Bernd Leitenbergers Blog

Gibt es eine Langzeitplanung bei der bemannten Raumfahrt?

Grade lese ich Michael Collins Buch über seine Flüge bei Gemini und Apollo durch. Er schreibt dabei etwas was ich schon öfters gehört habe: Das er es sinnvoller gefunden hätte erst den erdnahen Raum zu erkunden, mit einem wiederverwendbaren Raumschiff, dann einer Raumstation und erst dann zum Mond und später zum Mars

Unbestreitbar ist, dass technisch gesehen das der richtige Weg ist: Die Nutzlastmasse steigt in dieser Reihenfolge an und damit auch die Anforderungen an die Trägerraketen. Das Risiko steigt im selben Maße an. Doch diese Argumentation gilt nur teilweise. Der Mondlander hat z.B. gar nichts mit einem Space Shuttle oder einer Raumstation zu tun, er wäre in jedem Falle eine komplette Neuentwicklung gewesen. Um die Apollo Kapsel mit Servicemodul (und heute die Orion Kapsel) zu bauen braucht man auch keine Raumstation, dafür reichte Gemini als Vorläuferprogramm. Eine Raumstation wäre geeignet Erfahrungen im Weltraum zu sammeln die vielleicht nützlich für Mondmissionen sind (aber nicht zwingend, da diese maximal 14 Rage dauern). Eher von Nutzen sind sie für eine lange Marsmission und die Erforschung von längerer Schwerelosigkeit auf dem Weg hin und zurück. Ein Space Shuttle wiederum ist weder für eine Mars noch Mondmission nötig, vielleicht wäre ein unbemannter wiederverwendbarer Schwelastträger nützlich, vor allem für eine Marsexpedition, aber auch nicht unbedingt zwingend erforderlich.

Hätte man wenigstens viel Geld gespart? Ja und Nein. Ja, weil natürlich Apollo basierend auf der Technologie der frühen 60 er Jahre, als selbst die Raketen noch neu waren und man gerade erst einmal das erste Raumschiff entworfen hatte viel teuer sein musste als heute, wo man auf Jahrzehnte Erfahrungen zurückgreifen kann. Der Großteil der Kosten für Apollo entfiel auf Entwicklungsarbeiten – Entwicklungsarbeiten für eine Trägerrakete, zuverlässiger als alles was es vorher gab, dabei 20 mal größer als jedes verfügbare Modell. Einen Mondlander der leicht sein musste und trotzdem sicher, eine Kapsel mit einem Lebenserhaltungssystem, dass 14 Tage ohne Ausfall funktionieren musste. Es ist kein Geheimnis, dass die NASA mit dem Großteil des Geldes den Umbau von Flugzeugfirmen zu Luft- und Raumfahrtkonzernen finanzierte. Man wechselte die Auftragnehmer für die Kapsel nach Mercury und Gemini um mehr Firmen zu haben die Know How hatten. Den Mondlander braute Grumman, die bis dahin gar nichts mit Raumfahrt zu tun hatten und die Stufen der Saturn wurden von der NASA entwickelt und von 3 Herstellern von Flugzeugen gebaut. So wurde Know-How transferiert und eine Industrie geschaffen.

Nein, weil Ares/Orion heute nur so billig sein kann, weil man Jahrzehnte lang in die Raumfahrt investiert hat und auf diesen Investitionen aufbauen kann. Der Startplatz in Cape Kennedy, der Crawler, die VAB – das alles sind Investitionen die Apollo machte und die für Ares wegfallen. Das gleiche gilt für Teststände (die Sowjetunion wollte diese Kosten sparen und es hat sich als Fehler erwiesen) und vor allem: Ares und Apollo basierend auf schon entwickeltem: Apollo musste diese Entwicklungen erst erbringen. Die Orion Kapsel ist zwar kein Nachbau der Apollo Kapsel, aber sie nutzt die Erfahrungen die man mit ihr gewonnen hat. Ohne diesen Vorläufer wäre sie sicher viel teurer. Noch mehr gilt dies für die Trägerraketen: Sie benutzen ja alle schon entwickelte Triebwerke oder ganze Stufen – Bei der Saturn V musste dies alles erst noch erst entwickelt werden.

Ares/Orion wird gerne als "Apollo by the Clones" bezeichnet. Es gibt aber einige Fortschritte. Einige technischer Art (wie Solarzellen für die Stromversorgung, Methan/LOX als Treibstoff um die Nutzlast zu maximieren) einige organisatorischer Art wie die Trennung zwischen unbemanntem Lastentransport und sicherem Mannschaftstransport (Die Idee hätte bei der Saturn V Entwicklung sicher einige Menge Geld gespart).

Das Grundproblem bei Apollo ist das Grundproblem der bemannten Raumfahrt: Die Projekte binden langfristig viel Geld. Das sind zwei Probleme auf einmal: Erstens: Sie sind teuer. Zweitens durch die Dauer (typische Zeitskalen 1 Jahrzehnt) ist das Risiko groß, das eine neue Regierung andere Prioritäten hat. Das wurde ja auch Apollo zum Verhängnis und ich denke die ISS hat heute dasselbe Problem. Apollo hatte noch ein spezifisches Problem und das hat Orion/Altair nicht: Es ging zuerst darum auf dem Mond zu landen. Erst als dieses Ziel in Reichweite war, Die Hardware also schon fertig entwickelt und teilweise fertig war, dachte man daraus wie man die wissenschaftliche Ausbeute maximieren konnte. Dann war es zu spät ein optimales wissenschaftliches Programm einzubinden und es beschränkte sich auf einfache Experimente die man mitführte oder die Erweiterung des Bewegungsradius der Astronauten.

Ich glaube das es anders nicht konsequenter gelaufen wäre. Viel früher als jetzt mit der VSE wäre man auch nicht auf dem Mond gelandet und der erste Flug zum Mars würde immer noch in den Sternen stehen. Warum? Weil man sobald man den Space Shuttle hat, er Geld kostet, das dann für ein neues Projekt fehlt. Anders als Apollo oder Gemini ist es nicht ein begrenztes Programm mit 10 oder 14 Flügen, sondern er kostet jedes Jahr Milliarden – ob er fliegt oder nicht. Das gleiche gilt für eine Raumstation. Sobald man sich auf diese Projekte einlässt ist man in einer Sackgasse: Man hat nicht das Geld ein neues zu beginnen und man will die alten Projekte nicht aufgeben, solange es nicht einen zwingen Grund dafür gibt.

Das Bild heute zeugt meinen Lieblings (extraterrestrischen) Himmelskörper im Sonnensystem: Triton.

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