Bernd Leitenbergers Blog

Mythos fast gescheiterte Mondlandung.

Gestern Abend kam die Mondlandung wieder in Quarks & Co und gerade bin ich auch beim Lesen des Abschnitts über Apollo 11 in der Neil Armstrong Biographie “ First Man„, das nun wegen der verfügbaren NASA Protokolle weitaus ausführlicher ist als das was der Autor bisher über das Leben als Astronaut und das Training brachte. In meiner Antwort auf Michels Kommentar bin ich ja schon auf die 1201 und 1202 Alarme des Bordcomputers beim Abstieg eingegangen. Heute will ich mal einen zweiten Mythos abklopfen, nämlich den das Apollo 11 mit dem letzten Sprit gelandet ist. Auch gestern habe ich wieder gehört, dass es nur noch für 20 Sekunden Treibstoff sind. Andere Zeiten die ich mal gehört habe sind 10 Sekunden (selten) und 30 Sekunden (häufiger). Doch was sagt das überhaupt aus? Wie kann man das in den Kontext der anderen Missionen einordnen (war es vielleicht normal mit so wenig Treibstoff zu landen? Schließlich ist jeder Liter Treibstoff der nach der Landung übrig bleibt überflüssiges Gewicht, das besser in Ausrüstung investiert wäre).

Also die historischen Tatsachen. Nachdem in Simulationen die Astronauten zu viel Treibstoff verbrauchten wenn sie manuell landeten, wurde diese weitestgehend durch den Bordcomputer gesteuert. In einer ersten Phase bremste er alleine ab und die Besatzung überwachte ihn. Die erste Eingriffsmöglichkeit gab es als schon 90 % der Geschwindigkeit abgebaut waren und sie einen Punkt mit der Bezeichnung „High Gate“ passierten. Dieser Punkt wurde missionsspezifisch festgelegt und lag bei Apollo mit 2400 m am höchsten, was am meisten Kurskorrekturen ermöglichte, aber auch einen höheren Treibstoffverbrauch bedeutete. Nun konnte der Kommandant mit dem Joystick indem er Markierungen am Fenster mit Ausgaben des Bordcomputers verglich den Landepunkt in Längsrichtung verschieben, also den Weg dorthin verkürzen oder verlängern. Erst kurz vor der Landung im Low-Gate in rund 150 m Höhe konnte er selbst steuern, wobei der Bordcomputer das Vehikel stabilisierte. Alles wovon wir reden spielt sich in dieser Phase ab. Nominell hatte die Besatzung 10 % des Treibstoffs für das Manövrieren. das klingt nach wenig. Doch zum einen musste sie keine Geschwindigkeit mehr abbauen, und dafür brauchte man den größten Teil des Treibstoffs, denn das waren rund 1700 m/s die „vernichtet“ werden mussten. Zum anderen war der Treibstoff fast verbraucht und so das LM nur noch halb so schwer sodass die 10 % etwa 20 % bei vollen Tanks entsprachen. Das Triebwerk zündete bei 102:33:45. /HH:MM:SS) Das High Gate in dem der Computer von Programm P63 in P64 übergeht wurde bei 102:41:32 erreicht, Low-Gate mit dem Übergang in Programm P66 bei 102:43:22 und die Landung erfolgte bei 102:45:40.

Das Antriebssystem des Mondlanders bestand bei der Landung aus einem Abstiegstriebwerk ( Lunar Module Decent Engine) und Ergänzung aus vier Bündeln mit je vier RCS-Triebwerken (RCS: Reaction Control System). Dieses ist vor allem für Drehungen, Neigungen der Fähre zuständig, stabilisiert diese aber auch, denn der Schwerpunkt verschiebt sich durch den Treibstoffverbrauch dauernd. Das Haupttriebwerk folgt einem festlegten Profil (siehe Grafik). Mit dem Steuerknüppel betätigte Armstrong diese Düsen, das zeigen auch Diagramme in den Missionsreporten. Vor der Landung steigt der Verbrauch an RCS-Treibstoff stark an. Wenn die Düsen des RCS gezündet werden die Richtung Mondoberfläche zeigen, dann addieren sie aber Schub zu den rund 10 kN Schub des Haupttriebwerks kurz vor der Landung. Das können bei allen vier Düsen maximal 1,8 kN mehr sein. Damit verringert er auch die Sinkrate.

