Nachdem es in Teil 1 darum ging die Kosten zu minimieren, indem Serienbauweise und Adaption an neue Bedürfnisse, anstatt Neukonstruktion die Missionen dominieren und auch ein Forschungsprogramm verlässlich sein muss – in dem Sinne, das es eine langfristige Planungssicherheit geben muss, geht es heute darum den Nutzen der Missionen zu maximieren und mehr durch stufenweise Einführung neuer Techniken herauszuholen.
Reduktion der Startkosten
Dieses Thema ist nicht so neu. In der Tat wird das seit Jahrzehnten schon angestrebt. Anders als bei Satelliten ist es aber schon heute möglich, bei Raumsonden die Startkosten zu reduzieren. Das liegt daran, dass es, sobald die Nutzlast einen niedrigen Erdorbit erreicht hat Alternativen zum klassischen chemischen Antrieb gibt. Als ich mich vor kurzer Zeit nach einigen Jahren Pause erneut mit Ionenantrieben befasst habe, stellte ich mit Überraschung fest, dass die Entwicklung von Solarlinsearrays (SLA) große Fortschritte gemacht hat und diese nun schon 180 W/kg liefern – deutlich mehr als die rund 60 W/kg die heute größere Solarzellen bei Satelliten liefern und 300 W/kg in einigen Jahren möglich sein sollen.
Ionentriebwerke haben einen großen Strombedarf. Daher dominieren heute bei einem Antrieb die Solarzellen das Gewicht. Die eigentlichen Ionentriebwerke und der Treibstoff wiegen vergleichsweise wenig. So hat ein typisches Exemplar im Leistungsbereich von rund 5 kW ein Gewicht von 7 kg – selbst bei 180 W/kg wiegen die SLA aber dann noch rund 30 kg. Immerhin ist damit, wie ich schon mal ausgerechnet haben von einer niedrigen Erdumlaufbahn aus bei rund 50 % Nutzlastanteil im Erdorbit in wenigen Monaten Fluchtgeschwindigkeit erreicht und zum Mars dauert es nicht viel länger. Dort angekommen braucht eine Raumsonde auch nicht länger um solarelektrisch eine Endumlaufbahn zu erreichen, als mit chemischen Treibstoff: Es wird aber eine viel kleinere Trägerrakete benötigt. So wiegt Mars Express trocken nur etwa 600-700 kg, die Sojus könnte aber rund 7000 kg in eine niedrige Erdumlaufbahn befördern. Ionentriebwerke versprechen rund 50 % der Startmasse in einem niedrigen Erdorbit auch am Zielorbit. Bei konventionellen Raketen ist es meist nur ein Zehntel. Ehrlich gesagt: Bei Reisezeiten von einigen Monaten zum Tiel verstehe ich nicht warum man nicht schon heute darauf übergegangen ist.
Diese Technologie sollte mittelfristig den chemischen Antrieb ersetzen wo immer es geht. Anfangen würde man mit Missionen im inneren Sonnensystem – Venus und Mars. Doch auch ins äußere Sonnensystem wären Missionen möglich, hier gibt es natürlich die Problem, dass zum einen die Geschwindigkeit die erreicht werden muss höher ist und zum anderen die Beschleunigung bei steigendem Sonnenabstand rasch kleiner wird. Doch mit ausreichend leistungsfähigen SLA, kombiniert mit einem Vorbeiflug an der Venus müsste es gehen.
In der zweiten Phase sollte auch leistungsfähigere Ionentriebwerke entwickelt werden – hier gibt es sogar Synergien mit bemannten Missionen. Bei Ionentriebwerken steigt der Schub quadratisch mit dem Durchmesser, das Gewicht aber in der dritten Potenz. Das bedeutet, dass ein hoher Schub entweder viele kleine Triebwerke benötigt oder wenige große Triebwerke sehr schwer sind. Auch hier wurde an einem experimentellen Prototyp gearbeitet, der zwei Beschleunigungsstrecken kombiniert und damit bezogen auf das Gewicht eine viel höhere Leistung aufweist. Wenn man daran denkt Raumsonden von mehreren Tonnen Gewicht zu befördern, könnte es an der Zeit sein, diesen Antrieb zu erproben. Für noch schwerere bemannte Missionen wird er in jedem Fall benötigt.
