Passagiertransport und Tourismus in den Orbit
Ich knüpfe mal da an wo ich gestern aufgehört habe: Die Kosten für "Weltraumtouristen" – Wie kann man sie senken? Schauen wir uns an, was es heute so an Systemen gibt: Es gibt heute drei Systeme:
- Die Raumkapsel: Sehr zuverlässig, aber nicht wiederverwendbar. Vor allem räumlich im Platz beschränkt durch die Formgebung als Kugel oder Kegel.
- Der Space Shuttle: Voll wiederverwendbar. Kann auch größere Mengen an Fracht transportieren und erlaubt bis über 2 Wochen Aufenthalt im Orbit bei 7 Mann Stammbesatzung. Leider sehr teuer im Unterhalt und braucht eine starke Startrakete
- Ein kleiner Shuttle, eventuell mit einem nicht wiederverwendbaren Service Modul: Wie Hermes, das CRV oder Kliper. Geeignet für den reinen Mannschaftstransport, aber nicht den Frachttransport, startbar mit einer mittelgroßen Trägerrakete.
Je nachdem was für mich wichtig ist, werde ich das eine oder andere System wählen. In den USA ist nach dem Tod von 14 Astronauten auf zwei Shuttle Flügen der Sicherheitsaspekt das wichtigste Kriterium. Er führte zum Orion System. Natürlich ist eine Kapsel systeminhärent sicherer. Beim Wiedereintritt z.B. stabilisieren sich die bisher benutzten Formen von selbst. Das war für russische Sojus schon zweimal rettend, als sich das Servicemodul oder die Orbitalsektion nicht richtig abtrennten und diese durch die Atmosphäre taumelten bis die Reibungshitze die letzten Verbindungen kappte. Das Abtrennen von einer explodierenden Trägerrakete ist mit einem Fluchtturm möglich und auch dann hilft die aerodynamische Form bei der richtigen Ausrichtung zur Landung.
An zweiter Stelle fungiert ein Mini Shuttle. Er kann auf die Spitze einer Trägerrakete montiert werden, und dann mit Feststofftriebwerken schnell abgetrennt werden (wie ein Fluchtturm, nur eben am Fuß des Shuttles). Wegen der Position an der Spitze machen auch Schaumstoffstücke nichts aus. Beim Start ist er also sicherer als ein großes Shuttle. Sofern man das Konzept eines Auftriebskörpers wählt, kann er auch seinen Wiedereintritt und den Flug stabiliereren, doch er ist nicht so stabil wie eine Kapsel.
An der dritten Stelle kommt das Space Shuttle. Die NASA schätzt nun die Wahrscheinlichkeit die Besatzung zu verlieren auf 1:80 und will dieses Risiko nicht mehr eingehen. Das Space Shuttle ist gefährdet beim Start (keine Abtrennung solange die Booster arbeiten, Schaumstoff) aber auch beim Wiedereintritt, es ist nicht selbst stabil, ohne Computer könnte man es nicht landen.
Die Sicherheit ist ein Aspekt. Gilt er auch für Touristen? Ja und Nein. Ja, weil natürlich jeder so viel Sicherheit wie möglich haben will. Nein, weil 100 % Sicherheit nicht machbar ist und es rapide teurer wird je näher man an die 100 % herankommt. Der Wechsel zu Orion kommt wegen der Schlagzeilen die Challenger und Columbia machten. Das Risiko von 1:80 ist den Astronauten bekannt und wird auch in Kauf genommen. Sie sind nicht die einzigen die Risiken eingehen. Das tun auch Feuerwehrmänner und Soldaten. Die Bundeswehr hat bei 3500 Soldaten in Afghanistan bislang 28 verloren. Das ist ein Risiko von 1:130. Ich bin mir sicher, das ein Rekrut, wenn er die Wahl hätte, nach Afghanistan zu gehen oder ins All, sicherlich das etwas höhere Risiko eines Weltraumfluges wählen würde.
Das nächste sind die Entwicklungskosten und die Unterhaltskosten. Eine Kapsel ist in den Entwicklungskosten überschaubar. Doch jeder Flug verbraucht eine Kapsel. Solange ich diese günstig fertigen kann oder selten Fliege, kein Problem – Deswegen setzt auch Russland seit 40 Jahren die Sojus ein. Doch dieses Konzept isst nicht auf den Westen übertragbar. Zumindest nicht, wenn man heute eine Kapsel baut, nach heutigen Sicherheitsstandards. In den 60 er Jahren waren Kapseln wirklich preiswert: Eine Gemini Kapsel kostete 13 Millionen Dollar, nimmt man den Preisindex als Maßstab für die Inflation, so sind dies deutlich weniger als 100 Millionen Dollar heute. Allerdings kostete die Entwicklung 450 Millionen. Für Orion rechne ich mit 2-3 Flügen zur ISS pro Jahr oder wenn es mal zum Mond geht, auch nicht mehr als 2-3 Flüge, da kommen also nicht viele Flüge zusammen und so gesehen ist das System preiswert.
Auf der anderen Seite haben wir das Space Shuttle – mit immensen Entwicklungskosten, und hohen Wartungskosten. Die Flugkosten sind nicht mal das Problem. Sie liegen bei nur einem Fünftel der Gesamtkosten. Es ist das komplexe System das am Boden so viel Geld verschlingt. Ich rechne übrigens damit, das Orion nicht billiger als das Space Shuttle werden wird: Warum? Nun man braucht eine "man rated" Trägerrakete mit 25 t Nutzlast. Eine nicht "man rated" Atlas 551 mit 20 t Nutzlast kostet aber schon 221 Millionen Dollar. Kommt dazu noch die Kapsel, so kommt man leicht über die 500 Millionen Dollar die ein Space Shuttle Start kostet.