Der Bordcomputer steuerte das LM zum vorgesehenen Landegebiet – zumindest auf Basis der Navigationsdaten die er hatte. (Mike Collins konnte Apollo 11 nicht aus dem Orbit ausmachen, was für eine deutliche Abweichung vom vorgesehenen Flugpfad spricht). Dieser Kurs führt direkt in einen großen Krater. In 500 Fuß (150 m) Höhe übernahm Armstrong die manuelle Steuerung. Das war bei 4:06:43:15 Missionszeit.

Er überflog den Krater und wollte dahinter landen. Bei 4:06:44:00 fragt Armstrong nach dem Treibstoff und bekommt von Aldrin die Rückantwort „Acht Prozent“. Doch hinter dem Krater angekommen, nun in 200 Fuß Höhe ah er einen weiteren Krater und danach noch einen. Er hob die Fähre erneut auf 270 Fuß an, auch weil unterhalb von 100 Fuß höhe Staub aufgewirbelt wurde und die Sicht schlechter wurde. Als die Eagle nun erneut auf 160 Fuß angekommen war (inzwischen ein Geröllfeld überfliegend) kam die erste Warnung nun in Mission Control. Dort Bob Carlton, Systems Control engineer signalisierte, das der Treibstoff „Low Level“ erreicht hatte. Ab diesem Punkt sst der Treibstoff nicht mehr präzise messbar, da der Boden stark kurvenförmig ist und sich die Mondfähre auch neigt.

Bei 100 Fuß Höhe signalisierte Aldrin bei 4:06:44:45 „Quantity Light“. Das Licht ging schon an bei 44:31 und startete in Mission Control einen „Bingo Countdown“. Nun waren die Treibstoffmengen auch nicht mehr in der Eagle bestimmbar. Sie lagen nun aber unterhalb von 5.6 %. basierend auf den Verbrauchswerten zählte man nun in Mission Control 94 Sekunden lang herunter, bevor der Treibstoffverbrauch kritisch wurde. Nach dieser Frist hat die Besatzung noch 20 Sekunden Zeit zu Landen. Die Missionsregeln sahen vor, dass dies bei unter 50 Fuß Höhe in 20 Sekunden möglich ist und über 100 Fuß muss abgebrochen werden. Dazwischen liegt es im Ermessen der Besatzung wobei die meisten Besatzungen zwischen 50 und 70 Fuß in dem Training noch sicher landeten.

Bei 4:06:45:02 gibt Capcom Charlie Duke die erste Meldung über Bingo durch „60 seconds“. Zu diesem Zeitpunkt ist die Eagle in 60 Fuß Höhe und sinkt mit 2 Fuß pro Sekunde. Als die nächste Warnung kommt („30 Seconds“ bei 4:06:45:31 ist die Eagle schon in 20 Fuß Höhe und sinkt mit 0.5 Fuß/Sekunde. Bei 4:06:45:40 signalisiert „drin „Contact Light“ – das Bedeutet eines der Landebeine hat aufgesetzt. Damit ist die Eagle gelandet auch wenn das Triebwerk noch weiter arbeitet. Selbst wenn nun der Treibstoff ausgehen würde, wäre es egal. Armstrong hat dann noch einige Probleme das Triebwerk abzustellen und so ist es erst 4 Sekunden später ausgeschaltet.

