Bernd Leitenbergers Blog

Ab zu Phobos und Deimos

Etwas verspätet nun der Teil 3 des Alternativmodells zum 1.5 Milliarden Euro Vorschlag des deutschen Mars- und Mondprogramms, derzeit vorliegt. Wie beim Mond und Venus soll Hauptzweck sein, bestehende Hardware zu nutzen und die Forschung sinnvoll zu ergänzen.

Beim Mars fällt mir da sehr wenig ein. Sieht man sich die instrumentelle Ausrüstung von MRO und dem MSL an, dann ist es schwer diese zu ergänzen. Vor allem wenn man sieht, welche Möglichkeiten der Datenübertragung der MRO hat. Aber es gibt beim Mars auch noch „weiße Flecken“ auf der Landkarte: Die beiden Marsmonde Phobos und Deimos. Sie sind recht klein, Phobos als der Größere hat einen maximalen Durchmesser von gerade mal 27 km. Aber sie haben andere Vorteile: Es sind eingefangene Asteroiden und viel leichter erreichbar als die des Hauptgürtels. Um zu diesen zu gelangen braucht Dawn mehrere Jahre. Am Mars ist man in wenigen Monaten und durch das Gravitationsfeld des Planeten muss auch weniger Energie aufgewendet werden um zu den Monden zu kommen.

Es ist ja seit langem die Phobos-Grunt Mission im Gespräch, die zu Phobos fliegen soll und Bodenproben zurück zur Erde bringen. Ich bin für eine ausführlichere In-Sito Untersuchung – ich sehe keinen Grund von zwei Asteroiden Bodenproben zu nehmen – schließlich fallen jedes Jahr Meteorite mit demselben Ursprung auf die Erde und können untersucht werden. Warum sollten sich Phobos und Deimos von so vielen Steinasteroiden in ihrer chemischen Zusammensetzung unterscheiden?

Stattdessen sollte man einen Lander absetzen, der den Boden direkt untersucht. Einen solchen hat Europa schon entwickelt: Es ist der Philae Lander, der zur Zeit an Bord von Rosetta zum Kometen Churymasov-Geramisenkow unterwegs ist. Er muss natürlich modifiziert werden, schließlich landet er auf Felsen und nicht auf Eis und auch die Instrumente angepasst werden.

Mein prinzipieller Vorschlag:

Dafür werden rund 3700 m/s Geschwindigkeitsänderung fällig. Das ist mit Ionentriebwerken durchaus machbar und wenn man sich dafür 2 Jahre Zeit lässt, sind dies nur rund 5 m/s pro Tag..Während der ganzen Zeit umkreist die Sonde den Mars in unterschiedlicher Entfernung (schwankend zwischen 250 und 70.000 km und kann so hier Forschung durchführen. Interessant sind hier weniger hochauflösende Oberflächenaufnahmen, als vielmehr die Möglichkeit die Umgebung des Mars genauer zu untersuchen (alle amerikanischen Sonden befinden sich in marsnahen Umlaufbahnen) und globale Messungen zu machen wie z.B. Aufnahmen von Staubstürmen, globale Druck- und Temperaturmessungen.

Die Sonde würde beim Start in einen GTO Orbit rund 3.280 kg bei einer Sojus STK 2b wiegen, und am Mars angekommen noch 1.690 kg, davon entfielen rund 230 kg auf das Antriebssystem. Die reine Sonde wöge also noch 1.460 kg. 200 kg macht der Treibstoff für das Ionentriebwerk aus (Xenon). 12 kg auf den Tank, 88 kg auf den Solargenerator und 20 kg auf das Triebwerk und Stromkonverter. Das macht dann noch 1.140 kg für das Raumfahrzeug und zwei Lander (jeweils 100 kg). So verbleiben rund 900 kg für den Orbiter – das erlaubt durchaus einiges an Experimenten mitzuführen.

Eine minimale instrumentelle Ausrüstung, die ich vorschlagen würde wäre:

Das wären mindestens sechs Experimente auf dem Orbiter, weitere wären möglich bei 900 kg Gewicht würden sicherlich rund 150 kg Experimente mitgeführt werden können (Antriebssystem und Solargenerator die ja bei anderen Sonden noch in der Trockenmasse enthalten sind, sind ja schon abgezogen).

