Die NASA im Schlingerkurs

Am Tag vor Weihnachten gab die NASA bekannt, dass sie an SpaceX und OSC zwei Aufträge für den Transport von Fracht zur ISS erteilt haben. An OSC einen über 1.9 Milliarden Dollar für 8 Flüge und an SpaceX einen über 1.6 Milliarden Dollar für 12 Flüge. Die Verlautbarung ist allerdings für mich etwas unverständlich gefasst:

"Both fixed-price indefinite delivery and indefinite quantity contracts take effect on January 1, 2009 and expire on December 31, 2016. SpaceX will make its first launch in December 2010, followed by OSC in October 2011."

Was soll das heißen? Es werden keine verbindlichen Starttermine und Mengen ausgemacht? Man könnte auch jeweils nur ein Kilo transportieren? Deutlicher wird folgender Passus:

"Each Commercial Resupply Services (CRS) contract plans for transporting a minimum of 20 tonnes of freight to the space station."

Wenn ich 20 t Fracht erwarte, sollte ich das auch in den Vertrag aufnehmen. Was ist davon zu halten? Erst mal wie realistisch ist das Transportieren dieser Menge für diesen Preis?

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Apollo 8 und Weihnachten

Heute mache ich es mir etwas einfach und kopiere einmal weitgehend den Blogeintrag von vor 2 Jahren. denn er passt eigentlich zu jedem Weihnachten:

Vor 40 Jahren, am 21.12.1968 starteten mit Apollo 8 die ersten Menschen zum Mond. Die Mission war damals nicht unumstritten. Das Apollo Raumschiff war nur einmal vorher, im Oktober 1968 mit Apollo 7 bemannt erprobt worden und für die Saturn V war es der dritte Flug überhaupt, wobei es beim zweiten Flug gravierende Probleme gab, die bei einem bemannten Flug zum Abbruch geführt hätten.

Man tat dies weil man nach einigen unbemannten Zond Flügen der Sowjets mit Sojus Kapseln bald einen bemannten Mondflug (wenn auch keine Landung) erwartete und man auf Spionagesatellitenfotos die N-1 Trägerakete auf ihrer Startrampe ausgemacht hatte. Vor allem aber hatte man so viel Vertrauen in die Technik dass man dieses Abenteuer wagte – Anders als bei Flügen im Erdorbit gab es bei einem Versagen eines Subsystems nicht die Möglichkeit innerhalb von Minuten bis maximal eineinhalb Stunden zur Erde zurückkehren. Bei eine Versagen konnte die Rückkehr bis zu 3 Tagen dauern. Es war sogar möglich die Besatzung bei einer falschen Zündung in den Weiten des Alls zu verlieren. Der Mondlander, der eigentlich in der Erdumlaufbahn getestet werden sollte war noch nicht verfügbar und so wurde beschlossen Apollo 8 mit dem schon in der Erdumlaufbahn erprobten Kommandomodul zum Mond geschickt, was immerhin es ermöglichte schon die Mission in der Mondumlaufbahn zu testen und die gesamte Kommunikation über diese Entfernung.

Viele empfanden dann die Mondumkreisung von Apollo 8, welche über die Weihnachtsfeiertage 1968 stattfand als den eigentlichen Flug zum Mond und die Landung von Apollo 11 ein halbes Jahr später nur noch als die „Kür“. Ich möchte an diese Mission aber heute aus zwei Dingen erinnern: Wir haben von ihr erstmals ein Farbbild der Erde vom Mond aus bekommen und eine Beschreibung der Erde von Menschen die über einem grauen, zerkraterten, unwirtlichen Platz ihre Runden drehten:

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Vermischtes aus den letzten Tagen

2 Tage mit Winterdepression und Fernsehkonsum haben ihre Spuren hinterlassen: Ich habe ein paar Kleinigkeiten, die mir aufgefallen sind. Zum einen bin ich beim Zappen über eine dieser "Chart Shows" gestolpert. Das Format kannte ich ja von RTL und SAT1. Doch Pro7 hat selbst diese billige Unterhaltung noch pervertiert. Anstatt die 50 erfolgreichsten Gruppen zu präsentieren, dabei einige B-Promis auf die Couch einladen und einige Altstars ihre Hits nochmal präsentieren zu lassen, hat man das einspart und Oli P., allseits bekannt, als begnadeter Sänger der Ausnahmeklasse, moderiert ohne Gäste die "100 nervigsten Gruppen". B-Promis müssen dann ihren Senf dazu geben. Dumm nur, dass diesmal die Zuschauer abgestimmt haben, wahrscheinlich kamen die Votes aus der Pro-7 Zielgruppe von 9-14. Bei SAT1 und RTL türken Experten die Charts wenigstens so, dass die Gästestars eingebaut werden können und Platz 1 auf jeden Fall ein Gast ist, (Wäre doch peinlich wenn Madonna die erfolgreichste Sängerin wäre, und nicht in die Show kommt). So kam, was kommen musste: Unter den Top 20 Gruppen waren auch Queen, AC/DC und die Skorpions. Da fiel auch den Promis nichts mehr drauf ein, weil die eben nicht nervig sind, sondern gut. Doch es gibt ja noch Oli P.: Der findet selbst an Queen noch was rumzumeckern. Viel tiefer kann man als Sänger wohl nicht mehr singen. Selbst nichts können aber Boehemian Rhapsody niedermachen.