Dies sind nun die Daten. Nimmt man die zusätzlichen 20 Sekunden nach „Bingo“, so hatte die Eagle noch 41 Sekunden nach dem Kontaktlicht und 37 Sekunden nach dem Abschalten Treibstoff. Die Analyse der Daten nach dem Flug zeigte, dass die Eagle noch 770 Pfund Treibstoff hatte – genug für 50 weitere Sekunden Flug bei der Sinkrate. Es war knapp, denn jede andere Mission hinterließ mindestens 500 Pfund mehr Treibstoff, aber es war nicht kritisch. 50 Sekunden sind eine lange Zeit und auch wenn in der Schlussphase die Eagle wenig Treibstoff braucht Die Gesamtzuladung betrug 18.000 Pfund, Treibstoff also verblieben noch rund 4.2 % des Treibstoffs (inklusive nicht nutzbarer Reste). Das klingt nach wenig, man sollte aber bedenken, dass von den maximal 2470 m/s um die die Geschwindigkeit geändert werden kann (Maximal, weil die zusätzliche Ausrüstung bei den folgenden Landungen dies sukzessive reduzierten) alleine 1700 m/s benötigt wird um die Oribtalgeschwindigkeit abzubauen. Dazu kommen noch Gravitations- und Lenkungsverluste. Selbst unter optimistischen Zuständen stehen der Besatzung also nur ein kleiner Bruchteil der Treibstoffvorräte zur Verfügung. Bei einer nominellen Landung hätte die Decent Stage rund 12 Minuten gebrannt. Bei Apollo 11 brannte sie (nach einem Start bei 4:06:33:11) genau 12 Minuten 29 Sekunden, also 29 Sekunden mehr als geplant – so gesehen sind die rund 50 Sekunden Resttreibstoff verglichen mit den rund 29 Sekunden die der Abstieg brauchte ein recht komfortables Polster. Dafür spricht auch der offizielle Postflight Report. Er weist auf S. 43 698 Pfund = 316 kg nutzbaren Resttreibstoff aus, entsprechend einer Brennzeit von 43 s. Das in den Medien immer von rund 20 s (ich sah Angaben zwischen 17 und 23 s) kommen liegt daran, dass man vergessen hat das nach dem Bingo Call es noch 20 s Treibstoff gibt. Der Bingo Call heißt nicht „nun abbrechen“ sondern „wenn die Fähre jetzt in über 30 m Höhe ist, muss abgebrochen werden.“ Ist sie unter 15 m Höhe kann man sicher landen. Dazwischen war es im Ermessen des Kommandanten. Später erklärte Neil Armstrong, das er meinte das wenn die Fähre aus 12 m Höhe fällt sie durch die geringe Mondgravitation nur mit 17,5 km/h auftrifft und das sollte die Fähre aushalten. Wenn man im Apollo Surface Journal aber nachschaut kommt die Höhenangabe dazu „40 feet2 von Aldrin schon bei dem 60 s Call von Charlie Duke.

Was gab es sonst noch? In der angesprochenen Quarks & Co Sendungen spielte natürlich auch Wieder der Moon-Hoax eine Rolle. Es wurde in zwei Beiträgen zum einen die üblichen Argumente der Verschwörungstheoretiker entkräftet und zum zweiten Beweise vorgelegt, dass man doch auf dem Mond war. Ich weiß nicht ob das der richtige Weg ist. Zum einen sind die hartnäckigen Verfechter Überzeugungstäter. Denen geht es nicht um Tatsachen sondern sie hängen einer verrückten Verschwörungstheorie. an. Ich meine, was muss in dem Kopf eines Menschen vorgehen, der allen Ernstes glaubt, dass man 25 Milliarden Dollar für die Mondlandung ausgibt, rund 8 Jahre lang daran arbeitet und bis zu 400.000 Leute damit beschäftigt um dann, wenn es ansteht alles im Filmstudio zu drehen? Das sind die gleichen Leute die glauben das es keinen Holocaust gibt. Dann gibt es noch die zahlreichen Anhänger, die diese Theorie irgendwie abgespaced finden. Wer so etwas glaubt und auf so plumpe Falschaussagen wie bei die Tatsache dass es keine Sterne auf den Aufnahmen gibt reinfällt, bei dem muss das allgemeine Bildungsniveau so niedrig sein, dass er sicher auch daran glaubt das die Kinder vom Klapperstorch gebracht werden. Es macht keinen Sinn Leuten die keinen Verstand haben etwas zu erklären, weil jede Erklärung ja viel komplizierter ist als die ausgedachten Lügen.

Heute kann man sich live davon überzeugen. Der komplette Abstieg mit dem Bildern der 16 mm Kamera am Fenster und den Kommentaren von Mission Control auch als Subtitel kann man online sehen. Man sieht dass Armstrong da in niedriger Höhe lange herumflog und dann sich bei der Landung trotzdem noch Zeit lies.

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