Am Samstag sah ich eine Diskussionsrunde bei Sandra Maischberger bei dem es auch um das Thema Lebensmittel. Die Runde war recht bunt gemischt mit Udo Pollmer, einer Tante des Bunds der Lebensmittelindustrie, die schlecht vorbereitet war, einer Frau vom Verbraucherschutzverein mit idealistischen Vorstellungen und der Schauspielerin Marion Kracht und den Köchen Tim Mälzer und Christian Rach. Es drehte sich unter anderem auch um den Kennzeichnung von Lebensmitteln und den widersprechenden Meinungen wie „Pro und Contra Ampel“. Das bringt mich auf zwei zentrale Probleme unserer Lebensmittelüberwachung:
- Die Angaben auf Fertigpackungen werden immer komplizierter
- Es gibt zu wenig Kontrolle vor allem bei der Kennzeichnung und Werbung
Fangen wir mal mit dem ersten an. Die Lebensmittelkennzeichnung wurde laufend erweitert und ergänzt. Damit ist aber auch die Informnationsmenge angestiegen. Dazu gibt es noch die Freiweilligen Angaben wie die GDA Kennzeichnung die nun ja noch durch die Ampel ergänzt werden soll. Das ganze informiert dann nicht mehr, es verwirrt. Daher meine Forderung:
Das wichtigste gut lesbar und an prominenter Stelle lesbar präsentieren
- Das Zutatenverzeichnis und die Nährwertkennzeichnung sind zentrale Bestandteile der Kennzeichnung. Sie müssen deutlich lesbar und an prominenter Stelle sein – nicht in einem kleinen Kasten auf einer schmalen Seite
- Wer Nährwerte kennzeichnen will und nicht verpflichtet ist mag dies tun – dann aber nach den Vorgaben der NWKV also alle wichtigen Nährstoffe pro 100 g und nicht pro selbst festgelegter Portion
- Angaben die wertgebend sind (und in Prozenten angegeben werden müssen), müssen auf der Vorderseite deutlich lesbar erscheinen
- Hinweise für Allergiker müssen ebenfalls fett und leicht auffindbar erfolgen.
- Eine Reform der bisherigen Verkehrsbezeichnungen ist notwendig. Warum darf ein Fruchtsaft/Wasser/Zuckergemisch Fruchtnektar heißen? Warum heißt ein aromatisierter Jogurt mit Erdbeerstücken „Erdbeerjogurt“? Es isst Zeit die Bezeichnungen dem tatsächlichen Inhalt anzupassen und ebenso streng bei neuen Bezeichnungen durchzugreifen die etwas besseres suggerieren als drin steckt. („Activjogurt“, „Vitalbrot“….)
Es muss eine professionelle Überwachung geben
- Sie meinen die gäbe es bereits? Schön wäre es. Natürlich haben wir eine gute Lebensmittelüberwachung. Viele Kontrolleure nehmen Proben, inspizieren Betriebe. Chemiker untersuchen sie und machen Gutachten. Aber die großen Firmen laufen an diesem System vorbei. Sie haben eine eigene Rechtsabteilung mit Anwälten. Eigene Labors mit Chemikern die Spezialisten auf dem Gebiet sind, dass für die Firma wesentlich ist. Was passiert bei dem Staat? Ein Lebensmittelchemiker der pro Jahr hunderte von Proben untersucht, soll dagegen antreten, gekoppelt mit einem Staatsanwalt, der beim nächsten Termin vielleicht einen Diebesfahl oder Betrug zur Aufgabe hat?
- Bei bundesweit oder gar europaweit agierenden Firmen ist es nötig, dass es auch eine bundesweit agierende Kontrollbehörde gibt, welche die ganzen Packungen und die Werbung kontrolliert. Besetzt mit Experten die nichts anderes tun, vor allem Juristen (denn es geht um die Kennzeichnung, die Untersuchung soll Aufgabe der Untersuchungsämter sein), unterstützt von Lebensmittelchemikern als fachlichen Beratern. Nur so kann man gegen große Firmen vorgehen. Derzeit beackern dieses Gebiet vor allem die Verbrauchervereine. In den Untersuchungsämtern landen kaum Fertigpackungen großer Hersteller, sonst würden offensichtliche Verstöße wie der Druck des Zutatenverzeichnis auf den Falz, in kleiner goldener Schrift auf Schwarzem Hintergrund wie bei einem Schokoriegel, benannt nach dem Kriegsgott Mars, nicht mehr vorkommen. So sieht die Verpackung aber aus seit ich denken kann. Für die Werbung in TV und Printmedien fühlt sich kein Untersuchungsamt zuständig, obwohl das Gesetz auch für die Werbung gilt. Dieses Feld wird fast nur von den Verbraucherverbänden beackert und deren Mitglieder sind zwar motiviert, aber es fehlt an Sachverstand, soweit ich dies bei vielen geladenen Experten im Fernsehen feststellen konnte. Hier muss der Staat eingreifen und zwar schnell: Wenn ein Wursthersteller nur einige Monate lang einen Spot mit einem Prominenten schaltet, dann dauert es heute viel zu lange bis darüber ein Gericht befindet. Damit kann man höchstens Dauerwerbung verbieten wie dies bei den Fruchtzwergen in Österreich geschah.
Stattdessen wird es eher schlimmer: Die seit Juli geltende Health-Claims-Verordnung der EU ersetzt die nationalen Möglichkeiten. Die waren aber in Deutschland vorher strenger und so wird wieder einmal der Verbraucherschutz unterwandert.