Heute der letzte Beitrag in der einer kleinen Blogreihe über Ernährung. Morgen gibt es dann einen über Computer. Am Sonntag wird dann Thomas den vierten Teil seiner Serie über ein vernünftiges Mondprogramm vorstellen, das dann über meine Urlaubswoche online bleiben wird.
Einleitung
Seit fünfzig Jahren tobt eine Auseinandersetzung zwischen der Milchindustrie und Margarineindustrie. Beide Seiten preisen ihr Produkt als das ernährungsphysiologisch bessere und das andere als das schlechtere. Zeit einmal dies genauer unter die Lupe zu nehmen. Was außen vor bleiben muss, sind Geschmacksvorlieben – der eine mag lieber Butter und der andere lieber Margarine.
Zusammensetzung von Butter und Margarine
Butter ist eine Wasser in Fett Emulsion aus etwa 80-82 % Fett, 0,5-2 % Eiweiß, Mineralstoffe und 14-16 % Wasser. Das Fett der Butter ist ernährungsphysiologisch nicht besonders wertvoll, denn es enthält kaum essentielle Fettsäuren, dafür zahlreiche kurz- und mittelkettige Fettsäuren. (ein kleiner Anteil dieser, in freier Form, ist auch wichtig für das Aroma). Auch enthält es nur geringe Mengen an Vitamin E. Dafür enthalten 100 g Butter rund 240 mg Cholesterin, also in etwa die Menge, die man nach verschiedenen Empfehlungen maximal täglich zu sich nehmen soll.
Die Zusammensetzung von Butter ist also ernährungsphysiologisch nicht besonders günstig. Daher sollte die Margarine mit Leichtigkeit besser abschneiden. Margarine entstand als Butterersatzprodukt noch zu Zeiten von Napoleon Bonaparte. Gewünscht war insbesondere die Fähigkeit auch bei tiefen Temperaturen leicht streichbar zu sein. Das ist auch ein Hauptvorteil von Margarine. Sie galt lange zeit als minderwertiger Ersatz für Butter und musste so z.B. mit Stärke versetzt werden, damit man diese leicht durch die Iod-Stärkereaktion nachweisen kann.
Die Technologie hat sich im Detail geändert, doch bestimmte Dinge sind gleich geblieben. Es ist eine Wasser-in-Fettemulsion wie bei Butter. Die Emulsion wird bei Butter durch das Milcheiweiß stabilisiert. Bei Margarine sind es zugesetzte Emulgatoren, früher Lecithin heute auch Mono- und Diglyceride. Die Fettbehandlung werde ich noch weiter unten vertiefen. Die pflanzlichen Fette sind im allgemeinen farblos, so wie Kokosfett, oder nur schwach gefärbt wie Frittierfett. Daher wird zur Färbung noch Beta-Carotin, eine Vorstufe des Vitamins A zugesetzt oder Vitamin-A selbst.
In jedem Falle enthält Margarine kein Cholesterin, da dieses nur in tierischem Fett vorkommt und nicht in pflanzlichen Fetten. Als Begleitstoffe kann, je nach Herkunft des Fetts können aber pflanzliche Sterine enthalten sein, die anders als das Cholesterin nicht das Risiko von Arteriosklerose erhöhen, sondern eher senken, da sie einen negativen Einfluss auf den Blutcholesterinspiegelhaben. Bei den meisten verwandten Fetten ist der Gehalt an diesen Phytosterinen allerdings nicht sehr hoch. Üblich ist auch das Vitaminisieren von Margarine mit Vitamin A und D, Vitamin E ist meistens natürlicherweise als Begleitstoff der Öle enthalten.