Eine zweite Alternative sind Sonnensegel. Derzeit sind sie noch Ionentriebwerken unterlegen und die Anforderungen um von kleinen Segeln auf große überzugehen mit den Problemen sie zu entfalten und leichtgewichtig herzustellen. Doch haben sie den Vorteil, dass die Endgeschwindigkeit unbegrenzt ist. Sie könnten bei Missionen ins innerste Sonnensystem (näher als Venus) eine Alternative sein, oder wenn eine Raumsonde viele Asteroiden besuchen soll. Anfangen könnte man mit Missionen im Erdorbit. So gibt es den Vorschlag für einen Satelliten der relativ zur Sonne immer die gleiche Position im Erdmagnetfeld behält – da sich die Erde um die Sonne dreht muss sich die Bahnebene pro Jahr um 360 Grad drehen – das geht auch mit Ionentriebwerken, doch deren Treibstoff ist irgendwann einmal erschöpft. Weiterhin kann ein Satellit kleiner als eine Raumsonde sein, da er näher an der Erde ist und so die Funkverbindung besser und leichter ist.
Bessere Kommunikation
Schon heute betrieben wird der langsame Umstieg auf das X-Band ins K Band. Aufgrund der vierfach höheren Sendefrequenzen verspricht diese Technologie eine Erhöhung der Datenrate um das zehnfache. Doch es geht viel zu langsam. In einer Übergangszeit sollten alle Raumsonden einfach jeweils einen K-Band Sender zusätzlich mitführen und die Daten damit zusätzlich senden. wenn es genügend Erfahrungen gibt sollte das K-Band als Ersatz für das X-Band fungieren und dieses nur noch für Notfälle genutzt werden.
Ebenfalls erprobt wird die Kommunikation per Laser. Im Erdorbit verspricht sie erheblich höhere Datenraten zwischen erdnahem Orbit und geostationären Orbit. Die Ergebnisse bei der Kommunikation mit der Erde sind nicht so gut, weil hier die Atmosphäre den Lichtstrahl streut und Wolken und Tag den Empfang verhindern. Zudem ist es kein Problem auf der Erde große Empfangsantennen zu bauen, während dies im Orbit nicht möglich ist.
Probeweise sollte sie aber auch bei Tiefenraumsonden erprobt werden, auch wenn ich denke dass es hier mehr eingesetzt wird zwischen der Kommunikation von Landern und Orbitern oder Subsatelliten und Relais (z.B. bei Jupiter: Hauptsatellit außerhalb des Magnetosphärengürtels, Subsatellit innerhalb des Strahlungsgürtels).
Für normale Kommunikation sollten wieder Faltantennen erprobt werden. Seit diese bei ATS-6 und TDRSS eingesetzt wurden ist es still um sie geworden, wahrscheinlich weil das Entfalten bei Galileo scheiterte. Aber sie sind praktisch die einzige Möglichkeit Antennen mit einem Durchmesser größer als die Nutzlastverkleidung zu bauen und sie sind viel leichter. (Die 4,9 m Antennen von TDRSS wiegen nur 24 kg).
Verbesserung der RTG
Die meisten Ziele von denen wir heute noch wenig wissen liegen heute im äußeren Sonnensystem. Die äußeren vier Planeten, etwa 20 größere Monde und mindestens ein Dutzend größere Planetoiden. Ohne nukleare Energieversorgung geht es in diesen Entfernungen nicht. Kernreaktoren scheiden aus: Sie müssen eine Mindestgröße für den Kern aufweisen, dazu kommt er Kühlmittelkreislauf und die Abschirmung. Zusammen sind sie bei Leistungen von wenigen Kilowatt so schwer, dass die Leistungsdaten miserabel werden. Erst im Bereich von hunderten kW oder MW erreichen sie Leistungsdaten von Solarzellen.