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Gibt es eine Langzeitplanung bei der bemannten Raumfahrt?

Grade lese ich Michael Collins Buch über seine Flüge bei Gemini und Apollo durch. Er schreibt dabei etwas was ich schon öfters gehört habe: Das er es sinnvoller gefunden hätte erst den erdnahen Raum zu erkunden, mit einem wiederverwendbaren Raumschiff, dann einer Raumstation und erst dann zum Mond und später zum Mars

Unbestreitbar ist, dass technisch gesehen das der richtige Weg ist: Die Nutzlastmasse steigt in dieser Reihenfolge an und damit auch die Anforderungen an die Trägerraketen. Das Risiko steigt im selben Maße an. Doch diese Argumentation gilt nur teilweise. Der Mondlander hat z.B. gar nichts mit einem Space Shuttle oder einer Raumstation zu tun, er wäre in jedem Falle eine komplette Neuentwicklung gewesen. Um die Apollo Kapsel mit Servicemodul (und heute die Orion Kapsel) zu bauen braucht man auch keine Raumstation, dafür reichte Gemini als Vorläuferprogramm. Eine Raumstation wäre geeignet Erfahrungen im Weltraum zu sammeln die vielleicht nützlich für Mondmissionen sind (aber nicht zwingend, da diese maximal 14 Rage dauern). Eher von Nutzen sind sie für eine lange Marsmission und die Erforschung von längerer Schwerelosigkeit auf dem Weg hin und zurück. Ein Space Shuttle wiederum ist weder für eine Mars noch Mondmission nötig, vielleicht wäre ein unbemannter wiederverwendbarer Schwelastträger nützlich, vor allem für eine Marsexpedition, aber auch nicht unbedingt zwingend erforderlich.

Hätte man wenigstens viel Geld gespart? Ja und Nein. Ja, weil natürlich Apollo basierend auf der Technologie der frühen 60 er Jahre, als selbst die Raketen noch neu waren und man gerade erst einmal das erste Raumschiff entworfen hatte viel teuer sein musste als heute, wo man auf Jahrzehnte Erfahrungen zurückgreifen kann. Der Großteil der Kosten für Apollo entfiel auf Entwicklungsarbeiten – Entwicklungsarbeiten für eine Trägerrakete, zuverlässiger als alles was es vorher gab, dabei 20 mal größer als jedes verfügbare Modell. Einen Mondlander der leicht sein musste und trotzdem sicher, eine Kapsel mit einem Lebenserhaltungssystem, dass 14 Tage ohne Ausfall funktionieren musste. Es ist kein Geheimnis, dass die NASA mit dem Großteil des Geldes den Umbau von Flugzeugfirmen zu Luft- und Raumfahrtkonzernen finanzierte. Man wechselte die Auftragnehmer für die Kapsel nach Mercury und Gemini um mehr Firmen zu haben die Know How hatten. Den Mondlander braute Grumman, die bis dahin gar nichts mit Raumfahrt zu tun hatten und die Stufen der Saturn wurden von der NASA entwickelt und von 3 Herstellern von Flugzeugen gebaut. So wurde Know-How transferiert und eine Industrie geschaffen.

Nein, weil Ares/Orion heute nur so billig sein kann, weil man Jahrzehnte lang in die Raumfahrt investiert hat und auf diesen Investitionen aufbauen kann. Der Startplatz in Cape Kennedy, der Crawler, die VAB – das alles sind Investitionen die Apollo machte und die für Ares wegfallen. Das gleiche gilt für Teststände (die Sowjetunion wollte diese Kosten sparen und es hat sich als Fehler erwiesen) und vor allem: Ares und Apollo basierend auf schon entwickeltem: Apollo musste diese Entwicklungen erst erbringen. Die Orion Kapsel ist zwar kein Nachbau der Apollo Kapsel, aber sie nutzt die Erfahrungen die man mit ihr gewonnen hat. Ohne diesen Vorläufer wäre sie sicher viel teurer. Noch mehr gilt dies für die Trägerraketen: Sie benutzen ja alle schon entwickelte Triebwerke oder ganze Stufen – Bei der Saturn V musste dies alles erst noch erst entwickelt werden.

