Die ewige Diskussion über „man rated“
Wie ich einem Artikel über das Constellation Programm entnehme gibt es derzeit massive Vorschläge von Boeing und Lockheed ihre eigene Vorschläge für die Alternative zu Ares präsentierten. Sei sollen erheblich preiswerter als die Ares I werden – zwischen 3 und 6 Milliarden für die Delta IV Heavy. Die Ares I selbst ist mit einem Preisschild von 14.1-16.6 Milliarden Dollar versehen. Dabei entfallen die Hauptkosten bei diesen Alternativen auch auf das „man rated“ machen der Träger.
Die Frage ist: Ist dieser aufwand nötig? Machen wir einen Abstecher in die Geschichte: Die Atlas und Titan waren weitgehend unveränderte Serienexemplare. Sie waren niemals für bemannte Einsätze ausgelegt. Die Saturn dagegen schon eher. Dei Sicherheit bekam die Rakete aber durch zwei Aspekte: Rigorose Qualitätssicherung und Redundanz. Die Saturn 1B war nicht so „verlässlich“ eingestuft: Bei Skylab betrug sie nur 0.88 über die ganze Mission. Wichtig war es einen Fehler rechtzeitig zu erkennen und darauf zu reagieren. Dafür gab es das Designziel von 0.9973.
Die Auslegung findet man auch bei vielen anderen „alten“ Trägerraketen: Wenn ein Fehler rechtzeitig bekannt ist kann die Besatzung mit dem Rettungsturm (frühe Phase) oder durch Zünden des eigenen Antriebs (spätere Phase) sich von der Rakete trennen bevor die Anomalie zur Katastrophe wird. Dies war die Designphilosophie bei allen Missionen auf Trägerraketen und bei den Russen musste auch mindestens zweimal der Fluchtturm bzw. die Abtrennung der Sojus durchgeführt werden.
Heute habe ich das Gefühl ist bei der NASA eine andere Philosophie am Werke: Nur überhaupt keine Risiken eingehen, koste es was es wolle. Daher wird die Ares so teuer und daher dauert es so lange. Dabei sind die Atlas und Delta an sich nicht unzuverlässig. Beide träger haben keinen gravierenden Fehlstart gehabt (Abweichungen in der Performance, aber nichts was die Besatzung hätte gefährden können) – und was ich der NASA besonders vorwerfe: Wenn mir die Sicherheit so am Herzen liegt, dann sollte ich keine Astronauten mit einer Sojus starten lasen, die eine Sicherheit von rund 97.5 % hat und ich für meine Missionen eine von 0.995 anstrebe.
Es ist aber auch symptomatisch, dass die Umrüstung der Delta und Atlas dann plötzlich auch so teuer ist – zwar immer noch billiger als die Ares aber immer noch Milliarden von Dollar kostend. Die Frage: Muss man für das letzte Quäntchen Sicherheit so viel Geld ausgeben?
Meiner Meinung nach nicht. Wenn ich die letzten Jahre passieren lasse dann kann ich mich an keinen Vorfall erinnern, bei dem man nicht die Gelegenheit hatte die Besatzung in Sicherheit zu bringen. Selbst bei der Explosion der Ariane 5 beim Jungfernflug 1996 war dies so. Die Rakete wurde gesprengt, als Brüche in der Struktur nach einer radikalen Kurskorrektur auftraten. Da gibt es zwei Ansatzpunkte. Zum einen kann man anstatt dem Selbstzerstörungssystem auszulösen auch die Kapsel abtrennen. (die auch robuster ist und nicht sofort Brüche bei starken aerodynamischen Kräften bekommt). Das zweite ist, dass die plötzlich durch einen Softwarefehler auftretende Veränderung der Position ein Fehler ist, denn ein Überwachungssystem entdecken kann – Positionen verändern sich stetig, aber nicht sprunghaft und schon an dieser stelle – vor der Kursänderung welcher zur Sprengung führte – könnte man die Kapsel absprengen.
Es gibt heute Möglichkeiten Triebwerke zu überwachen und rechtzeitig zu reagieren. Das ist auf jeden Fall bei Flüssigkeitstriebwerken wie bei der Delta IV Heavy möglich. Mit Einschränkungen auch bei Feststofftriebwrken. Wenn ich diese Möglichkeit habe, dann benötige ich aber keine absolute Sicherheit, die extrem teuer ist.
