Wie genau navigieren Computer?
Eine der Entwicklungen zwischen Mercury und Apollo, ist die zunehmende Bedeutung von Computern. Bei Mercury spielten Sie eine gewisse Rolle am Boden. Doch die Missionen waren so kurz, dass sie vorwiegend zur Datenaufbereitung dienten, wobei auch hier das meiste noch analog geschah. In der Kapsel selbst gab es analoge Schaltkreise. Der Pilot selbst konnte jedoch nicht viel machen. Im wesentlichen konnte er die Steuerdüsen direkt steuern, wobei es aber auch noch ein automatisches System gab, dass im Zweifelsfall von der Bodenkontrolle ausgelöst werden konnte. Trotzdem gab es einige Konfusion, als Carpenter sehr viel Treibstoff bei Manövern verbrauchte, welche die Bodenkontrolle als „überflüssig“ ansah.
Bei Mercury hatten die Astronauten noch wenig Einfluss auf das Design der Kapsel. Da die Rekrutierung der Astronauten erst nach dem Programmbeginn erfolgte. Sie konnten immerhin einiges durchsetzen, denn ursprünglich sollte die Kapsel keine Fenster haben und die Astronauten sollten nicht selbst steuern können. Trotzdem sprachen die Mercury Astronauten von sich als „Passagiere“.
Bei Gemini hatten die Piloten eine viel wichtigere Rolle. Sie waren wirklich „Herr ihres Raumschiffs“ und steuerten alle Manöver selbst nach Abtrennung von der Titan. Doch es zeigte sich auch, dass Pilotenfähigkeiten hier nichts nützten – Die Bewegung im Orbit gehorcht anderen Gesetzmäßigkeiten als der Flug auf der Erde. Bei den frühen Missionen war der Treibstoffverbrauch zu hoch und es mussten Kopplungsmanöver oder Orbitänderungen gestrichen werden, weil die Vorräte knapp wurden. Doch Gemini hatte auch den ersten Bordcomputer an Bord. Seine Kapazität und Rechenleistung war noch begrenzt, doch er entpuppte sich als wertvolle Ergänzung. Sieben Programme standen zur Verfügung und eines davon lieferte die Vektordaten für die Kopplungsmanöver und überwachte die Steuerung durch die Astronauten, die nun nur noch die Anzeige auf dem Display „Nullen“ mussten. Später kam zu dem Bordcomputer mit seinem begrenzten Speicher noch ein Bandlaufwerk hinzu, das weitere Programme aufnehmen konnte. Der erste Einsatz dessen war bei Gemini 8. Dort bewährte es sich gleich bei der Notlandung.
Der Einsatz von Computern war ein wichtiger Punkt bei Gemini. Im Laufe der Mission sollte er immer mehr Aufgaben durchführen. Die letzten Missionen setzten den Computer z.B. zur Steuerung der Landung ein und er steuerte die Kapseln genauso präzise wie die Astronauten ins Zielgebiet. Eine Lehre von Gemini war, dass der Computer die Besatzung bei Routinetätigkeiten entlasten konnte und die Steuerung durch den Computern nicht denen von Menschen unterlegen ist.
Apollo versuchte einen Ausweg aus einem Dualismus zu finden: Zum einen war der Computer integraler Bestandteil der Mission. Ohne den Computer (in identischer Ausführung, aber unterschiedlichen Programmen in der Kommandokapsel und dem Mondlander) wäre die Mission nicht möglich gewesen. Auf der einen Seite gab es die Möglichkeit die Mission voll durch den Computer fliegen zu lassen, die auch anfangs vorgeschlagen wurde. Auf der anderen Seite sollten die Astronauten so viel Verantwortlichkeit wie möglich haben. Das hätte aber eine enorme Arbeitslast bedeutet. Es gab einen Kompromiss: Die Astronauten konnten in jeder Phase selbst steuern. Deiser manuellen Modi wurden allerdings nie genutzt, stattdessen beim Abstieg oft die semiautomatischen Modi, bei denen die Astronauten z.B. die Vorwärtsbewegung des Mondlanders übernahmen, die Sinkgeschwindigkeit aber vom Computer gesteuert wurde, oder sie beides kontrollierten, die räumliche Lage aber durch den Computer beibehalten wurde und er die Lageregelungsdüsen steuerte.
Beim Kommandomodul erfolgten alle Kurskorrekturen nach den Gesetzen der Orbitalmechanik und wurden vollständig durch den Computer gesteuert. Die Rolle der Astronauten hatte aber noch einen weiteren Aspekt: Obwohl technisch möglich, übermittelte die Bodenkontrolle keinerlei Daten direkt in den Computerspeicher. Alle Navigationsdaten wurden den Astronauten mündlich übermittelt, diese schreiben sie auf, lasen sie laut vor und tippten sie dann ein. Das führte dazu, dass bei Apollo 13, als Notfall Prozeduren fällig waren, sehr schnell das Papier im Raumfahrzeug zu Ende ging.
