Bernd Leitenbergers Blog

Der Ausbau der Ariane 5: Das Problem

Heute mal ein Beitrag in der von mir so geliebten Rubrik "Wir wissen es besser". Die Ariane 5 und die Bestrebungen sie auszubauen. Es gab schon eine Änderung und drei weitere sind geplant: Eine neue Oberstufe und ein neues Triebwerk für die Hauptstufe und zuletzt noch neue Booster. Dass hätte man sich ersparen können, wenn die Konstruktion der Ariane 5 ausbaufähiger gewesen wäre. In diesem ersten Teil will ich die Problematik aufzeigen, die man sich bei der Auslegung eingehandelt hat.

Die Ariane 5 G wurde primär für den Transport von Hermes entwickelt. Der Raumgleiter war viel zu groß für eine Ariane 5. Wahrscheinlich hätte sonst auch die ESA die 4 Milliarden Euro für die Entwicklung nicht locker gemacht. Die Ariane 1 war schließlich erheblich preiswerter zu entwickeln. Natürlich sollte auch Ariane 5 Satelliten in den geostationären Orbit transportieren. Nur hat man nun zwei unterschiedliche Anforderungsprofile:

Man kam recht bald auf das Konzept von zwei Boostern und einer kryogenen Zentralstufe. Für Hermes erreicht diese zweistufige Kombination die nötige Geschwindigkeit für einen erdnahen Orbit. Damit gab es die erste Schlüsselentscheidung: Wie viele Booster? Zwei Booster sind am billigsten zu produzieren und wenn die Nutzlast fest ist, dann ist dies die optimalste Möglichkeit. Für geostationäre Transporte wäre es besser gewesen ein flexibles System mit einer variablen Anzahl von Satelliten zu haben. Wenn zwei Satelliten nicht die Maximalnutzlast abdecken lässt man Booster weg und kann einen Start so preiswerter anbieten. Ein 2-3-4 oder 2-4-6 Booster System wäre erheblich flexibler gewesen. Aber: Ariane 5 wurde ja für Hermes konstruiert.

Die Nächste Kernfrage ist die Frage der Oberstufe. Für Hermes braucht man keine (und es war auch keine vorgesehen um die Zuverlässigkeit zu erhöhen – Ein System weniger das Probleme machen kann). Für geostationäre Transporte wäre eine Kryogene Oberstufe mit einer Startmasse von 30-40 t ideal gewesen. Sie hätte bei der Ariane 5G eine GTO Nutzlast von 12.8-13.2 t Nutzlast ergeben.(Mit dem HM-7B Triebwerk). Nur hat eine so schwere Oberstufe einige Auswirkungen auf das Gesamtsystem:

Die Zentralstufe muss für eine Last von maximal 56 t ausgelegt werden. Bei dem Hermes Transport sind es nur etwa 20 t. Da bei der Ariane 5 Spitzenbeschleunigungen von 4.6 G erreicht, werden muss die gesamte Struktur erheblich stärker sein. Das erhöht die Leermasse um etwa 1.5 t.

Natürlich müsste auch das Triebwerk schubstärker sein um etwa 35 t mehr zu transportieren. Verglichen mit dem Vakuumschub des Vulcain ist dies etwa ein Drittel. Das Triebwerk wird auch schwerer und zack ist die EPC teurer (größeres Triebwerk) und die Leermasse um 2 t höhere (der Unterschied von der EPC der Ariane 5G und E liegt übrigens auch genau bei 2 t) – Und Hermes muss um 2 t leichter werden. Man hat also ein geringeres Transportvermögen für Hermes – die primäre Nutzlast – 10 % weniger. Dafür die Chance auf 100 % mehr GTO Nutzlast. Man muss siich also entscheiden. Sie und ich hätten uns wohl für einen Kompromiss entschlossen – eine mittelgroße Oberstufe und moderate Verluste für den Hermes Orbit. Doch die ESA orientierte sich an Hermes.

Also dachte sich wohl die ESA, eine große kryogene Oberstufe scheidet aus. Doch wie sieht es mit einer kleinen Oberstufe aus? Tatsächlich hat die ESA auch mal eine Version mit einer kleineren Oberstufe (analog der heutigen ESC-A) in der Planung. Warum sie gestrichen wurde? Ich kann nur vermuten. Es würde zwei Elektronikringe notwendig machen einmal für etwa 20 t Nutzlast und einmal für etwa 8-9 t. Das hat einen großen Einfluss auf die Strukturmasse und den mitgeführten Treibstoff. Weiterhin muss die Startanlage ausgerichtet sein für beide Arten von Missionen. Das alles wollte man sich wohl sparen. Was hat man gemacht? Irgendein Techniker hatte wohl die Idee die man später umgesetzt hat: Wie wäre es wenn man die Oberstufe in den Elektronikring einsetzt? Dieser ist dann immer gleich (für 20 t Last auszulegen) und man kann die Oberstufe weglassen oder mitführen. Wenn man lagerfähige Treibstoffe nutzt, kann man sie auch Wochen vorher betanken und braucht keine zwei Systeme für Treibstoffversorgung an der Startrampe.

Das führte zur Lösung mit der EPC. Weil die EPS abber nur mit lagerfähigen Treibstoffen arbeitet, war die Nutzlast begrenzt – etwa 6.8 anstatt 9 t mit einer gleich großen kryogenen Oberstufe. Was wurde erhalten:

Dazu kommt noch, dass das Vulcain 1 mit recht hohem Brennkammerdruck arbeitet (118 Bar). Eigentlich ist es schon in einem Bereich für den Brennkammerdruck, wo es sich lohnt auf das Hauptstromverfahren überzugehen. Wahrscheinlich war dies aber ein zu großer Entwicklungsschritt für Europa (Sprung von 60 auf 1100 kN Schub und Übergang auf eine neue Technologie). Leider macht ein Triebwerk welches schon mit sehr hohem Brennkammerdruck arbeitet, es schwer diesen noch weiter anzuheben, als wenn man einen moderaten Druck von 60-80 Bar ausgeht.

Daraus ergab sich, dass man in gewissem Sinne sich in eine Sackgasse begeben hat. Die Schritte der ESA sind ja bekannt und sie waren teuer (Ersatz des Vulcain 1 durch das nur wenig leistungsfähigere Vulcain 2 um das Gewicht von Oberstufe und Nutzlast um 20 t anzuheben, Die ESC-A Stufe als Zwischenlösung mit hoher Leermasse, da man die Startplattform nicht stilllegen wollte für längere Zeit (Zugang zu Tanks und Elektronik dürften sich nicht gravierend ändern) und kleinere Optimierungen wie leichtere VEB und SPELDA anstatt SPELTRA).

im nächsten Artikel werde ich beschreiben wie ich die Sache angegangen wäre – mit einem vielleicht besseren Konzept.

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