Das Problem bei der NASA ist die Öffentlichkeit: Passiert wirklich etwas so ist das öffentliche Echo so groß, dass es massive folgen für die NASA hat. So war es 1986, so war es 2003. Doch beide Unfälle passierten mit einem System bei dem es nicht die Möglichkeit gab die Astronauten schnell in Sicherheit zu bringen und das nicht inhärent sicher war – eine kegelförmige Kapsel z.B. dreht sich beim Wiedereintritt so, dass der Hitzeschutzschild nach unten zeigt, eine kugelförmige Kapsel wie bei der Sojus kann einfach an der ganzen Oberfläche mit einem Hitzeschutzschild versehen werden und ist sicher. So klappten auch einige unplanmäßige russische Landungen wie bei einem Woschod, als sich der Bus nicht richtig trennte und erst beim Erhitzen der Kabelverbindungen beim Wiedereintritt diese endgültig rissen.
Orion wird solche inhärente Sicherheit haben. Das sollte genug sein, vor allem wenn man wegen dem Ausmustern der Shuttle im Zeitdruck ist.
Russland ging andere weg
anstatt ihre R-7 mit viel Geld 100% sicher zumachen.
bauten sie für die Sojus Kapsel mit perfekten Rettungssystem:
Sistema Avariynogo Spaseniya oder SAS es funktionierte bis jetzt 100%
Am 26 September 1983 bei Sojuz T-10-1 Mission, explodierte die R-7 auf der Startrampe
SAS zog die Kapsel mit Kosmonauten in Sicherheit (bei 15 g )
http://de.wikipedia.org/wiki/Sojus_T-10-1
ein andern fall war Soyuz 18a
Am 5. April 1975 starte die R-7 bis T+288,6 Sekunden planmäßig
doch bei Trennung 2 und 3 stufe versagt die hälfte der Sprengbolzen
und 3 stufe flog mit der Zweite dran Richtung Erdboden !
SAS bemerkte Kursänderung und Absturz und zündete
die Kosmonauten überlebten die Landung.
das erstaunliche an SAS ist, es verwendet Analog Schaltkreise !
Primitiv aber wirkungsvoll
den die Chinesen übernahmen SAS für Shenzhou
noch was über Anpassung von ICBM zur Astronauten Rakete
für Gemini Programm musste Titan II angepasst werden für Menschen
der Entschluss war November 1961 und erster bemannter Start für beginn 1963 geplant
doch die Titan II zeigte bei Test so schwere Vibration
das die Gefahr bestand das die Astronauten zu Tode geschüttelt werden
zusätzlich zu Vibration Absorber wurden eingebaut
das Malfunction Detection System (Fehler Kontolle)
ein Backup des Autopiloten
Radio Fernsteuerung zusätzlich zu Autopilot 1 & 2
Hydraulik Systeme angepasst
2 stufe umgebaut für Gemini Raumschiff.
das verzögerte das Programm bis April 1964
mit Mehrkosten von 244 Million (heutige ) US Dollar
und nutze es was ?
Gemini 6 Start melde MDS einen Fehler und schalte ab
bei der Untersuchung entdeckte man die Ursache
ein schlecht befestigtes Kabel vom Startturm zur Rakete
und entdeckte eine Staubschutzhaube auf einem der Triebwerke Ventile
letzter hatte nach Start zu eine Katastrophe geführt
Wie ich bereits sagte: Ein Fluchtturm bietet meiner Ansicht nach genügend Sicherheit. Auch die US Systeme hatten Zero-Zero Fähigkeit, konnten also bei einer Geschwindigkeit von 0 und 0 m Höhe noch die Kapsel in Sciherheit bringen (Explosion auf der Startrampe).
Die Ausführung zur Gemini ist nicht ganz korrekt: Die NASA leistete bei der Entwicklung der Titan II Schützenhilfe zur Reduktion des POGO, dem die USAF nicht so viel Bedeutung zumaß. Die Fehler bei Testflügen nahmen dann gravierend ab.
Die Titan im Gemini Programm waren aber normale Serienexemplare mit dem MDS, aber eben nicht spzielle Versionen mit zusätzlichen Sicherheitseinrichtungen oder sicherer als die anderen Exemplare. Nur ein Versagen konnte schneller erkannt werden.