Für den Crew Transport bei mehren Flügen pro Jahr optimal, dürfte ein kleines Shuttle sein, das man mit einer Ariane, Atlas oder Proton starten kann:
- Keine spezielle Trägerrakete notwendig
- kleiner, also auch überschaubarer in den Fixkosten
- Höhere Entwicklungskosten eine Kapsel, die sich erst über viele Flüge rentieren.
Trotzdem: Mit 5-8 Passagieren, die ein kleiner Shuttle der 14-20 t Klasse transportieren kann wird Raumfahrttourismus nie wirklich billig. Was wäre ein wirklich preiswertes System? Nun es sollte vor allem viele Passagiere befördern können, und schon landet man – tada – beim Space Shuttle. Nur mal so als Gedankenbeispiel:
Der Space Shuttle Nutzlastraum hat 18.3 m Länge bei 4.6 m Durchmesser – das ist die Größe einer Kabine eines Passagierflugzeugs. Nun platzieren wir in diesem 3 MPLM (Länge jeweils 6.4 m, Durchmesser 4.6 m, Gewicht 4.1 t) – Wir haben eine Passagierkabine von 18.3 m Länge und 4.6 m Durchmesser bei 12 t Gewicht.
5 Sitze pro Reihen und eine Sitzreihe pro Meter und man bringt darin 90 Passagiere unter. 6 weitere kann man im vorderen Teil unterbringen. Mit Raumanzügen, Lebenserhaltung und Vorräten für eine Woche wiegen die zwar mehr als Nutzlast des Space Shuttles für einen mittelhohen Orbit, doch das bekommt man mit einigen Feintunings hin (etwas längerer Tank und längere Feststoffbooster). Selbst bei 500 Millionen pro Flug kann man so einen Flug für 6 Millionen Dollar anbieten – 4 mal billiger als derzeit ein Start auf der Sojus.
De fakto gilt: Je größer der Raum denn man hat, je größer also das Fluggefährt ist, desto mehr Passagiere kann man befördern. Ein Space Shuttle für den Passagiertransport würde z.B. keinen Nutzlastraum haben, sondern eine durchgehende Passagierkabine, die auch die 70 m³ umfasst welche heute Wohnquartier der Besatzung sind. Selbst die Anzahl der Sitzplätze könnte man vergrößern, wenn es eine Möglichkeit gäbe die Kabine sicher abzutrennen, vor Lecks zu schützen und sicher zu landen und die Besatzung keine Raumanzüge tragen müsste. Noch optimaler wäre eine elliptischer Rumpf, der zwei Decks übereinander erlauben würde.
Technisch gesehen wäre ein solches Passagiershuttle optimiert für kurze Flüge (Nur Zubringer) Anstatt 100 fache Wiederverwendbarkeit würde man minimale Kosten anstreben – Wenn das Ersetzen von defekten Hitzeschutzkacheln weitaus teurer ist als ein monolithischer Schutzschild der bei jedem Einsatz ausgewechselt wird, dann sollte die Wahl auf letzteres fallen.
Ob Bigelow ein zweites SpaceX wird? Nein, ihr Geschäftsmodell ist noch schlechter:
- Sie bieten Weltraumstationen zum Mieten an. Die NASA wird sie wohl kaum mieten, die hat schon Probleme die ISS zu bemannen. Die Industrie hat sich bislang auch noch nicht geäußert. Ich tippe drauf, das zwar 88 Millionen Dollar pro Jahr noch finanzierbar wären, aber nicht der Transport und die Versorgung der Astronauten
- Sie bieten eine Raumstation an ohne ein Zubringerkonzept zu haben. Russland ist ausgelastet mit der ISS. Selbst wenn, so ist die Kapazität der Sojus beschränkt und ihre kleine Lucke lässt nicht den Transport von Experimenten zu – Also bleiben nur Touristen als ´Kunden.
- Es gibt praktisch keine Spezifikationen über die Dockingmöglichkeiten. Erwarten Sie, dass Zubringer sich nach Ihnen richten? Sind es die ISS Adapter der US Seite oder russische Adapter?
- Überhaupt gibt es für ein Unternehmen das in ein paar Jahren arbeitende Raumstationen im All haben will wenig Infos über die derzeitigen verkleinerten Modelle. Würden sie einen Flug zu etwas wagen, worüber sie nichts finden können, weder über Sicherheitskonzepte noch Lebenserhaltung?
Ansonsten noch etwas erfreuliches: Ich habe nach dem WordPress Update das MyCaptcha Plug-In wieder aktiveren können. Damit konnte ich das Aksimet Plug-In, das SPAM erkennt wieder deaktivieren. Ansonsten: Wer hier kommentiert und der Kommentar erscheint nicht: Mail an mich schicken (bl at bernd-leitenberger.de).
>Die Raumkapsel: Sehr zuverlässig, aber nicht wiederverwendbar.
>Vor allem räumlich im Platz beschränkt durch die Formgebung als Kugel oder Kegel.
mit Beschränkung an platz durch Kegel kann ich nach vollziehen
aber das mit „nicht wiederverwendbar“ gar nicht.
Gemini 2 war erste NASA Raumkapsel die wiederverwendet wurde
als Testflug in 1965 und 1966 als Gemini B auf MOL-HSQ
(mit neue modifizierten Hitzeschutzschilds mit Luke)
NAA schlug vor Apollo wiederverwendet, selbst das CSM mit Flügel als Mini Shuttle !
Russland Khrunichev neue „Pilotiruemiy korabl“ Raumkapsel soll wiederverwendbar sein