Vorausschau auf das nächste (Raumfahrt)Jahr
Nachdem sich alle mit Jahresrückblicken und Voraussagen derzeit überbieten. Meine Vorhersagen für das Raumfahrtjahr 2009. Zuerst einmal: Wird die Wirtschaftskrise sich auf die Starts 2009 auswirken? Ein definitives Nein. Aus mehreren Gründen. Das eine ist, dass der Haushalt in den meisten Ländern schon im Oktober oder früher beschlossen wurde. Das zweite ist, dass Raumfahrtprojekte die 2009 starten, im Jahre 2005 oder früher genehmigt wurden. Selbst bei einem normalen Satelliten sind 4 Jahre von Projektbeginn bis zum Start ganz normal. Bei der ESA wird sogar in 3 Jahre Schritten geplant, was noch etwas mehr Sicherheit gibt.
Aber es wird die folgenden Jahre beeinflussen. Projekte die heute schon in Schwierigkeiten sind, und teurer werden als geplant könnten gestrichen werden. Das könnte Exomars bevorstehen. Die USA haben wenig zu streichen, da die Bush Regierung schon in den letzten Jahren die meisten ambitionierten Forschungsvorhaben auf "unbestimmt verschoben" hat. Das mobile Marslabor ist auch wesentlich teurer (1.9 Milliarden Dollar) geworden und startet 2 Jahre später. Doch es wurde zu viel Geld in das Projekt gepumpt, um es aufzugeben. Das könnte eher der 2013 er Orbitermission drohen die schon um 2 Jahre verschoben wurde.
Wo die USA Geld sparen könnte, wären ihre bemannten Programme. Meine Prognose: Man wird nicht, wie immer wieder zu hören, noch einen oder zwei Shuttle Flüge mehr durchführen oder gar die Shuttle Flotte länger in Dienst lassen. Sie werden ausgemustert werden so rasch es geht. Die Shuttles kosten die NASA pro Jahr mehr als 3 Milliarden Dollar -für 4-5 Flüge pro Jahr. Eventuell spart die NASA noch einen Flug ein – die letzte geplante Service Mission von Hubble, die schon wegen technischer Probleme verschoben wurde. Sie steht zwar noch im Launch Manifest mit einem Startdatum am 12.5.2008, doch schon 3 Tage später soll die Endeavour zur ISS starten – es wäre das erste mal das 2 Shuttles gleichzeitig im Orbit wären.
Wo die NASA sparen kann ist das Orion/Ares/Altair Programm. Ich halte es für unwahrscheinlich dass Orion gestrichen wird – schließlich wollen die USA einen eigenständigen bemannten Zugang zum Weltraum haben. Bei der Ares V und dem Altair Mondlander bin ich da nicht so sicher. Die Projekte sind noch in ihrem Anfangsstadium und könnten leicht eingestampft werden. Obama war ja schon im Wahlkampf dagegen und da er erst mal sparen muss, angesichts einer Rekordverschuldung von 9 Billionen Dollar ist logisch. Oder wie Helmut Schmidt sagte "Noch nie hat ein Präsident einen solchen Saustall von seinem Vorgänger hinterlassen bekommen".
Einigen Meldungen zufolge ist das Komitee, das sich für Obama um die NASA kümmert, auch zu der Idee gelangt, die Ares I einzustampfen und zur Delta und Atlas zurückzudrehen. Beide Raketen kann man leicht auf 25 t Nutzlast ausbauen, bzw. die Delta Heavy hat diese Nutzlast ja bereits. (Wobei für ISS Missionen es auch weniger tut, schließlich wiegt Orion 22.7 t wobei bei Erdorbitmissionen ein Großteil der 7.3 t Treibstoff, die mitgeführt werden, entfallen können).
Die Ares I wurde ja vor allem entwickelt wegen der Sicherheit, die NASA stützte sich auf eine Voruntersuchung, deren Ergebnis man hier sieht, wobei die für die NASA wichtige Zahl die ist, die bei LOC steht: LOC steht für Loss of Crew, also Tod der Besatzung. Okay, da ist die Ares I mit 1:2000 etwa doppelt so gut wie eine Delta oder Atlas mit etwa 1:1000. Aber beide Ziffern sind jenseits von Gut und Böse. Die Trägerraketen selbst sind zuverlässiger als die Sojus, die einen Durchschnittswert von 97 % hat und schon zweimal bei bemannten Missionen versagt hat. Ob die Sojus Kapsel eine Zuverlässigkeit von 1:1000 hat? Angesichts der harten Landungen der Sojus-TMA, mit extremen Belastungen für die Besatzung, wage ich das mal anzuzweifeln. Ein ausgereiftes System sieht anders aus. Trotzdem bucht die NASA Plätze auf der Sojus.
