Bernd Leitenbergers Blog

Sonnensegel und Ionenantriebe

Es ist still geworden um Sonnensegel, während Ionenantriebe inzwischen schon Einzug zur Lageregelung von geostationären Satelliten eingezogen haben. Zeit dem mal auf den Grund zu gehen. Zuerst einmal sehen Sonnensegel oberflächlich viel attraktiver als Ionenantriebe aus – Es wird weder ein kompliziertes Triebwerk benötigt, noch eine Hochspannungsquelle mit beschränkter Lebensdauer (bei Langzeitmissionen setzt man mehrere dieser ein). Zudem werden keine teuren Solarzellen oder gar ein Kernreaktor als Energiequelle benötigt. Stattdessen nur eine leichtgewichtige Folie und ein paar Stangen – schon hat man das Sonnensegel.

Warum setzt man es also nicht ein? Weil der Teufel im Detail liegt. Der Strahlungsdruck durch das Licht ist gering und beträgt maximal 9 N/km² (100 % Reflektion). Die Solarzellen, die den Strom für ein Ionentriebwerk mit 9 N Leistung liefern , belegen dagegen – je nach Triebwerk und Solarzellen – nur 100-200 m², das bedeutet, ein Solarsegel muss die rund 10.000 fache Fläche eines Solargenerators einnehmen. Damit also überhaupt nennenswerter Schub entsteht, muss das Material äußerst leicht sein. Derzeit gibt es zwar Ideen wie dies zu bewerkstelligen ist, verfügbare Segel sind jedoch noch zu schwer. Nicht zu letzt ist das Problem ungelöst, wie man ein richtig großes Segel im Weltraum aufspannt und mit (ebenso leichtgewichtigen) Streben stabilisiert.

Das nächste Problem ist dann das Steuern. Zwar unterscheidet das Segeln im Strahlungsdruck des Lichts (nicht im Sonnenwind!) sich nicht so viel von dem auf dem Meer, es ist möglich quer oder sogar gegen die „Windrichtung“ zu segeln. Doch dazu muss das ganze Segel im Weltraum geschwenkt werden. Dazu benötigt man dann doch Triebwerke. Bei einem älteren Entwurf für eine Kometensonde aus den Achtzigern habe ich da an den Ecken Solarzellen entdeckt, die wohl dort einige Ionentriebwerke zum Schwenken antreiben.

Für mich liegt der Hauptnachteil der Sonnensegel in der Tatsache, dass sie nur in einer Sonnenumlaufbahn betrieben werden können: Man kann sie zwar in einer Erdumlaufbahn aufspannen. Doch so ausgedehnte und leichte Strukturen würden durch die Schwankungen des Erdgravitationsfeldes rasch anfangen sich zu drehen um den energetisch günstigsten Zustand einzunehmen. Dazu kommt noch der Weltraummüll, der das Segel beschädigen kann und das Navigieren mit durchlöcherten Segeln ist enorm schwer. Vor allem muss aber in einer Erdumlaufbahn die Schubrichtung dauernd gewechselt werden, um nicht nach einem halben Umlauf wieder die Bahn abzusenken. Anders als ein Ionentriebwerk kann man den Schub aber nicht einfach abschalten.

Damit kann ich mit einem Solarsegel nur noch innerhalb des Sonnensystems navigieren. Doch wie viele Ziele gibt es da, die dann attraktiv zu erreichen sind? Vor allem ist die Startmasse schon klein, denn es muss mindestens Fluchtgeschwindigkeit erreicht werden (Ionentriebwerke können auch in einer Erdumlaufbahn arbeiten, wie SMART-1 eindrucksvoll zeigte). Ein weiterer Punkt: Im Prinzip kann ich bei einem Ionenantrieb recht leicht die Größe verändern. Die Basiselemente bleiben bleich, ja ich könnte sogar einfach Triebwerke bündeln, anstatt ein größeres zu entwickeln. Damit kann die Technologie im Kleinen bei Satelliten erproben. Bei einem Solarsegel muss selbst für eine kleine instrumentelle Nutzlast nur zum Erproben des Konzepts schon ein recht großes Segel gebaut werden und während man dies noch in einer Lagerhalle auf der Erde zum Test entfalten kann, scheitert das bei einem größeren Exemplar – die Ideen für ganz leicht gewichtige Segel sind auf der Erde gar nicht erprobbar, sie wären zu instabil (Bedampfen von Mylarfolie mit Aluminium, Auflösen der Folie durch Säuren/Lösungsmittel, so dass nur noch die hauchdünne bedampfte Schicht übrig bleibt).

So sehe ich auch für die Zukunft für Sonnensegel schwarz.

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