Bernd Leitenbergers Blog

Der Shuttle-C

Vor der Challenger Katastrophe hatte die NASA noch hochtrabende Pläne für das Shuttle System. Die Centaur Oberstufe sollte die Nutzlast in den geostationären Orbit gegenüber der IUS verdoppeln. Andere Stufen mit lagerfähigen Treibstoffen für größere Nutzlasten, die weniger Platz im Nutzlastraum brauchten waren angedacht. Das wichtigste Projekt war jedoch der Shuttle-Carrier oder Shuttle-c.

Das Shuttle-c ist nicht ein System, vielmehr eine Idee von verschiedenen Schwerlasttransportern auf Basis der Space Shuttle Komponenten. Das größte System bestand aus 4 Feststoffboostern, einem verlängerten Tanks und 4 Triebwerken. Anstatt einem Space Shuttle hätte dieses System nur eine Nutzlastbucht transportiert. Nur die Booster wären wiederverwendbar gewesen.

Das kleinste System war ein umgebauter Space Shuttle. Triebfeder für diese Projekte war nicht der Bedarf bei einem solchen System, sondern das SDI Programm. Wenn dieses in die Realisierungsphase gehen würde, hätte man hunderte von schweren Nutzlasten in den Orbit transportieren müssen. Die NASA offerierte dafür das Space Shuttle, während die Air Force lieber eine eigene, konventionelle, Schwelastrakete entwickeln wollte.

Für die kleinste Version des Shuttle-C gab es immerhin konkrete Planungen: Es war im wesentlichen ein normales Space Shuttle, bei dem man nur alle ausgebaut hatte, was für eine Besatzung notwendig war, also Kabineneinrichtung, Lebenserhaltungssystem, Vorräte, Gase etc. Der Space Shuttle sollte unbemannt in den Orbit starten und unbemannt landen. Technisch gesehen ist das kein Problem, den das Space Shuttle braucht keine Besatzung um einen Orbit zu erreichen und zu landen. Sofern man nur Nutzlasten aussetzt, hat die Besatzung auch nicht mehr zu tun als auf einen Knopf zu drücken, der den Behälter öffnet und die Verbindungen zur Fixierung im Nutzlastraum durchtrennt. Durch Federn wird dann der Satellit sanft weggedrückt. Eine Besatzung braucht man wenn man wie heute eine Raumstation aufbauen will und Außenmontagen anstehen

Nach NASA Schätzungen hätte ein solches Shuttle etwa 45 t Nutzlast befördern können. Also 50 % mehr, bei wahrscheinlich geringeren Startkosten. Denn die Besatzung ist ja nicht an Bord, das macht die Mission schon billiger, dazu kommet, dass man geringere Sicherheitsstandards anlegen kann. Aber ich will es mal genauer berechnen.

Basis sind die 31.1 t welche die Space Shuttles mit dem Lightweight Tank und 109 % Schubniveau erreichen sollten. (Nach den Planungen von 1982) Basierend auf diesen Daten kommt man zu folgenden Verbesserungen:

Da fehlt aber noch einiges: Zusammen sind dies 9.1 t. Das liegt darin, dass man das Cockpit so nur ausgeweidet hat, die gesamte schwere Struktur des Cockpits, das ja der einzige teil unter Druck steht und absolut dicht sein muss. Das eine 70 m³ große Kabine natürlich einiges wiegt ist klar. so kommt man auf die 45 t, wenn man die Struktur entsprechend leichter macht.

Wahrscheinlich könnte man sogar noch mehr Nutzlast transportieren: Das Space Shuttle erreicht normalerweise nach der Abtrennung vom Tank keinen Orbit. Mit den beiden OMS Treibwerken bringt es erst die Geschwindigkeit auf um einen niedrigen Orbit zu erreichen. Zwei Zündungen führen zu einem niedrigen Orbit. vor dem Wiedereintritt muss dann gegen die Flugrichtung gezündet werden um einen Wiedereintritt zu ermöglichen. Dazu braucht man etwa 2/3 der knapp 10 t Treibstoff die das Space Shuttle mitführt. Der Rest dient für Kurskorrekturen. Wer nur Satelliten aussetzt braucht das nicht. Der Satellit müsste dann nach dem Aussetzen (direkt nach Abtrennen des Tanks) ein eigenes Triebwerk zünden und selbst einen Orbit erreichen. Zumindest wenn nur eine Nutzlast ausgesetzt wird ist dies gangbar. Bei 4 oder 5 Satelliten die in unterschiedliche Bahnen gelangen ist das schwer möglich. Dann brauchte man aber nicht die OMS Triebwerke mit ihren Tanks – 2.5 t für die Triebwerke und die Tanks und 9.7 t für den Treibstoff – Die Nutzlast stiege um weitere 12 t. Für Veränderungen der räumlichen Lage gibt es immer noch das unabhängige RCS System mit weitere 3 t Treibstoff.

So bekäme man einen Space Shuttle der einen Orbit erreichen kann mit 45 t Nutzlast und einen der eine suborbitale Bahn erreicht mit 57 t Nutzlast. Mit dem Risiko, dass dies nur geht wenn die Nutzlast praktisch sofort nach dem Aussetzen ihren eigenen Antrieb zündet – aber das unterscheidet sie nicht sehr von Planetensonden bei denen das nach 90 Minuten der Fall ist und dem Space Shuttle, der dies auch tun muss um einen Orbit zu erreichen.

Allerdings nur theoretisch. Die Struktur des Nutzlastraumes ist für maximal 35 t ausgelegt, das kostet dann wieder etwas von der Nutzlast um diese zu verstärken, jedoch nicht viel, der Rumpf rund um die Nutzlastbucht ist der leichteste Teil des Orbiters.

Nach dem Verlust der Challenger änderte sich die NASA Philosophie vollständig. Die Sicherheit der Besatzung ging nun vor, sie hätte auch vorher schon das wichtigste Kriterium sein müssen. Man begrub aber auch alle Pläne für den Shuttle-C. Ich denke es wäre anders gelaufen wenn man einen der Orbiter zu einem reinen frachtraumschiff aufgebaut hätte für all die Transporte die man ohne Besatzung, ohne große Eingriffe durchführen kann. das sind Satellitentransporte und Transporte von Raumstationselementen bei denen man keine Montagen durchführen muss. (Reine Labormodule z.B.)

Als 2004 die CLV propagiert wurden, die später die Bezeichnung "Ares" bekamen sahen die meisten Planungen die Verwendung der SSME in beiden Raketen vor. Für das SSME sprechen seine Daten. Es ist das zuverlässigste Triebwerk, das es heute gibt, es hat einen hohen spezifischen Impuls und ist eine leichtgewichtige Konstruktion. Und nebenbei: Da 60 Stück davon gebaut wurden und nur 6 beim Einsatz verloren gingen müssten jede Menge Triebwerke nutzbar sein – 55 Flüge sollte jeder überstehen, keines flog mehr als 19 mal. Man entschied sich aus Kostengründen für das J-2X, so wird nicht nur 2010 das letzte Space Shuttle ausgemustert sondern auch jede Technologie die sie eingeführt haben. Mich würde wirklich interessieren was Wernher von Braun sagen würde, würde er heute noch leben und erfahren, das ein im Jahre 1967 entwickeltes Triebwerk, vorgesehen für verbesserte Versionen der Saturn V, 50 Jahre später eine neue Mondrakete antreiben werden, während man das zwischendurch neu entwickelte und mit Milliardenaufwand über 20 Jahre sicherer gemachte SSME in Rente schickt… In den USA ist wirklich alles möglich.

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