Ich halte es für logisch, auf die Atlas und Delta zurückzugreifen und wundere mich warum man dies nicht schon vorher getan hat. Sicherheit für Raumfahrer – Ja, aber nicht zu jedem Preis. Heute fliegen die Shuttles immer noch mit einem Risiko (seitens der NASA eingestuft) von einem Verlust auf 80 Flüge. Vor Columbia bezifferte man es zu 1:300 und trotzdem fanden Starts statt. Nun versprechen Fluchtturm und massive Kapsel das LOC auf 1:1000 zu minimieren. Ich denke dabei sollte man es belassen.
Wie sieht es in anderen Ländern aus? Russland hat in den letzten Jahren immer mehr Geld durch die Exporte von Erdgas eingenommen. Das dürfte sich nun drastisch ändern. Nachdem das Geld bislang vor allem in militärischen Programmen landete, oder militärisch nutzbaren Programmen wie den GLONASS Satelliten oder Kommunikationssatelliten auch für die Streitkräfte sehr ich schwarz für das zivile Programm. Da die Angara bislang nicht so richtig in die Puschen gekommen ist und Phobos-Grunt auch mehrfach verschoben wurde, von kostenintensiveren Projekten wie Klipper ganz zu schweigen, nehme ich mal an. Das war es für Angara und Phobos-Grunt.
Auch China hat seine Aktivitäten erweitert und dieses Jahr mit 11 Starts pro Jahr so viele Satelliten wie nie zuvor gestartet. Doch China trifft die Rezension genauso wie die westlichen Staaten, vielleicht noch stärker, weil die Nation anders als der Westen, noch nie eine durchmachen musste (man erinnere sich noch wie überzogen bei uns reagiert wurde als die Konjunktur in den 70 er Jahren einbrach). Da die Langen Marsch 5 schon einige Jahre hinter dem Plan hinterherhinkt, kann es gut sein, dass auch diese nicht kommt. Ob es auch für das bemannte Programm durchschlägt? Wohl eher nicht. Das ist eine Prestigefrage, auch wenn Shenzhou im Westen mehr belächelt wird, nach dem Motto "Müssen die eigentlich alles kopieren?". Es ist wichtig für die Chinesen und die identifizieren sich mit Shenzhou. Aber das ambitionierte Mondprogramm dürfte wohl noch auf sich warten lassen.
Noch eine konkrete Prognose: Der Jungfernflug der Falcon 9 steht an. Ich prognostiziere dass sobald dieser näherrückt oder wenn er stattfand, die angegebene Nutzlast der Falcon 9 auf wundersame Weise wird sinken, und zwar drastisch. Derzeit (31.12.2008) steht auf SpaceX Seite(ganz unten) noch 12500 kg in 200 km 28.5 Grad LEO und 4640 kg in GTO.
Ich vermute das Angara Programm wird, wie bisher, auf kleiner Flamme weiterköcheln. Begonnen hat es als die Öl- und damit Gaspreise weit unter dem dem jetzigen Stand lagen. Die Höchststände der Rohstoffe, vorallem in den letzten zwei Jahren, haben sich auch nicht positiv auf das Programm ausgewirkt. Im Moment besteht, wie auch sie oft erwähnt haben, in Russland nicht die Notwendigkeit für die Angara. Aber langfristig macht es für Russland schon Sinn eine kostenoptimierte Rakete, wie die Angara, zu besitzen. Kurzfristig wäre es vielleicht besser nur die Wasserstoffoberstufe, die für die Angara entwickelt wird, auf der Proton und vielleicht der Zenit einzusetzen.
Das der Kliper/CSTS (Sojus-Raumschiff-Nachfolger) erstmal nicht weiterkommt, finde ich nicht so schlimm, weil die Zielstellung bei dem Programm unklar ist und sich ständig ändert. Allerdings gefällt mir die Idee des Parom, die im Rahmen dieser Entwicklung vorgestellt wurde. Zur reinen Güterversorgung einer Raumstation wäre dieses System bestimmt sinnvoll, am besten natürlich mit einen treibstoffsparenden elektrischen Antrieb.
Für das amerikanische Weltraumprogramm wäre es natürlich das beste, wenn das Shuttle möglichst bald stillgelegt werden würde. Allerdings könnte gerade da die Legislative eine Entscheidung der Obama-Regierung in dieser Richtung verhindern. Der Grund wieso im Ares Programm auf Shuttle Componenten zurückgegriffen wurde, und nicht auf Atlas und Delta, liegt darin das die Stilllegung der Shuttletechnik Arbeitsplätze in einigen Wahlbezirken betroffen hätte. So lautete zumindest eine der Begründungen dafür… kurz könnte man es mit dem Wort Lobbyismus umschreiben. Wenn es dazu kommt das, dass Orion Programm Atlas/Delta, anstelle von Ares verwendet, könnten also die gleichen Parlamentarier weitere Shuttleflüge fordern…
Und allen noch ein Gutes Neues Jahr.