Sterilisation und Raumfahrt
Wie ich einem Blog Kommentar gestern entnehme, hat man das Helium bei Phoenix abgelassen, so dass die Triebwerke nicht mehr startbar sind, und damit auch die Möglichkeit die Position zu wechseln. Man will so die Kontamination des Marsbodens verhindern. Das führt mich zu einem Thema, das recht stiefmütterlich behandelt wird. Das Thema Kontamination in der Raumfahrt, verstanden als die Gefahr, dass irdische Organismen in fremde Welten geraten können.
Das Thema kam erstmals Ende der 50 er Jahre auf. Schon im Januar 1958, also kurz nach den ersten Satellitenstarts verbreitete Professor Joshua Lederberg, Vorsitzender des Department of Medical Genetics an der University of Wisconsin ein Memorandum, das die Sterilisation aller Körper forderte die die Erde verlassen könnten. Dieses schlug Wellen. Die Nationale Akademie der Wissenschaften der USA griff dies auf und gab der NASA den Ratschlag dies durchzuführen. Die NASA folgte dieser Empfehlung und legte fest, dass von nun an alle Raumfahrzeuge die den Planeten verlassen zu sterilisieren seien.
Doch wie sterilisiert man eine Raumsonde und was ist nötig und was nicht? Beim Projekt Ranger zahlte man hier teures Lehrgeld. Ranger war die erste Raumsonde der USA. Da sich Bakterien im Inneren in Isolationsmaterialen usw. aufhalten konnten reichte es nicht aus, die Raumsonde in Ethylenoxid Gas zu baden und diese Atmosphäre bis zum Start aufrecht zu halten. Das reduzierte zwar die Anzahl von Organismen an der Oberfläche, doch das Gas kam nicht in alle Zwischenräume. Man entschloss sich, alle Bauteile vor dem Zusammenbau bei 125 °C über 24 Stunden trocken zu erhitzen, und dann steril zu versenden und zusammenzubauen.
Auch wenn die Elektronik damals robuster war: Es gibt Meinungen, die diese Prozedur mitverantwortlich machen, das von den 9 Ranger Sonden die ersten 6 Totalversager waren, davon 4 durch verschiedene elektronische Probleme. Bei den Block III Geräten, den letzten der Serie, ließ man die Sterilisation weg und von diesen vier waren denn auch drei erfolgreich. Ranger ist ein sehr gutes Beispiel, wie öffentlicher Druck die NASA zu recht unnützen Dingen bewegen kann. Denn schon damals war klar, dass der Mond biologisch tot war: Es gab keine Atmosphäre, kein Wasser und extreme Temperaturunterschiede von bis zu 200 °C in einem Monat. Die Sterilisation einer Mondsonde machte keinen Sinn und versursachte nur Probleme.
Die NASA lernte daraus und entwarf Kategorien, in die Raumsonden einsortiert werden. Eine Raumsonde die zum Mars geht (und bei diesem kann man Leben nicht vollständig ausschließen), wird sterilisiert, andere Raumsonden zu Venus und Jupiter nicht weil man auf diesen Planeten kein Leben vermutet. Ein Marsorbiter muss nicht sterilisiert werden, aber man muss zu seinem Betriebsende die Bahn so verändern, dass er in einigen Jahrzehnten nicht auf die Oberfläche einschlägt. Das erlaubt es ihn vielleicht später zu bergen, gibt aber zumindest Zeit der Weltraumstrahlung, die Keime abzutöten.
Das ganze treibt dann auch komische Blüten. Es gibt ja Leute, sie sehen überall die Möglichkeit für Leben. Als Galileo z.B. einen Ozean auf Europa entdeckte, gab es Gruppen die sagten, "Tja unter der Eisdecke könnte Leben entstehen, es benutzt Chemosynthese wie in der Tiefsee, dort ist es vor den Teilchen in Jupiters Strahlengürtel geschützt." Ja das kann sein, wir wissen praktisch nichts über das Innere von Europa, und wir wissen leider auch nicht wie wahrscheinlich die Lebensentstehung selbst ist, weil wir bisher nur einen Planeten kennen und auf dem entstand es genau einmal. (Der genetische Code aller Lebewesen auf der Erde basiert auf denselben Bausteinen und in den wesentlichen Stoffwechselkreisläufen findet man auch die gleichen Enzyme, das ist ein Hinweis dafür, dass alle Lebewesen der Erde aus einer Vorform entstanden sind). Bei Galileo führte dies dazu, dass man sie gezielt auf Jupiter lenkte. Die Raumsonde könnte ja sonst auf Europa crashen – Könnte ja, aber ob sie ihn infizieren könnte? Europas Eispanzer ist mindestens 10-15 km dick. Und Galileo flog 8 Jahre im Jupitersystem herum, mit einer Gesamtstrahlendosis von 1200 krad, das ist die 300.000 fache für einen Menschen tödliche Dosis. Sterilisiert man auf der Erde Nahrungsmittel so reichen dazu 1-10 krad, also immerhin noch 100 mal kleinere Mengen. Es ist recht unwahrscheinlich dass dies ein Organismus überlebte. Die extra strahlengehärtete Elektronik von Galileo tat es ja auch nicht. Wenn ein Organismus tief im inneren eingeschlossen wäre und es überlebt hätte, so wäre er spätestens beim Aufschlag der Strahlung Jupiters ausgesetzt worden.