Eine Kontroverse war, ob die Mondmission nicht völlig automatisch geflogen werden konnte. Die Astronauten hatten zwar interne Navigation auf Basis von Gyroskopen und konnten zusätzlich mittels eines Sextanten, gekoppelt an ein Teleskop Fixpunkte anvisieren und anhand derer navigieren (und die Gyroskope, die einen Drift hatten, neu eichen), aber während das Apollo Programm fortschritt, führte man am Boden die Methode der Dopplersignalvermessung ein und Ende der 60 er Jahre war es schon möglich die Position eines Raumschiffs damit von der Erde aus wenige 10 m genau zu bestimmen und die Geschwindigkeit auf unter 1 m/s. So gab es auch Vorschläge, die Mondlandung unbemannt durchzuführen – ohne Astronauten, so wie auch die Apollo Kapsel unbemannt getestet wurde. Es hätte Sicherheit gegeben und Fehler aufzeigen können. (Die unbemannte Landung hätte natürlich nicht die bemannte ersetzt, sondern wäre dieser als Erprobung vorrausgegangen). Das Hauptargument dagegen, dass seit Apollo 1 in der Luft schwebte, war dass ein Scheitern einer solchen unbemannten Landung zu einem Einbruch bei der Unterstützung des Programms im Kongress und damit zum Streichen von Flügen führen könnte oder es weitere teure Verzögerungen für Nachbesserungen geben könnte.
Apollo 11 schien zu beweisen, dass der Mensch die Landung durchführen muss. Apollo 11 kam um mehr als 6 km vom Kurs ab, wobei sich dies schon in der ersten Phase des Abstiegs zeigte, als Armstrong bemerkte, das charakteristische Landmarken zu früh passiert wurden. Dadurch kam Armstring auch erst in die Bredouille, dass er in einem Gebiet niederkam, dass mit Steinen übersät war – es war nicht der primäre Landeplatz.
Die Ursache war unklar, doch es wurde ausgeschlossen, dass der Bordcomputer falsch gesteuert hatte, weil dei Landmarken schon beim Beginn falsch kamen. Vielmehr musste schon die Ausgangsposition falsch sein. Es gab zwei Möglichkeiten: Zum einen konnte Luft im Tunnel, die beim Abtrennen des LM entwich diesem einen „Schubs“ gegeben haben, zum anderen konnte die Drehung des LM zur Inspektion eine zusätzliche Geschwindigkeitskomponente verursacht haben. Dazu kamen die Massekonzentrationen unter der Mondoberfläche von denen man damals nur sehr wenig wusste.
Bei Apollo 12 veränderte man daher zum einen die Abtrennungsprozedur (Das CSM zündete nach der Trennung seine Steuerdüsen um sich zu entfernen und nicht das LM und es gab keine Drehung des LM mehr). Zum anderen gab es zwei Softwareänderungen: Die Crew konnte mit dem Wort 69 die Vektorkoordinaten nach dem Abtrennen aktualisieren und während des Abstiegs die Position durch Kalbration mit einem Stern neu justieren.
Apollo 12 sollte eine Punktlandung nahe Surveyor durchführen. Vor dem Abstieg bekam die Besatzung einen neuen Satz von Vektordaten die sie mit dem neuen Wort 69 eingab und beim Abstieg passierte sie so auch die Markierungspunkte zur richtigen Zeit und im richtigen Winkel. Alles verlief gut bis in 700 Fuß Höhe Conrad die Kontrolle übernahm, weil er einen Krater in dem Surveyor 3 gelandet war, nicht überfliegen wollte. Er kam dann zu steil herab und wurde von Staub irritiert. Dadurch war die Landung am Schluss zu steil und mit zu hohem Schub. Bei der Analyse nach dem Flug gab es daher trotz der „Punktlandung“ auch ein wenig Kritik. Zum einen daran, dass Conrad sich am Schluss nicht auf die Anzeige der Instrumente verließ, als er beim Sehen nach draußen nichts mehr erkennen konnte und zum anderen, weil er Treibstoff hätte sparen können, wenn er zwar den Kurs verändert, das Sinken aber dem Computer überlassen hätte.
Das wichtigste ist aber die Auswertung der Bahn. Sie zeigte, dass wenn Conrad gar nichts gemacht hätte, dann wäre Apollo 12 etwa 600 Fuß nordwestlich von Surveyor 3 gelandet. Dei aktuelle Landeposition von Conrad war südwestlich, 535 Fuß von Surveyor 3 entfernt – Die Übernahme der manuellen Steuerung hatte also keinen Einfluss auf die Genauigkeit der Landung.
Was bleibt ist natürlich die Unsicherheit über die Oberfläche. Die besten Aufnahmen der Landegebiete hatten damals eine Auflösung von etwa 3 m. Das ist nicht besonders hoch auflösend ein 3 m großer Krater ist so groß wie das LM und kann dieses in eine gefährliche Schräglage bringen. Heute wäre es ein leichtes höher aufgelöste Aufnahmen zu erhalten bis in einen Bereich von wenigen Zentimetern. Das Risiko für die Landungen lag in der Tat nicht darin, dass eine Landung völlig automatisch und genau möglich gewesen wäre, als vielmehr in der Unkenntnis der Feinstruktur des Landeortes. Durchgeführt wurde dies alles mit einem Computer, der zwar nur mit 1 MHz Taktrate arbeitete und nur 74 KByte Arbeitsspeicher hatte, aber extrem zuverlässig war und für seine Aufgabe speziell entwickelt und gebaut.