Der Ärger für die NASA geht weiter

Eigentlich ist es mir fast schon peinlich: Aber wieder einmal gibt es Ärger rund um den Problemkreis: Shuttle Ausmusterung / Zukunft der ISS. Wie schon hier berichtet, hat die NASA die Aufträge für die Versorgung der ISS von 2011-2016 an OSC und SpaceX vergeben. Die beiden Firmen haben schon 2007 und 2008 einen etwa 10 mal kleineren Auftrag bekommen, dafür dass sie demonstrieren dass die es überhaupt können (In Fachkreisen als nur wenig verdeckte Subvention bezeichnet).Wie schon bei diesen ersten beiden Runden, gingen etablierte Raumfahrtfirmen leer aus. Nun hat der unterlegene Bieter, PlanetSpace hat nun Protest eingereicht.

Der Artikel ist interessant. Ich zitiere einmal:

"The source selection document outlines Gerstenmaier’s decision to go with Orbital Sciences even though its proposal received the lowest score of the three finalists and charged the highest price. The proposal from start-up PlanetSpace, Gerstenmaier said, relied too heavily on subcontractors Boeing Co. of Chicago, Denver-based Lockheed Martin Space Systems and Minneapolis-based Alliant Techsystems and did not present a backup plan in the event one of the subcontractors was unable to deliver." 

und:

"SpaceX was the clear winner because it offered the best technical proposal and the lowest overall price".

Nun zum Verständnis: Wer die drei Bieter um den 3 Milliarden Auftrag sind:

  • SpaceX: Ein Start-Up Unternehmen, das zwar niedrigste Preise offeriert. Aber bislang weder einen Satelliten, noch ein Raumschiff gebaut hat. Die Trägerrakete Falcon 9 ist noch nicht geflogen und von der 10 mal kleineren Falcon 1 war nur einer von 4 Flügen erfolgreich.
  • OSC: Nicht der Große im Raumfahrtgeschäft, aber Hersteller der Pegasus und Taurus Trägerrakete und Hersteller zahlreicher Satelliten.
  • PlanetSpace: Ebenfalls ein völlig neu gegründetes Unternehmen, das jedoch als Subkontraktoren auf ATK, Boeing und Lockheed zählen kann. De Fakto, also die Firmen die heute die Trägerraketen bauen welche eingesetzt werden, und die auch die Ares und Orion fertigen. Firmen die seit 40 Jahren bemannte Raumfahrzeuge fertigen.

Was will die NASA? Ich dachte es geht um die Versorgung der ISS nach 2010. Aber so langsam glaube ich, geht es nicht darum. Denn dass ab 2010 eine Versorgungslücke entsteht, ist nichts neues: 2004 kündigte Bush an, dass die Space Shuttle ausgemustert werden sollten. Ab Anfang 2005 war dies beschlossene Sache. Das bedeutet, man hatte damals etwa 5 Jahre Zeit, eine Lösung zu finden. Das ist für ein bemanntes Projekt recht knapp. Für Ares/Orion reicht es nicht. Aber wenn man es damals angegangen hätte, reichen 5 Jahre vielleicht für einen gut entwickelten unbemannten Transporter. Es sollte nicht vergessen werden, dass bei der ISS um Sicherheitsaspekte geht. Ein Fahrzeug darf nicht mit der ISS kollidieren. Die Trägerrakete sollte auch ausreichend zuverlässig sein, damit vielleicht mehr Starts gelingen als bei der Falcon 1.