Die Herstellung hat sich seit der Erfindung der Margarine vor rund 200 Jahren gravierend verändert. Zuerst war Margarine nur ein Gemisch von Ölen mit Wasser und einem Emulgator. Später wurden zur Herstellung hydrierte Pflanzenöle verwendet, da so der Bereich in dem die Margarine streichfähig ist größer ist. Unter dem Hydrieren versteht man die Anlagerung von Wasserstoff mittels einem Katalysator an Doppelbindungen. Diese verursachen einen Knick in dem sonst linearen Fettsäuremolekül. Durch diesen „Knick“ braucht das Molekül mehr Platz und dadurch ist der Schmelzpunkt niedriger. Je weniger Doppelbindungen im Fett vorhanden sind, das heißt je weniger ungesättigte Fettsäuren, desto höher ist der Schmelzpunkt, aber auch um so weniger wertvoll ist das Fett. (Genauer gesagt sind nur die mehrfach ungesättigten Fettsäuren wichtig). Aus den mehrfach ungesättigten Fettsäuren bildet der Körper eine Reihe von Hormonen.
Das meist verwendete Palmkernöl und Kokosfett enthält nicht viel mehrfach ungesättigte Fettsäuren und durch die Hydrierung sind es noch weniger. Daher schnitt unter diesem Aspekt Margarine lange Zeit nicht viel besser als Butter da. Was blieb war ein höherer Vitamin E Gehalt. Der Vitamin A Gehalt entsprach lange Zeit dem von Butter, da es nicht erlaubt war mehr Vitamine zuzusetzen als in Butter natürlicherweise vorhanden sind.
Die Butterindustrie hatte aber noch andere Argumente gegen Margarine. Bei der Herstellung von Margarine entstehen Fettsäuren die so nur selten in der Natur vorkommen. Bei einer Doppelbindung gibt es zwei räumliche Möglichkeiten wie die beiden Enden von der Doppelbindung angeordnet sind – auf einer Seite (cis) oder auf gegenüberliegenden Seiten (trans). In der Natur kommt fast vorwiegend die cis-Konfiguration vor. Bei der Hydrierung von Fett kommt es nicht nur zum Verlust von Doppelbindungen, sondern ein Teil dieser verwandelt sich auch von der cis in die trans Konfiguration. Diese ist energetisch günstiger. Früher betrug der Anteil zwischen 10-40 % der Fettmenge. Ihre Bedeutung war lange Zeit umstritten. Obwohl Fütterungsversuche an Ratten zeigten, dass sie genauso wie cis-Fettsäuren abgebaut wurden, war die Industrie schon früher bestrebt den Anteil durch selektivere, aber teurere Katalysatoren zu senken.
Später entdeckte man, dass Trans-Fettsäuren den Gehalt an LDL Lipoproteiden steigern, da sie mit ihnen transportiert werden. Seitdem gelten sie als „schlecht“ weil diese LDL Proteine wiederum als Risikofaktor und Mitverursacher von koronaren Herzkrankheiten gelten. Seitdem ist die Industrie besonders bestrebt den Gehalt an trans-Fettsäuren zu senken, wobei bei dem Vergleich hier natürlich berücksichtigt werden muss, dass Milchfett ein Fett ist das natürlicherweise trans Fettsäuren enthält. Durch Bakterien werden diese im Verdauungsapparat von Wiederkäuern gebildet. Etwa 3-6 % des Milchfettes besteht aus Trans-Fettsäuren. Sie widersprechen aber dem Image, das Margarine „gesünder“ als Butter ist.
So wurden von 1995 beginnend bis 2007 die Anteile an Trans-Fettsäuren reduziert. Heute gibt es nur noch 1-2 % trans-Fettsäuren in der Margarine. Erreicht wurde dies indem das gesamte Fett gehärtet wurde (keine ungesättigten Fettsäuren) und dieses dann mit ungehärtetem Fett gemischt oder besser umgeestert wird. Das ist die letzte Neuerung. Während man bei der Mischung eines festen Fetts (Palmkernfett) mit einem flüssigem Fett zwar streichfähige Margarine erhält, aber der Bereich in dem sie streichfähig ist, kann erhöht werden, wenn man Fettsäuren zwischen den Molekülen austauscht – Dies bezeichnet man als Umestern. Ungesättigte Fettsäuren aus dem Palmkernöl wandern in das Sonnenblumenöl und umgekehrt. Es wird eine Mischung erhalten in der alle Moleküle gesättigte und ungesättigte Fettsäuren enthalten. Durch die gleichmäßige Struktur ist es schwerer für einen Teil bei höheren Temperaturen flüssig zu werden und bei tiefen Temperaturen ist die Mischung trotzdem noch streichfähig, da Fette mit vielen ungesättigten Fettsäuren niedrige Schmelzpunkte aufweisen.