Dazu sollte eine Hochgewinnantenne zur Kommunikation mit der Erde und eine Mittelgewinnantenne für den Empfang der Daten der Lander und später von Sonden vom Mars kommen.

Missionsablauf am Mars:

Nach Einschwenken in den Orbit sind die Ionentriebwerke rund um den marsnächsten Punkt aktiv um diesen abzusenken. Das macht rund 50 % der Zeit aus. Die anderen 50 % sind die Experimente aktiv, um vor allem die fernere Umgebung des Mars zu bestimmen (die Ionentriebwerke würden alle Experimente stören welche geladene Teilchen bestimmen). Sobald der marsnächste Punkt bei 6.000 km Höhe angelangt ist, wird die Reihenfolge umgekehrt, nun arbeiten die Ionentriebwerke um diesen anzuheben und rund um den marsnächsten Punkt sind die Experimente aktiv. Schon in dieser Zeit dürfte es einige Vorbeiflüge an Phobos geben, die vor allem für die Fernerkundung genutzt werden. Dann schwenkt die Raumsonde in eine Umlaufbahn ein die ein wenig unterhalb von Phobos ist. Bei 100 km Distanz wird sie z.B. alle 21 Tage den Mond passieren mit einer Geschwindigkeit von 11 m/s. Eine Strecke von 100 km (50 km vor und nach dem nächsten Punkt wird so während zweieinhalb Stunden zurückgelegt, etwa eine halbe Stunde ist die Sonde in der Nähe der Oberfläche während dieser Zeit wird der Mond genauestens untersucht. Danach wird die Distanz verkürzt, was zwar zu einer längeren Passagedauer und höherer Auflösung führt, aber auch die Zeit zwischen zwei Besuchen verlängert. Hier können die Ionentriebwerke helfen: Zwischen einer Bahn die 20 km innerhalb von Phobos und 20 km außerhalb liegt, liegen nur 4,6 m/s Geschwindigkeit, was der Ionenantrieb bei dauerndem Betrieb nach einem halben Tag erbracht hat. So könnte ein Besuch nach einem Tag erneut statt finden. Das Ionentriebwerk erlaubt es genügen Treibstoff mitzuführen um dieses Spiel dutzende Male zu wiederholen. Weiterhin ist dann die Distanz zu Phobos nicht so groß und es ist viel einfacher die Daten des Landers zu empfangen.

Nach einigen Monaten und Dutzender dieser Vorbeiflüge macht sich dann die Sonde zu Deimos auf. Dort wiederholt sich das Spiel. Auch hier finden über Monate hinweg zahlreiche Vorbeiflüge statt und es wird ein Lander abgesetzt der in situ Untersuchungen macht.

Zuletzt hat die Sonde eine Mission als Mars Wettersatellit und Kommunikationsrelais. Aus einem geostationären Orbit heraus kann sie Veränderungen auf einer Hemisphäre recht gut feststellen. Mit dem Mittelgewinnantenne bietet sie für jeden Lander auf einer Hemisphäre einen dauerhaften Funkkontakt, anstatt wie bisher maximal 10 Minuten pro Orbit und nicht bei jedem Orbit (hängt davon ab wie polnah die Landestelle liegt). Benötigt ein Lander dauernden Kontakt wie z.B. das MSL, so kann die Position auch verschoben werden auf die andere Hemisphäre des Mars. Von Vorteil ist auch dass wegen dem Ionentriebwerk ein sehr großer Solargenerator nötig ist (Leistung von rund 5.5 kW). Damit kann ein sehr leistungsfähiger Sender eingebaut werden, der eine hohe Datenrate erlaubt. Damit wäre diese Raumsonde prinzipiell sogar in der Lage Video vom Mars zur Erde zu senden.

Ich sehe in diesem Konzept eine Möglichkeit sinnvolle Forschung zu betrieben ohne exorbitante Kosten: Es ist auch ein Projekt das in europäischer Zusammenarbeit gestaltet werden könnte. Hier einige Anregungen:

Zusammen mit dem schon vorgeschlagenen Mond- und Venusprogramm denke ich sind alle drei Sonden zusammen für unter 1 Milliarden Euro finanzierbar. Über die inzwischen in Europa gang und gäbe gewordene Mentalität von nationalen Alleingängen die sich ja auch in dem deutschen Vorstoß zeigt wird noch zu reden sein.

Die mobile Version verlassen