Bernd Leitenbergers Blog

Politik und die ISS – Teil 2

Ich sollte mal umsatteln auf Prophet: Was ich kürzlich prognostiziert habe, ist nun eingetreten. Wie Michael Griffin in einem Interview sagte, ist die Situation bei der ISS prekär. Bis 2012 hat die NASA Starts auf russischen Sojus Kapseln gebucht und für die Zeit danach, müsste man Anfang 2009 die Weichen stellen.

Durch den Einmarsch Russlands in Georgien scheint es nun sehr unwahrscheinlich, dass die NASA diese Option wird wahrnehmen können. Die politische Stimmung im Kongress ist gegen die Zahlung von Geldern an Russland für Sojus Flüge. Was für Optionen hat die NASA nun? Nach Ansicht Griffins derer drei:

Selbst wenn die USA die Space Shuttles im Dienst bleiben: Die US Besatzung wird ohne Rettungsmöglichkeit dann nur einige Tage lang an Bord der ISS bleiben können – Maximal 30 Tage pro Flug, wenn alle Space Shuttles auf Langzeitmissionen ausgerüstet werden.

Griffin sagte, das wäre ein "Feature" der US Politik, das schon bestanden hätte, als er ins Amt kam und er wäre damit nicht einverstanden. Das erste stimmt, das letzte hört man nun zum ersten Mal öffentlich, nun, wo der Präsident bald geht, der ihn eingesetzt hat. Vorher stand er 100 % hinter Bushs Plänen die eben diese Misere beschworen haben.

Oooh kommt nun das Erwachen? Mal ein paar Erinnerungen:

Worüber regen sie sich also auf?

Zusammengefasst: Die USA haben im Kernbereich sich auf die Russen verlassen, die selbst ihre eigene Beteiligung konsequent heruntergefahren haben, aber Geld durch Weltraumtouristen verdienten. Sie haben eigene Projekte für einen zweiten Zugang abgebrochen, selbst welche mit internationaler Beteiligung wie das CRV.

Nun wird erneut Politik und Forschung verquickt: Die ISS hatte ihren Ursprung in der Politik: Vom amerikanischen Teil aus gesehen ist die ISS weitgehend identisch mit der "Alpha", die aber zu teuer für den US Kongress war. Im Zuge der Annäherung an Russland war man bereit aber die ISS – mit denselben Kosten – zu finanzieren. Nun weht der wind genau in eine andere Richtung und man fürchtet, dass Russland Sojus Starts verhindern könnte.

Ich halte das für absoluten Nonsens. Russland hat Probleme seine Raumfahrt zu finanzieren, auch jetzt wo die Staatseinnahmen rapide gestiegen sind. Das zeigte sich bei der ISS oder Mars 96, oder dem verschieben neuerer Projekte wie Phobos-Grunt. Die Russen sind aber immer ihren kommerziellen Verpflichtungen nachgekommen. In den letzten Monaten gab es schon genug Säbelrasseln aus Moskau und in dieser Zeit wurden ein amerikanischer Kommunikationssatellit und ein Spionagesatellit der Bundeswehr mit russischen Raketen gestartet. Wenn die USA Sitze kaufen, dann bekommen sie diese. Die Fakto halte ich die USA für einen politisch unzuverlässigen Partner als Russland. Die USA waren es, die erwogen, die ISS nicht fertig zu stellen. Die USA sind es die immer noch eine Langzeitplanung haben, die keine Mittel für die ISS ab 2017 vorsieht. Russland mag Probleme haben seinen Verpflichtungen nachzukommen. Doch wenn man für die Serviceleistungen zahlt bekommt man sie.

Warum auch nicht? Wir zahlen ja auch an die USA. Nicht mit Geld, aber mit Hardware. Für etwas mehr als einen Shuttle Flug (Den Start von Columbus und den Transport einiger Racks bei einem zukünftigen Versorgungsflug) baute Europa die beiden Node 2+3 und die Cupola. Das war auch nicht umsonst. Was hindert also die USA sich die Sojus Rauschiffe zu kaufen, wenn sie den Russen nicht trauen? Starten könnte sie Arianespace, die auch nicht befürchtet nun keine Satelliten mit der Sojus starten zu können.

Die Frage ist auch was Europa machen wird. Es gibt nun ja die Gelegenheit von 2012 bis mindestens 2015 (jüngste Meldungen vermelden, dass das Design Review von Orion hinter dem Zeitplan hinterherhinkt). Europäer und Japaner zur ISS zu entsenden und die Forschung durchzuführen. Mal sehen was dann bei der NASA erst los ist….

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