RTG sind dagegen extrem teuer. Für einen neuen GPHS RTG sind rund 90 Millionen Dollar fällig – für eine Energiequelle von 560 W Leistung. Der Grund ist die Herstellung. Die RTG entstehen aus Neptunium 237, das in Kernreaktoren aus frischen Kernbrennstäben entstehen. Nach kurzer Zeit entsteht dort Np-237. Wird der Kernbrennstab wie bei normalen Kernreaktoren länger im Reaktor gelassen, wird das Neptunium wieder abgebaut. Daher wird der Kernbrennstab nach kurzer Zeit entnommen und das NP-237 abgetrennt. Es kommt dann nochmals in einen Brutreaktor wo es durch Neutroneneinfang zum Pu-238 wird.
Es entsteht also viel radioaktiver Müll aus kurzstrahlenden Isotopen und es ist ineffektiv. Warum war es früher kein Problem? Weil es noch einen zweites Isotop gibt, das auf demselben Weg gewonnen wird. Das Pu-239, das für Atombomben benötigt wird auf demselben Weg erzeugt. Daher waren die RTG zu Zeiten von Viking und Voyager als noch kräftig aufgerüstet wurde, erheblich preiswerter (vergleichen mit den Missionskosten) als heute. Richtig billig waren sie allerdings nie.
Daran kann man nichts ändern – aber an der Energieausbeute. Bei der Benutzung des thermoelektrischen Effekts ist die Energieausbeute niedrig und liegt bei nur 7 %. Schon in der Entwicklung sind welche mit Nutzung von Stirling Motoren, die wesentlich weniger Plutonium benötigen. Noch mehr sollten typische thermodynamische Kreisläufe wie der Rankine Kreislauf mit 30-40 % Effektivität liefern. Hier ist Forschungsarbeit notwendig, da diese Elemente für viele Missionen benötigt werden. Eventuell kann man auch mehrere Kreisläufe nacheinander schalten. Bei Kosten von 90 Millionen Dollar für einen GPHS-RTG kann man sich leicht errechnen, dass weniger Plutonium sie schnell deutlich billiger machen – selbst wenn dann die Trägerrakete teurer wird, weil der Gesamt-RTG bei mehreren Kreisläufen schwerer wird kann im Endeffekt noch ein Plus bleiben.
RTG kombiniert mit Ionenantrieben
RTG sollen für kleine Raumsonden ausreichen als Stromquelle für Ionenantriebe. Das ergaben zumindest einige NASA Studien – man sollte es mal ausprobieren. Kombiniert mit SLA sollte es zumindest bei Jupiter eine Chance, danach könnte man zu äußeren Planeten aufbrechen. Wenn’s nicht klappt – okay, aber wenn es klappt ist es wohl die einzige Möglichkeit die es heute gibt die äußeren Planeten mit Orbitern zu erreichen.
Senkung der Missionskosten
Trotz Fortschritten in der Computertechnik werden Raumsonden heute noch so gesteuert wie vor 30 Jahren – es werden ihnen Kommandos gesendet, heute zusammengefasst zu Meßprogrammen, die einige Stunden bis Tage abdecken. Bei Orbitern ist das noch tragbar, doch mehr und mehr verbringen Missionen Jahre in Phasen in denen sie erst das Ziel erreichen – lange Reisezeiten durch große Distanzen oder Flybys.
Zumindest in diesen Zeiten sollten Raumsonden heute über Monate autonom arbeiten – die Betonung liegt auf arbeiten und nicht wie heute schon möglich schlafen. Sie sollten Messdaten des interplanetaren Mediums sammeln und dies auch intelligent: Wenn die Strahlungsaktivität ansteigt und es so einen Anstieg von Teilchenschauern gibt, dann sollte die die Meßfrequenz angepasst werden. Das sollte von allen Punkten am einfachsten möglich sein – die dazu benötigten Computer sind auf jeden Fall verfügbar.
Soviel für heute – es kommt noch ein Teil 3 – mit Vorschlägen für konkrete Missionen.