Ares/Orion wird gerne als "Apollo by the Clones" bezeichnet. Es gibt aber einige Fortschritte. Einige technischer Art (wie Solarzellen für die Stromversorgung, Methan/LOX als Treibstoff um die Nutzlast zu maximieren) einige organisatorischer Art wie die Trennung zwischen unbemanntem Lastentransport und sicherem Mannschaftstransport (Die Idee hätte bei der Saturn V Entwicklung sicher einige Menge Geld gespart).

Das Grundproblem bei Apollo ist das Grundproblem der bemannten Raumfahrt: Die Projekte binden langfristig viel Geld. Das sind zwei Probleme auf einmal: Erstens: Sie sind teuer. Zweitens durch die Dauer (typische Zeitskalen 1 Jahrzehnt) ist das Risiko groß, das eine neue Regierung andere Prioritäten hat. Das wurde ja auch Apollo zum Verhängnis und ich denke die ISS hat heute dasselbe Problem. Apollo hatte noch ein spezifisches Problem und das hat Orion/Altair nicht: Es ging zuerst darum auf dem Mond zu landen. Erst als dieses Ziel in Reichweite war, Die Hardware also schon fertig entwickelt und teilweise fertig war, dachte man daraus wie man die wissenschaftliche Ausbeute maximieren konnte. Dann war es zu spät ein optimales wissenschaftliches Programm einzubinden und es beschränkte sich auf einfache Experimente die man mitführte oder die Erweiterung des Bewegungsradius der Astronauten.

Ich glaube das es anders nicht konsequenter gelaufen wäre. Viel früher als jetzt mit der VSE wäre man auch nicht auf dem Mond gelandet und der erste Flug zum Mars würde immer noch in den Sternen stehen. Warum? Weil man sobald man den Space Shuttle hat, er Geld kostet, das dann für ein neues Projekt fehlt. Anders als Apollo oder Gemini ist es nicht ein begrenztes Programm mit 10 oder 14 Flügen, sondern er kostet jedes Jahr Milliarden – ob er fliegt oder nicht. Das gleiche gilt für eine Raumstation. Sobald man sich auf diese Projekte einlässt ist man in einer Sackgasse: Man hat nicht das Geld ein neues zu beginnen und man will die alten Projekte nicht aufgeben, solange es nicht einen zwingen Grund dafür gibt.

Das Bild heute zeugt meinen Lieblings (extraterrestrischen) Himmelskörper im Sonnensystem: Triton.

Triton über Neptun

Wo bleiben die Ionentriebwerke?

Als ich mich zum ersten Mal so im Jahr 1980 mit den technischen Grundlagen der Raumfahrt beschäftigt habe, fielen mir die Ionentriebwerke auf. Einige Berechnungen mit einem Taschenrechner zeigten mir sehr schnell, das der spezifische Impuls die wichtigste Kenngröße einer Rakete ist und hier versprechen Ionentriebwerke einen 10 mal höheren Impuls. Aufgrund des geringen Schubs wird man sie erst ab einer niedrigen Erdumlaufbahn einsetzen können. Doch ab da sind sie praktisch unumgänglich, wenn man große Nutzlasten befördern will.

Ein kleines Rechenbeispiel: Intelsat 905 wiegt beim Start 4725 kg. Trocken nur noch 1984 kg. Nicht weniger als 2739 kg davon sind Treibstoff für den Übergang von einem geostationären Übergangsorbit in die endgültige Bahn und 13 Jahre Kurskorrekturen. Berücksichtigt man die Tanks für den Treibstoff und das Triebwerk, so bleiben vielleicht von 1700 kg von diesen 4723 kg Startmasse übrig. Eine Ariane 5 könnte (mit leichten Verbesserungen) zwei dieser Satelliten auf einmal transportieren, also etwa 3.4 t in den geostationären Orbit In einen niedrigen Erdorbit würde dieselbe Rakete aber 21 t transportieren. Der Unterschied liegt in dem benötigen Treibstoff und den Stufen die benötigt werden um eine Geschwindigkeitsdifferenz von rund 4000 m/s zwischen dem erdnahen Orbit und geostationären Orbit aufzubringen (In Wirklichkeit noch etwas mehr, weil die Satelliten deswegen so viel schwerer wurden, weil ihre Betriebszeit immer längere wurde und dafür benötigte man immer mehr Treibstoff. Von den 2739 kg Treibstoff sind rund 1000 kg nur für die Lageregelung über 13 Jahre vorgesehe)n.

Bei einer Ausströmungsgeschwindigkeit von 30 km/s, einem für Ionentriebwerke üblichen Wert, würden von 21 t im erdnahen Orbit noch 16.6 t übrig bleiben. Der Treibstoffverbrauch wäre also nur ein Bruchteil.

