Im November tagt wieder der Ministerrat, der über de finanziellen Mittel der ESA beschließt. Beim letzten Treffen in Berlin beschloss man die Entwicklung einer neuen Oberstufe einzufrieren – also nicht einzustellen, aber auch nicht fortzuführen. Die Mittel sollten einem Rettungsplan für die Ariane 5 zugute kommen. Nun ist Ariane 5 wieder in sicherem Fahrwasser, die letzten 25 Starts waren allesamt erfolgreich. Es wäre also Zeit die Entwicklung wieder aufzunehmen. Das hat der frühere Arianespace Chef Frederick D’Allest auch kürzlich in einem Interview gefordert. Eine gute Gelegenheit die möglichen Ariane 5 Erweiterungen aufzuzeigen.
Heute transportiert die Ariane 5 mit der ESC-A Oberstufe 9600 kg in den GTO Orbit – das sind die Angaben für die Einzelnutzlast. Davon geht noch der Adapter ab und bei einem Doppelstart auch von der Hülle, welche den unteren Satelliten umgibt.
Die ESC-B Oberstufe hat ein schubstärkeres Triebwerk – 180 kN anstatt 66 kN. Daher kann sie mehr Treibstoff transportieren und sie nutzt den Treibstoff etwas besser aus. Die ESC-B Oberstufe wird 24.4 t anstatt 14.9 t Treibstoff einsetzen und 11.5 t in den geostationären Orbit und 23 t zur ISS transportieren. Ein weiterer Vorteil des ESC-B ist, das sie wiederzündbar ist. Sie kann also die EPS und ESC-A Oberstufe ersetzen.
Doch ist dies das Ende? Nein. Derzeit wird die Vega entwickelt und bei ihr kommen neue Technologien zum Einsatz wie z.B. große Gehäuse aus Kohlefaserverbundwerkstoffen. Bei der Vega ist die erste Stufe noch 95 t schwer, doch man hofft, das man diese Technik auch auf die 3 mal schwereren Ariane 5 Booster übertragen zu können. Diese würden dann nur noch 27 t anstatt 38.4 t wiegen und 10 t mehr Treibstoff transportieren können. Das bringt weitere 1000 kg Nutzlast.
Eine weitere Möglichkeit wäre ein schubstärkeres Vulcain 3 Triebwerk. Das Vulcain 2 Triebwerk hat 1350 kN Schub – mehr als das Vulcain 1. Doch immer noch weniger, als alleine die EPC beim Start wiegt. Das limitiert die Zuladung. So muss die ESC-B z.B. für ISS Missionen wieder 7 t Treibstoff ablassen, weil die Nutzlast dann höher ist.
Mehr Schub würde es erlauben, mehr Treibstoff in der EPC / und oder Oberstufe transportieren. Selbst wenn man die Stufen gleich groß lässt, kann man die Gravitationsverluste minimieren, die dadurch entstehen, dass die Rakete erst ihre Bahnhöhe erreichen muss. Je langer sie dazu braucht desto höher sind sie. Sie sind bei der Ariane 5 recht hoch und ein schubstärkeres Triebwerk könnte sie senken. Ein Vulcain 3 soll weiterhin billiger zu produzieren sein und einfacher aufgebaut. Der Schub wird wohl zwischen 1500 und 1700 kN liegen – je höher, desto mehr Optionen hat man für einen weiteren Ausbau. Ein Vulcain 3 würde weitere 1.5 t Nutzlast bringen.
Ariane 5 könnte so bis 2020 auf 14-15 t GTO Nutzlast oder 27 t zur ISS gesteigert werden.
Warum nimmt man nicht mehr Booster? Das ist eine Frage die ich immer wieder gestellt bekomme. Zwar sind die Booster sehr preiswert und eine Anpassung um mehr als zwei Booster einzusetzen wäre einfach. Aber sie haben einen Haken: Sie sorgen schon heute für einen hohen Beschleunigungspeak:
Wie zu sehen, gibt es schon mit zwei Boostern eine Spitzenbeschleunigung von 4.3 G, die je nach Nutzlast bei der ESC-A auf 4.55 G ansteigen kann. Davon entfallen etwa 0.7 g auf die EPC, der Rest auf die beiden Booster. Mehr Booster würden diese Beschleunigungsspitze noch weiter erhöhen. Etwa 5.5 G ist das Maximum was heute für kommerzielle Nutzlasten üblich ist. Schon ein dritter Booster würde diese Grenze überschreiten.
Das ist also keine Lösung, doch könnte man bei dem Redesign der Booster natürlich über eine Veränderung des Schubprofils nachdenken oder eine längere Brennzeit. Ein dritter Booster könnte so noch unter 5.5 G Peak erreichen und würde nach meinen Berechnungen etwa 2 t mehr Nutzlast bringen.
Nur wenn man sehr viele Booster einsetzt (z.b sechs) hat man eine zweite Option: Vier am Boden zünden, die anderen zwei nach dem Ausbrennen. Das würde dann auch die Gravitationsverluste stark senken, ohne ein Vulcain 3, weil dann die Brenndauer auf 260 Sekunden ansteigt. Die Nutzlast läge dann bei 24-25 t in den GTO Orbit, also weitaus höher als heute und dieser Träger ist sicherlich nicht einer für die nächste Zukunft.
Es dürfte wahrscheinlicher sein, dass man wenn man jemals die 14-15 t Version angeht diese als letzte Ariane 5 auslegt und dann wieder einen neuen Träger konzipiert. Der Fokus liegt heute auf Ideen, zumindest die erste Stufe wiederzuverwenden, und dann hier keine Feststoffbooster sondern Methan/Kerosin oder Wasserstoff als Treibstoff einzusetzen. Das würde zwar nicht mehr Nutzlast bringen, aber die Kosten drücken. Die Doppelstartfähigkeit der Ariane 5 ist heute der Preisvorteil, vielleicht reicht in 15 Jahren der Transport eines Satelliten mit einem günstigeren Träger.