Bernd Leitenbergers Blog

„Serviervorschlag“

Heute mal wieder zur Abwechslung ein Thema aus dem Gebiet des Bereichs der Verbraucherberatung: Es geht um die Abbildungen von Lebensmitteln auf der Verpackung. Früher war die Welt noch ganz in Ordnung. Da stand auf der Verpackung dick der Name des Produktes oder des Herstellers. In Zeiten in denen der Verbraucher zwischen Zig gleichartigen Produkten wählen kann und auch immer mehr Fertigprodukte verkauft werden, die nur noch aufgewärmt oder gebacken werden, wurden dann Abbildungen des Produktes auf die Verpackung gedruckt.

Nun gilt aber auch für Verpackungen das gleiche wir für andere Angaben auf der Verpackung oder in der Werbung: Sie müssen wahr sein. Nur ist das nicht ganz so einfach wie bei schriftlichen Angaben. Schriftliche Angaben können einfach auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft werden. Sehr viel schwieriger ist das bei Bildern. Wenn sie einen Kuchen aus einer Backmischung nicht so feinporig und appetitlich hinbekommen wie auf der Verpackung – ist das ihre Schuld oder die des Produktes? Wenn ihre Pizza nicht so gleichmäßig goldbraun ist: Ist ihr Herd dran schuld oder die Pizza?

Nun man muss dem Hersteller zubilligen, dass Sie ein Optimalbild wiedergeben, also eine Zubereitung unter optimalen Umständen oder durch einen Profikoch. Was relativ leicht nachzuprüfen ist, sind Mengenangaben die auf der Abbildung zu sehen sind, vor allem von Wertgebenden Zutaten. Wenn also eine Fertigbackmischung viele Rosinen auf der Verpackung zeigt und in ihrem Kuchen fast keine zu finden sind, dann ist das eine gravierende Abweichung. Wenn eine Pizza selben Salamischeiben zeigt, auf ihrer aber nur drei sind, dann ist das ebenfalls eine gravierende Abweichung. Das kann dann bemängelt werden.

Es gibt aber auch Produkte, die alleine nach nichts aussehen und nur Bestandteil eines Gerichtes sind. Fleischsalat wird üblicherweise auf Brot gegessen, Rotkohl zu Knödeln etc. Damit auch hier ein Hersteller eine Abbildung machen kann, wurde eingeführt, dass er die Abbildung eines Gerichts bei dem diese Zutat verwendet wurde um das Wort „Serviervorschlag“ ergänzt. Das war mal eine sinnvolle Regelung für diesen Einsatzzweck.

Doch das ist in den letzten Jahren schlimmer geworden. Der „Serviervorschlag“ bedeutet nun nicht dass so das Gericht aussieht, sondern dass es so aussehen könnte, wenn der Verbraucher ein Gericht macht und vielleicht dieses und jenes noch dazukauft. Das wird ausgenutzt. Da gibt es Eintöpfe in denen schwimmt ein dickes Paar Würste – der Eintopf soll auch mit Wurst sein, nur findet sich in der ganzen Dose (die für mehrere Teller gut ist) viel weniger Wurst (meist 2-3 Miniwürstchen). Da man aber erwartet, dass man einen Eintopf einfach nur aufwärmen muss ist das ein Täuschung. Ganz klein steht dann in der Ecke noch „Serviervorschlag“.

Warum geht das durch? Unser Lebensmittelrecht hat als Vorgabe den mündigen Verbraucher, die Vorgabe ist nichts besonderes, denn auch sonst setzt ja das Gesetz den mündigen Bürger voraus. Man kann es auch so sagen: „Mündig“ ist jemand der nicht alles glaubt sondern sich informiert. In dem Falle muss er nur die Dose umdrehen und kann lesen wie viel Wurst enthalten ist und zwar aufs Gramm genau. Doch diese Regelung hat Grenzen. Die Grenzen werden durch immer weitergehende Kennzeichnungen gesetzt. Die Zahl der Dinge die als Warnhinweise, zur Information oder als gesetzliche Vorschrift angebracht werden muss hat rapide zugenommen. Ich denke, dass die Hersteller auch erkannt haben, dass man Käufer mit Informationen zuschütten kann. Neben dem Zutatenverzeichnis, das zur Information dient, findet sich immer mehr auf den Verpackungen – die umstrittenen GDA Angaben über Nährstoffe, Rezepte, Wissenswertes über das Produkt „xxx wird aus reiner Alpenmilch gewonnen…“ oder den Hersteller usw. Die Taktik ist relativ einfach: Wenn man beim Einkauf daran gehen würde, bei jedem Artikel das Zutatenverzeichnis zu lesen und ihn mit anderen Artikeln die ähnlich oder gleich sind, vergleichen würde, dann bräuchte man Stunden um seinen Einkauf zu erledigen. Die Zeit hat niemand und deswegen wird ins Regal gegriffen und das genommen was gut auf der Verpackung aussieht und kompatibel mit dem persönlichen Vorstellungen vom Preis ist.

Ich meine ist ist wieder an der Zeit die Lebensmittelkennzeichnung zu überarbeiten. Sie sollte mehr standardisiert werden, zusammengefasst werden und an einer zentralen Stelle, gut sichtbar erscheinen. Tricks sollten weitgehend verboten werden. Die Sache mit dem Serviervorschlag z.B. nur auf Lebensmittel begrenzt, werden, bei denen die allgemeine Erwartung die ist, dass man weiß, das es nur eine Zutat eines ganzen Gerichtes ist, nicht aber auf Lebensmittel die mit wenig Aufwand (aufkochen, Wasser hinzugeben, backen) in ein fertiges Gericht zu verwandeln sind.

Dazu gehört auch, dass solche verwirrenden Industriekennzeichnungen wie GDA verschwinden und durch die normale Nährwertkennzeichnung (auf 100 g) ersetzt werden und vor allem, dass die Untersuchungsämter viel intensiver als bisher solche Verstöße ahnden. Bislang beschäftigen sie sich vor allem mit dem Inhalt – verständlich, schließlich hat man nicht 6 Jahre Chemie studiert um nachher Verpackungsangaben zu beurteilen. Doch das wäre machbar, wenn dort mehr Juristen wären und diese mit den Chemikern zusammenarbeiten. Die Chemiker haben den Sachverstand und können meistens recht schnell das Problem festnageln. Doch dann braucht man eben auch einen Juristen der sich besser mit dem Gesetz und vor allem schon ergangenen Urteilen in anderen Fällen auskennt als der Chemiker. Leider wird das aber wohl ein Wunschtraum bleiben….

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