Der Nachteil: Es dauert viel länger um den Orbit zu erreichen und es wird eine hohe Energiemenge benötigt: Die Energie die vorher im chemischen Treibstoff steckte, muss nun als elektrischer Strom zugeführt werden. Die Ionentriebwerke selbst und die Tanks wiegen auch mehr als eine konventionelle Stufe mit chemischen Treibstoffen. Doch dies ist vernachlässigbar. Was wirklich ins Gewicht geht sind die Solarpanel um die Energie bereit zu stellen.

Nehmen wir den Intelsat 905 als Beispiel. Wenn nur die Ionentriebwerke zusätzlich eingebaut werden, so würde er 2300 kg beim Start wiegen, davon etwa 500 kg Treibstoff. Doch bis der Satellit von einer 600 km Umlaufbahn seine Erdbahn in 36000 km Höhe erreicht hat, braucht er bei seiner eigenen Stromversorgung von anfangs 8 kW rund 330 Tage – wenn der Antrieb dauernd aktiv ist. In der Praxis wegen der Zeit im Erdschatten noch etwas länger.

Während dieser Zeit durchquert der Satellit zwei Strahlengürtel und er steht in dieser Zeit nicht zur Verfügung. Das war bislang der Grund, warum sich dies nicht durchgesetzt hat. Doch wie lange noch? Die Betriebszeit wird immer länger. Die Zeit in der der Satellit nicht zur Verfügung steht, macht einen immer kleineren Teil der Lebenszeit aus. Weiterhin haben Ionentriebwerke schon Einzug gehalten um die Lageregelung durchzuführen. Eine längere Betriebsdauer macht aber auch eine bessere Stromversorgung nötig, da die elektrische Leistung auch um einige Prozent pro Jahr abnimmt.

Weiterhin brauchen Transponder immer mehr Sendeleistung. So wird auch mehr Leistung benötigt. Für die Satellitenhersteller wäre es eine Chance: Sie benötigen entweder einen preiswerteren Träger oder können noch viel größere Satelliten bauen. Doch ich sehe noch nicht die große Trendwende.

Eine zweite Möglichkeit ist es einen Satelliten wie bisher zu transportieren, nur eben mit einem Ionenantrieb als Stufe. Nochmal als Beispiel der Intelsat 905: Mit chemischen Treibstoff beladen für 13 Jahre Betrieb wiegt er noch 2900 kg. (1000 kg davon Treibstoff). Mit einer 3300 kg schweren neuartigen Antriebsstufe wird er im erdnahen Orbit von 600 km Höhe ausgesetzt. Eine Ariane 5 kann dann aber 3 anstatt 2 Satelliten transportieren.

Von den 3.3 t der Antriebsstufe entfallen aber nur 1.1 t auf den Treibstoff. Etwa 0.6 t mögen die Ionentriebwerke und Struktur wiegen.1.6 t bleiben so für den Solargenerator übrig. Bei rund 4 kg/m², einem üblichen Wert, sind das 400 m², die mindestens 200 W/m² liefern. Zusammen also 80 kW. Mit dieser Leistung wäre der Satellit in weniger als 90 Tagen im GEO Orbit. Doch der Clou kommt nun: 400 kg Treibstoff würden ausreichen die Stufe in 50 Tagen wieder zurück in den LEO Orbit zu bringen. Wenn es einen Mechanismus gibt, um Satelliten anzukoppeln und Treibstoff nachzufüllen, dann bräuchten zukünftige Starts nur noch den Treibstoff nachliefern. Etwa 1.5 t pro Flug zusammen mit dem Satelliten und Tanks vielleicht 5 t. Eine Arriane könnte so 4 anstatt 2 Satelliten transportieren. Es wird schon an einem Projekt gearbeitet das im GEO Orbit an Kommunikationssatelliten andockt und ihre Lebendauer verlängert. Auch der zweite Teil, das Betanken sollte kein Problem sein: Der gebräuchlichste Treibstoff für Ionentriebwerke ist Xenon, ein Gas. Das sollte durch Druckförderung leicht zu pumpen sein.

Eine solche Stufe kann einige Jahre lang benutzt werden, bis Elektronik und Solarzellen durch die Passage des Van Allen Gürtels gealtert sind. Viel interessanter ist so eine stufe natürlich für Reisen im Sonnensystem. Doch sehe ich da eben nicht die Triebfeder, das jemand dafür eine Entwicklung finanziert. Bei kommerziellen Satelliten die Geld einbringen, sieht es anders aus. Existiert eine solche Stufe mit Ionenantrieb aber erst mal, so kann sie natürlich auch dazu genutzt werden.

Das Bild für heute wurde vor fast 40 Jahren aufgenommen: Am 21.12.1968 startete Apollo 8 zum Mond:

Apollo 8 Liftoff