Chemoautotrophie

Gemäß Wunsch heute mal ein Artikel über ein spezielles Thema, in dem ich mich auch nicht so zuhause fühle (es gehört zum Grenzbereich Biologie/Biochemie, wahrscheinlich gibt es sogar ne eigene Wissenschaft dafür). Chemoautotrophie erklärt sich aus den Bestandteilen der Worte – Chemie, Auto und Trophie. Gemeint sind damit Organismen die ihre Energieversorgung aus chemischen Reaktionen beziehen und dabei unabhängig sind. Genauer sollte man sagen, unabhängig von organischen Substanzen. Pflanzen werden übrigens als photoautotroph bezeichnet. Das Licht ist ihre Hauptenergiequelle,

Chemautotroph sind nur niedere Organismen, keine Pflanzen und Tiere. Die Oxidation organischer Materialien gehört übrigens nicht dazu, sonst wären auch viele Gärungen als chemautotroph anzusehen.

Die Stoffwechselkreisläufe von chemautotrophen Organismen unterscheiden sich bei den meisten Formen von denen anderer Organismen nur wie die Energie bereitgestellt wird, d.h. die energielieferenden Moleküle (ATP, NADH/H+, FADH2) erzeugt werden. Die anderen Kreisläufe für den Abbau und Aufbau von Substanzen sind dagegen meist die gleichen. Eine Ausnahme bilden die Archaebakterien, bei denen der Clavin- oder Citratyclus fehlt.

Von den Reaktionen gibt es mehrere Subtypen zu unterscheiden:

Nitrifikation

Die Nitrifikation bezieht ihre Energie aus der Oxidation von Stickstoffverbindungen. Stickstoff kommt in verschiedenen Oxidationsstufen vor. -3,+3 und +5. Bei der Nitrifikation wird zuerst Ammonium zu Nitrit oxidiert, dann Nitrit zu Nitrat. Interessanterweise werden die Reaktionen durch zwei Organismen durchgeführt:

Nitrosonomas führt die Reaktion

2 NH4 + 3 O2 + 2 H2O ? 2 NO2 + 4 H2O

durch und

Nitrobacter die Reaktion

2 NO2+ O2? 2 NO3

Beide Bakterien kommen vergesellschaftet im Boden vor und oxidieren das Ammonium das durch den Abbau organischer Substanz im Boden entsteht. Dies ist notwendig, da das entstehende Nitrit giftig ist, aber auch instabil. Nitrosomonas liefert somit die Nahrungsgrundlage für Nitrobacter und Nitrobacter befreit Nitrosomonas von dem giftigen Nitrit.

Diese beiden Bakterien sind von großer ökologischer Bedeutung, da sie praktisch den gesamten Stickstoff der bei der Verrottung entsteht recyceln, denn Pflanzen können in der Regel nur Nitrat aufnehmen.

Schwefeloxidation

Schwefel kommt ebenfalls in mehreren stabilen Oxidationsstufen vor, die häufigsten sind -2, +4 und +6. Zahlreiche Organismen haben sich auf die Oxidation von Schwefel spezialisiert. Sie stammen aus den unterschiedlichsten Stämmen, z.B. Cyanobakterien, Thiobazillen und Thiotrix

Es gibt zwei Wege. Der größte Teil der Bakterien oxidiert Sulfid (das nach faulen Eiern riecht) zu elementarem Schwefel:

2 H2S + O2 ? 2 S + 2 H2O

Der Schwefel wird in den Bakterien eingelagert und meist beim Tode freigesetzt. Andere Bakterien können ihn auch freisetzen.

Die Bakterien der Gattung Thiobazillus oxidieren dagegen Schwefel bis zur Schwefelsäure und vertragen auch daher p.H werte von bis zu 0 (1 Mol Schwefelsäure/l). (Müssen sie auch, denn sonst würde die entstehende Schwefelsäure bald zum Tode führen).

2 S + 2 H2O + 3 O2 ? 2 H2SO4

Die Schwefelbakterien haben große Bedeutung bei der Reinigung kommunaler Abwässer, aber auch Industrieabwässer. Sie können aber auch Probleme machen, wenn z.B. Kohle längere Zeit gelagert werden oxidieren sie den darin enthaltenen Schwefel und die Säure kann Schäden verursachen, es soll unter widrigen Umständen auch so zu Kohlebränden gekommen sein. Auch die unfreiwillige Oxidation von Schwefel und due durch die Schwefelsäure entstehende Korrosion kann ein Problem sein.