Nötig ist dies auch bei Margarine, die aus einem bestimmten Öl besteht und damit beworben wird. „Sonnenblumenmargarine“ muss z.B. aus 97 % Sonnenblumenöl bestehen. (Entsprechendes gilt auch für andere Margarinesorten bei denen die Ölsorte ausgelobt wird). So ist Sonnenblumenöl aber flüssig und die Margarine wird erzeugt indem man durchgehärtetes Sonnenblumenöl mit unverändertem mischt und gegebenenfalls umestert. So weist heute Margarine nach einer DGE Untersuchung nur noch 1-2 % Trans-Fettsäuren auf, also weniger als Butter (3-5 %). Diätmargarine darf keine Trans-Fettsäuren enthalten. Verschiedene europäische Länder haben eine Regelung, dass maximal 2 % trans-Fettsäuren enthalten sein dürfen. Durch diese Technik ist es heute möglich Margarine mit einem hohen Anteil an ungesättigten Fettsäuren herzustellen, z.B. aus Sonnenblumenöl – Von den 64 % mehrfach ungesättigten Fettsäuren sind in der Margarine noch 40 % enthalten. Butter dagegen enthält nur 4 % mehrfach ungesättigte Fettsäuren.
Dafür gerät nun das Cholesterin in der Butter in die Schusslinie. Aber auch hier ist die Welt nicht Schwarz/Weiß. Neben der allgemeinen Diskussion, wie gefährlich Cholesterin für den „normalen“ Menschen ist, also ohne koronale Herzerkrankung, gibt es auch die Beobachtung, dass die vielen kurz- und mittelkettigen Fettsäuren den Cholesterinspiegel weitaus weniger stark ansteigen lassen als wie erwartet. Cholesterin wird in Lipoproteinen transportiert, die reich an langkettigen ungesättigten Fettsäuren sind. Fehlen diese im Fett, so scheint dies nicht in dem Maße zu gehen wie bei anderen tierischen Fetten. Dazu kommt, dass der Gehalt gemessen an der Verzehrsmenge nicht so hoch ist – schließlich isst man nicht 100 g Butter pro Tag. Gemessen an der Verzehrsmenge nehmen die meisten relativ wenig Cholesterin über Butter auf – zumindest solange man nicht zum Kochen die Mengen verwendet wie Lafer, Lichter & Co. („Erst schneiden wir das letzte Stückchen Fett vom Filet weg und dann braten wir es in einem halben Pfund Butter an….“
Fazit
Margarine kann heute ernährungsphysiologisch wertvoll hergestellt werden – Vitaminisierung ist erlaubt und wird auch allenthalben durchgeführt, bei Verwendung von ungehärteten Ölen mit durchgehärteten Ölen kann auch ein sehr hoher Gehalt an ungesättigten Fettsäuren resultieren. Dazu kommt der praktische Vorteil, dass Margarine auch frisch vom Kühlschrank streichfähig ist und dies auch bei höheren Temperaturen bleibt.
Allerdings ist die Butter auch nicht so ernährungsphysiologisch ungünstig, wie dies ihr unterstellt wird. Sie enthält kaum ungesättigte Fettsäuren. Aber der Cholesteringehalt ist mäßig hoch und er schlägt nicht so sehr auf den Cholesterinspiegel durch, weil die Fettsäurezusammensetzung recht günstig ist.
Solange jemand aber nicht nur Butter oder Margarine als einziges Fett benutzt, spielt das alles aber keine Rolle, weil die Menge einfach zu gering ist und es sollte der persönliche Geschmack entscheiden.