Die NASA hat sich aber fast 4 Jahre Zeit gelassen mit der Auftragsvergabe. Nun vergibt es sie an SpaceX und OSC. Sicher, SpaceX hat das preislich beste Angebot gemacht. Aber ist es auch das beste für die Station? Mal in Fragen formuliert:

  • Welche Erfahrung hat SpaceX mit bemannten Raumfahrzeugen? Antwort: Keine
  • Welche Erfahrung hat SpaceX mit der vorgeschlagenen Trägerrakete? Antwort: Keine
  • Was kann SpaceX überhaupt an Weltraum-Hardware vorweisen? Antwort: Eine 10 mal kleinere Rakete, die von 4 Flügen nur einmal erfolgreich war. Die anderen scheiterten, weil elementare Systeme einer Trägerrakete fehlten.(Retroraketen, Schwappbleche) oder die Qualitätskontrolle mangelhaft war.
  • Kann SpaceX Terminpläne einhalten? Antwort: Nein: Bislang war jedes Launch Manifest Makulatur. Selbst wenn es gut läuft, wie nach dem erfolgreichen letzten Start der Falcon 1, werden Pläne geändert. So lautete es zuerst, die Falcon 1 sollte einige Male erfolgreich starten, bevor die größere Version Falcon 9 zum ersten mal startet. Nun ist es wieder anders. Das nenne ich nicht gerade gutes Management. Ich kann natürlich verstehen, dass die NASA trotzdem SpaceX wählt, denn zahlen muss sie nur, wenn sie es schaffen. Teuer könnte es nur werden, wenn ihr Dragon Raumschiff mit der ISS kollidiert wie dies bei Progress M-35 bei der Mir.

Dann ist dann noch OSC und PlanetSpace. Hier verwundert mich die NASA Entscheidung Gewiss PlanetSpace ist ein Neuling. Doch ich sah es nie als eigene Firma, sondern Zweckbündnis von Firmen, die getrennt bei den ersten beiden COTS Ausschreibungen als Verlierer herausgingen, die jede aber über mehr Erfahrung als OSC und SpaceX zusammen haben. Jedes bemannte Raumfahrzeug und fast jede Trägerrakete welche die USA eingesetzt haben, wurde von diesen Firmen gebaut. solche Zweckbündnisse sind ja nicht selten. Die NASA hat nun als Partner für Trägerraketen die United Launch Alliance – Ein Bündnis von Lockheed und Boeing. Vor einigen Jahren waren noch Lockheed und Khrunichev zusammen bei ILS. PlanetSpace mag vielleicht neu sein, aber die Subunternehmen sind es nicht. Der Presseausschnitt sagt auch klar, dass PlanetSpace gegenüber OSC siegte. Das Argument, dass ein Subkontraktor nicht liefern kann, ist eines, dass immer gebracht werden kann. Glaubt denn wirklich jemand, SpaceX mit 550 Mitarbeiter produziert alles selbst? Von der kleinsten Schraube bis zum Bordcomputer? Ich kann mich noch an die Verlautbarungen von Musks direkt nach den Fehlstarts erinnern, als die genaue Ursache noch nicht feststand und er betonte, dass bestimmte Subsysteme die man als Ursache annahm, bei anderen Trägern noch nie Probleme machten. Natürlich ist SpaceX abhängig von anderer Herstellern, vielleicht sogar noch mehr als andere Firmen, die das Know How und die Möglichkeiten haben Raumfahrzeuge alleine zu entwickeln.

So verwundert es mich nicht, das PlanetSpace protestiert. Wenn ich die NASA wäre, würde ich PlanetSpace noch einen Auftrag zusätzlich geben – schließlich sollen auch die beiden jetzigen Transporte maximal 70 % der benötigten Kapazität abdecken. Eine Lücke bleibt also in jedem Fall.

4 thoughts on “Der Ärger für die NASA geht weiter

  1. na so wie es aussieht ist das eine billige variante sich aus den verpflichtungen der ISS herraus zu stehlen. Man kann immernoch sagen wir hatten es ja versucht aber die anderen sind Schuld. Anders kann ich mir das verhalten nicht erklären.

  2. Die USA bzw. NASA werden in ein paar Jahren
    mit jämmerlichem Ton sagen das man leider
    nicht in der Lage ist die ISS weiterzubetreiben.
    Man hätte ja wirklich alles versucht aber
    leider, leider und aus unvorhersehbaren Gründen
    klappt es nun mal nicht.
    Stichwort „plausible deniability“

    uwe

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