Einige Schwefelbakterien gehen auch den umgekehrten Weg: Gibt es keinen Sauerstoff, so reduzieren sie Schwefel zu Schwefelwasserstoff. Pyrodictum occules tut dies z.B. Dieser Organismus gehört zur Familie der Archaebakterien, bei denen man auch Organismen findet die Schwefel oxidieren aber auch organische Substrate oxidieren. Sie alle tolerieren hohe Temperaturen (Temperaturoptimum 59 Grad Celsius und aktiv bis 110 Grad Celsius und kommen in heißen Schwefelquellen z.B. auf Island vor).

Eisen/Mangan Oxidation

Mit Sicherheit gehören diese Bakterien zu den ältesten der Welt. Sie oxidieren zweiwertiges zu dreiwertigem Eisen:

4 Fe2+ +4 H+ + O2 ? 4 Fe3+ + 2 H2O

Eisen ist in unserer Sauerstoffatmosphäre immer in dreiwertiger Form vorliegend (rostrote Farbe – deswegen ist Rost rot), zweiwertiges Eisen werden die meisten daher nur aus dem Chemieunterricht kennen (hellgrüne Farbe). In der Uratmosphäre gab es noch keinen Sauerstoff und nahezu das gesamte Eisen lag in zweiwertiger Form vor. der Großteil der Raseneisenerzlagerstätten wurde durch diese Bakterien gebildet die das gelöste Eisen aus dem Meerwasser ausgefällt haben (Eisen zwei löst sich gut im Wasser, Eisen drei nicht).Sie gehören zur Gattung Ferrobacillus und sind auch an den „Black Smokern“ in der Tiefsee aktiv, denn aus dem Erdinneren kommt auch Eisen meist in metallischer Form oder als Eisen 2.Die Bakterien haben wegen der geringen Energiesausbeute aus dem Eisen einen enorm hohen Substaratumsatz.

Pedomicrobium oxidiert analog Mangan-II zu Mangan-IV und soll die berühmten Mangan Knollen erzeugen.

Knallgas und Manganbakterien

Diese letzte Gruppe bildet zugleich die Grenze: Sie sind nicht mehr vollständig autotroph. Wenn sie keine organischen Substanzen zur Verfügung haben so oxidieren sie alles was sie so bekommen, ansonsten bevorzugen sie leichter abbaubare und energieliefernde Substanzen. Dazu gehört Pseudomononas und Alcaligenes, die elementaren Wasserstoff oxidieren:

2 H2 + O2 ? H2O

Methanbakterien tun dasselbe mit Methan, das sie zu Kohlenmonoxid oder Kohlendixoid oxidieren,.

2 CH4 + 3 O2 ? CO + 2 H2O

CH4 + 2 O2 ? CO2 + H2O

Die Bakterien die Eisen und Schwefel oxidieren gelten als sehr alt, auch wenn nur die schwefeloxidierenden eine Teilklasse der Archaebakterien sind, da dies von allen Substraten die waren die anfangs auf der Urerde in großer Menge zur Verfügung standen. Das Methan gab es zwar auch in der Atmosphäre, aber zum einen sind die methanogenen Bakterien nahe verwandt mit modernen Bakterien und zum anderen ist Methan nicht stabil, es wird durch UV Strahlung und Blitze recht rasch oxidiert und gespalten.

2 thoughts on “Chemoautotrophie

  1. Zur Zersetzung von Kohle durch Schwefelbakterien.

    Tatsächlich gab es zu Dampflokzeiten Vorschriften über die Lagerung von Kohle
    für Lokomotiven um Selbstentzündung zu verhindern.

    So war in Köln zum Beispiel die Vorschrift, Kohle nicht über 3 Meter Höhe anzuhäufen und nicht länger als 1 Jahr zu bunkern.

  2. Moin,

    > Sie alle tolerieren hohe Temperaturen (Temperaturoptimum 59 Grad Celsius und aktiv bis 110 Grad Celsius und kommen in heißen Schwefelquellen z.B. auf Island vor).

    Da fragt sich der Laie: Wie machen die das? Gerinnt nicht Eiweiß schon viel früher? Was verwenden die stattdessen?

    ciao,Michael

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