Das MDS hat übrigens nicht versagt: Es sollte ja nur eine Auffälligkeit melden (soweit ich weiß löste es auch nicht aus, nur die Startuhr lief). Die Kontrolle hatten immer die Astronauten. Da war seine Funktion, nicht mehr.
Die genannten Kosten entfallen übrigens nicht für die Gemini Entwicklung, sondern auch die Fertigung von 12 Exemplaren. Die reinen Entwicklungsaufwendungen waren erheblich geringer.
Ist es nicht bereits etwas spät immernoch über eine Alternative zur Ares 1 nachzudenken? Ich dachte sie soll noch dieses Jahr zum ersten Testflug abheben… Da sollte Boeing vielleicht lieber ein paar Ingenieure mehr in das 787-Projekt übersiedeln, die sollte schliesslich schon vor 2 Jahren abgehoben sein.
zum Kommentar von „der K“:
Der Erststart der Ares I ist mittlerweile auf NET September (NET = „no earlier than“) verschoben worden. Da die Augustine-Kommission ihren Report bis im August dem Präsidenten wird vorgelegt haben müssen und da in diesem Report wahrscheinlich drinstehen wird, dass die Ares I KEINE SINNVOLLE Entwicklung darstellt, wär’s das dann in Sachen Ares I wahrscheinlich schon gewesen.
Falls sie dann doch noch abhebt, wird es so sein, dass das fünfte Feststoffbooster-Segment, die Oberstufe und das Orion-Raumschiff nur Attrappen sein werden (==> keine Komponenten von Boeing an Bord, nur solche von ATK).
zum Artikel von Bernd:
Angenommen, in der NASA widersetzt sich einer dem „Aengstlichkeits-Trend“: Wird er dann belohnt dafür ? Nach einem halben Jahrhundert NASA sind die mutigen Personen aus dieser Organisation ausgeschieden, und die Duckmäuse sind übrig geblieben. Das hat etwas mit den Lebenszyklen von Kollektiven (z.B. staatliche Agenturen, Firmen usw.) zu tun.
Um Thomas zu präzisieren:
Der erste Ares I Test (Ares I-x) ist derzeit für den 18.9.2009 vorgesehen. Das ist kein Test einer ganzen Rakete die aus einem 5-Segment SRB und einer Oberstufe mit dem J-2X Triebwerk besteht. Es handelt sich nur um einen 4 Segment SRB (aus dem Shuttle Programm, ohne Oberstufe – das ganze repräsentiert nicht mal die erste Stufe in Flugkonfiguration. Diese Rückkehr zum inkrementellen Testen nach mehr als 40 Jahren ist ungewöhnlich, so dass natürlich jeder meint eine flugfähige Ares I zu haben. Doch die steht nicht vor 2014 zur Verfügung. Trotzdem kostet dieser Testflug eines Shuttle boosters mindestens 350 Millionen Dollar (zumindest war er vor 2 Jahren noch so teuer).
Ich frage mich angesichts dieses Entwicklungstempos und des Preisschildes bei der Entwicklung wie teuer wohl ein bemannter ATV würde….
http://www.nasawatch.com/archives/2009/07/ares_doubts_con.html
Bei der Ares I scheint es echte Design-Probleme zu geben die einen Einsatz des Fluchtturms zwischen 30 und 60 Sek unmöglich machen sollen.
Bin mal gespannt wie die NASA darauf reagiert
MfG
MAx
Langsam wird das Spiel mit der Ares I echt lustig. Die Russen fliegen mit der „uralten“ Sojus (oder Soyuz) seit Jahrzehnten erfolgreich Astronauten in den Orbit. Warum können die Amis nicht ihrerseits einen alten Träger reaktivieren, insbesondere die Saturn IB?
Stattdessen das Gestoppel mit der Ares I: Original-Feststoffbooster vom Shuttle, aber dann doch nicht ganz original, weil verlängert. Ebenso eine Art Original-Tank, als ob dieser noch nicht genug Schaumstoffteile verloren hätte. Die Folge der komischen Design-Entscheidungen: Probleme mit dem Schwerpunkt, Probleme mit Schwingungen des dünnen fraglien Sytems, Probleme mit Crashs zwischen erster und zweiter Stufe, wenn die zweite nicht schnell genug zündet, Probleme hier und Probleme da.
Kai