Ähnliche Pläne gibt es nun für Cassini, hier will man nicht Titan und Enceladus kontaminieren, obgleich ich bei den Temperaturen von -90 °C die dort herrschen, nicht an Leben glaube. Wahrscheinlich auch nicht die Wissenschaftler. Aber: Es kostet ja nichts, wenn die Mission eh beendet werden muss. Im Gegenteil, mit dieser "Ist da Leben" Debatte kann man leichter Gelder für neue Missionen loseisen. Beim Marsprogramm funktioniert das schon seit 15 Jahren so.
Es gibt ja auch noch die Panspermie Hypothese. Danach soll das irdische Leben in Kometen entstanden sein und mit diesen zur Erde gekommen sein. Kleine Teilchen wie Staubkörner verglühen nicht mehr beim Eintritt, sie werden sanft abgebremst. So könnte Leben auf die Erde gekommen sein – aber auch umgekehrt: Irdisches Material das bei einem Asteroideneinschlag ins All geschleudert wurde könnte Bakterien enthalten und so auf andere Planeten gekommen sein. Dann müssten wir uns keine Sorgen mehr um eine Kontamination machen – Dann wäre es bereits da, wenn die Umweltbedingungen stimmen. Das dies nicht von der Hand zu weisen ist, zeigen Meteoriten die vom Mars und Mond stammen. Die Reise ist also prinzipiell möglichen. offen ist nur ob ein Organismus sie auch überlebt.
Zurück zu Phoenix: Die Kontamination des Marsbodens ist ein schlüssiger Grund, aber bestimmt nicht wegen des Lebens, sondern der Verfälschung von Mesergebnissen. Hydrazin selbst wäre leicht als künstlich nachzuweisen. Hydrazin ist eine synthetische Flüssigkeit, die es nicht in der Natur gibt und die mit hohem Energieaufwand produziert werden muss. (1 l kostet etwa 10 Euro). Hydrazin selbst hätte man leicht erkennen können. Das Problem sind wohl eher die oxidativen Eigenschaften des Marsbodens, welches Hydrazin wahrscheinlich zu Hydroxlamin, Lachgas und Stickoxiden oxidiert hätte, und diese Verbindungen werden auch von Mikroorganismen erzeugt. Lachgas ist z.B. auf der Erde ein Treibhausgas das bei anaeroben Bedingungen gebildet, wird wie z.B. in Sümpfen.
Dabei sind solche Tanks normalerweise so konstruiert, dass sie über Jahre arbeiten können ohne das Treibstoff austritt.. Fast alle Raumsonden und viele Satelliten haben Hydrazin an Bord um die Lage zu regeln und nur selten fällt einer vorzeitig aus. Doch man kennt eben die Konstruktion nicht. Das System könnte auch für einen kurzen Betrieb ausgelegt sein. So war es z.B. bei Apollo 13, als auf der Rückreise vom Mond die Besatzung durch einen weiteren Knall aufgeschreckt wurde: Das Helium, das sich langsam erhitzt hatte, brachte schließlich eine Membran zum platzen. Der dann abfließende Treibstoff machte der Bodenkontrolle damals Probleme, weil Apollo 13 so langsam aus dem Eintrittskorridor herausrutschte.
Nun ja, die Chance nochmals abzuheben und damit mehr als einen Platz zu untersuchen sind damit vertan, warten wir einmal ab was uns dieser Landeplatz an Erkenntnissen bringt…/p>
Ach ja noch was: Sparen lohnt sich nicht immer. Ich schaue ja jeden Tag meinen Verkaufszahlen meines Buchs Das Gemini Programm. Technik und Geschichte und auch bei den Verkäufen bei Amazon (da ich dort auch noch Provision bekomme, rate ich allen Käufern zu einer Bestellung über Amazon). Dort gibt es das Buch inzwischen auch "gebraucht". Die Anführungszeichen deswegen, weil von den 39 Angeboten nur eines echt gebraucht ist, das andere sind normale Büchershops die das Buch neu verkaufen, dafür aber anders als Amazon Portogebühren verlangen. (Bei 42 verkaufen Exemplaren, glaube ich nicht an einen Gebrauchtmarkt von 39 Stück). Ganz schlau war nun einer der, das Buch für 5,05 Euro gekauft hat – Hat er da doch glatt 35 ct gespart. Nun ja wenn man das Porto von 3 Euro ignoriert…. Nichts gegen Amazon Marketplace – ich nutze ihn auch sehr oft für alte, vergriffene Bücher, aber da Amazon portofrei liefert sollte man sich immer vorher die Portokosten ansehen. Das gilt auch für andere Dinge von Amazon wie Elektronik.