende und die Integration der DDR brachte die PDS mit in den Bundestag. Als ehemalige SED waren sie nun die neuen Paria im Bundestag. Es sah es in den ersten Jahren so aus, als würde mit zunehmender zeitlicher Distanz von der Wende ihr Wählerpotential immer geringer. 2002 schafften sie es weder über die 5 Prozenthürde, noch bekamen sie die nötigen 4 Direktmandate für eine Fraktion zusammen. So zogen nur 3 direkt gewählte Abgeordnete ein. 2005 kam dann der Zusammenschluss mit dem westdeutschen Wahlbündnis Arbeit & soziale Gerechtigkeit – Die Wahlalternative zu einer gemeinsamen Liste und damit vor allem im Westen zu mehr Stimmen.
Die folge ist dass wir nun 5 Parteien im Bundestag haben. 2 Große und 3 kleine mit jeweils so 8 % Stimmen mit kleinen Ausschlägen nach Oben und unten. Zwei der kleinen Partien sind links orientiert. Die FDP wohl in der Mitte. Man kann leicht durch Nachdenken ermitteln, dass hier die klassische Koalition eine große und eine kleine Partei schwierig ist. Es klappt nur wenn beide Parteien erfolgreich sind. Die Wahrscheinlichkeit, dass man entweder noch eine zweite kleine Partei zum Regieren braucht oder nur eine große Koalition möglich ist relativ hoch.
Ich halte daher Überlegungen der SPD ob man mit den Linken koalieren kann nicht für einen Tabubruch, sondern politisches Zweckdenken. Das gilt genauso für die CDU wenn sie an eine Koalition mit den Grünen denkt, denn noch nie wahr die CDU so "grün" wie heute – man denke nur an Merkels Initiative hinsichtlich Klimaschutz. Das Austrocknen des Wählerresoirvoirs für die Linken dürfte schwer sein. Das Stammklientel der ehemaligen PDS dürfte mit fortschreitender Zeit geringer werden, doch es bildet heute schon die Minderheit und viele wählen diese aus Protest. Ich glaube das uns die Linken noch lange erhalten bleiben werden, weil viele mit der Sozialpolitik unzufrieden sind. Für mich, der ich von 100 Euro Lohnerhöhung noch 35 Euro netto herausbekomme und der Nachrichten, dass selbst lebenslanges einzahlen in die Rentenversicherung gerade mal eine Grundsicherung bedeutet sind Forderungen nach einem Grundgehalt von 1000 Euro unvorstellbar – wie soll man dies finanzieren? Doch gibt es genügend die heute schon von Harz IV leben und die notwendige Reduktion dieser Ausgaben vom Staat als Einschnitt empfinden. Solange man die Ursachen, nämlich dass viele Marschen heute vom staatlicher Hilfe leben und sich der Staat dies eben nicht leisten kann nicht beseitigen kann, wird es die Linke geben als Sprachrohr dieser Leute.
Das ist ein Problem, das über Koalitionen herausgeht und das sich nicht in einer Legislaturperiode löst. Die Frage ist: Kann man heute mit den Linken koalieren? Auf Bundesebene wohl sicher nicht. Das Wahlprogramm auf Bundesebene liest sich wie eine Wunschliste für den Weihnachtsmann. Im Osten gibt es seit langem Koalitionen mit der PDS. Ich denke die Fragen wird man auf Landesebene klären müssen, dann spielen Personen eine wichtige Rolle. Ich halte z.B. die hessische CDU mit Kochs Demagogie für genauso radikal wie die linken und eine große Koalition mit Koch kann ich mir beim besten willen nicht vorstellen.