Gehts auch ne Nummer kleiner?
Neben den klassischen Raumsonden, die einige Hundert Kilo wiegen oder gar einige Tonnen, gibt es immer wieder die Idee auch viel kleinere Raumsonden zu bauen. Es stellt sich dann immer das Kosten/Nutzen Verhältnis. Instrumente sind nicht beliebig verkleinerbar, kleinere Sendeantennen und eine geringere Sendeleistung (durch niedrigere Leistung der Solarzellen) bewirken kleine Datenraten. Auf der anderen Seite hat man Entwicklungskosten und Startkosten die nicht im gleichen Maße veringerbar sind. So ist eine kleinere Rakete meistens pro Kilogramm Nutzlast teurer als eine große. Trotzdem habe ich mir mal selbst eine Aufgabe gestellt und zwar eine anspruchsvolle.
Ist es möglich eine Raumsonde zu Jupiter zu starten die nicht teuer ist und trotzdem noch nützlich? Dazu muss man natürlich definieren was "nicht teuer" ist. Ich habe dies dahingehend definiert:
- Preiswerter Raketenstart (Dnepr, Rockot oder Ariane 5 Sekundärnutzlast)
- Keine RTG (extrem teure Energiequelle)
Ich habe mich mal für eine Sekundärnutzlast einer Ariane 5 in den GTO Orbit entschieden (maximal 600 kg). Kann man da überhaupt noch nennenswert Nutzlast zum Jupiter bringen? Ja, aber nicht auf direktem Weg. Mein Konzept sieht folgendes vor:
- Nutzen eines chemischen Antriebs (500 N Satellitenapogäumsmotor von EADS) um zur Venus zu fliegen (v=1200 m/s)
- Auf dem Weg zur Venus und auf dem Rückweg Betrieb eines Ionenantriebs.
- Schwung-Holen bei der Venus (3 km/s).
- Übrig bleiben noch etwa 10 km/s die der Ionenantrieb aufbringen muss. Ein Flug zur Venus dauert etwa 4 Monate. Dann kommt der Rückweg von nochmals 3 Monate und mit steigendem Sonnenabstand wird die Beschleunigung geringer. Realistischerweise sollte die Sonde die 10 km/s also in deutlich unter einem Jahr, Ich habe mir rund 10 Monate Zeit gesetzt.
Sie finden hier ein EXCEL Sheet mit den Daten. Die wesentlichen Parameter die man variieren kann sind in grün unterlegten Feldern vorhanden. Wichtig ist die Ausströmgeschwindigkeit des Ionenantriebs (je höher, desto weniger Treibstoff wird verbraucht, aber auch je länger dauert die Reise) und das Gewicht der Solarzellen (je mehr, desto schneller geht es, aber desto kleiner ist die Netto Sondenmasse). Alles andere sind typische Performanceparameter, so wiegt bei großen Solarzellen ein m² rund 4 kg, arbeiten die Solarzellen vorwiegend fern der Erde, so sind mit Solarkonzentrationen auch niedrigere werte von rund 2 kg7m² möglich.
Sie werden bei der Simulation sehen, dass man einen Tod sterben muss: Hohe Ausströmgeschwindigkeiten z.B. senken den Treibstoffverbrauch (höhere Sondenmasse), aber die Reise dauert länger. Dafür kann man dann größere Solarpanels verwenden. Unter der Nebenbedingung, dass auch bei Jupiter auch noch mindestens 200 Watt Strom vorhanden sein soll ergibt sich dann ein Optimum bei rund 60 km/s.
Das Excel Sheet klärt uns auf, dass dann noch eine Sonde möglich ist, die bei Jupiter noch rund 225.9 kg wiegt. Ohne Antriebsystem und Solarzellen sind es noch 99.5 kg. (Galileo würde ohne Stromversorgung und Antriebssystem rund 830 kg). Das ist nicht viel, aber es würde ausreichen für ein größeres oder zwei kleinere Experimente. Will man die Versäumnisse bei der Galileo Mission nachholen, so wäre ein Plasmawelleninstrument oder eine Kamera/kombiniertes Spektrometer sinnvoll. Zwar könnte die Sonde keine sehr große Sendeantenne mitführen, aber der Strom würde ausreichen für einen mittelstraken Sender. Eine 1.5 m Antenne und ein 20 Watt Sender müssten drin sein. So sind immerhin 20 KBit/s vom Jupiter aus möglich – rund die 100 fache Datenrate von Galileo. Rund 400 Bilder mit 1 MPixel Größe bei JPEG Komprimierung wären dies bei 6 Stunden Funkkontakt pro Tag.
Natürlich geht dies nur, wenn die Sonde nicht nur beim Bau und der Entwicklung preiswert ist, sondern auch im Betrieb, z.B. ein kleines Betreuungsteam erfordert, weil sie selbst weitgehend autonom arbeiten kann. Trotzdem sehe ich hier ein Chance. Eine Sekundärnutzlast für die Ariane wird pro Kilogramm preiswerter sein als die Hauptnutzlast, so sollte der Start rund 10 Millionen Euro kosten. Eine Rockot und eine Dnepr liegen in derselben Größenordnung (da die eine Nutzlast in einem niedrigen Erdorbit aussetzen wäre das chemische Antriebsmodul größer und würde erst mit einigen Zünden einen elliptischen Erdorbit anstreben, bevor die Erde endgültig verlasen wird). Die Nutzlast ist dann eher kleiner als bei einer Ariane 5 Sekundärnutzlast. Nimmt man dann rund die 4 fache Summe für die Sonde an, so kommt man auf 50 Millionen Euro, dazu vielleicht weitere 10 Millionen Euro für die Missionsdurchführung. Dann kostet die Mission rund 60 Millionen Euro – nicht billig, aber preisgünstig, zumindest für eine Mission ins äußere Sonnensystem. Mehr noch: Gibt es die Sonde einmal, so könnte man eine Nachfolgesonde mit weiteren Experimenten starten.
Etwas günstiger sieht es bei Missionen zur Venus oder Mars (Mond liegt etwas günstiger), hier sind rund 196 kg noch übrig, wenn ein Orbit erreicht wird.