Bernd Leitenbergers Blog

Ilias, Nibelungen & Co

Vor einer Woche kam in TerraX eine Sendung über Troja und den Literaturwissenschaftler Raoul Schrott. Er vertritt die Ansicht die Ilias spielt nicht beim Hügel Hissalik sondern weiter südlich bei der Festungsstadt Karatepe. Da ich TerraX schon seit längerem kenne werde ich immer hellhörig wenn die These eines Mannes so episch ausgebreitet wird und es kaum Meinungen anderer Wissenschaftler gibt. Hier äußerten sie sich nicht zu dieser These (ich tippe drauf: sie wurden dazu gar nicht gefragt), sondern nur dazu, dass Hissalik das man heute für Troja hält irgendwie nicht zur Ilias passt – die Stadt ist zu klein und es gibt keine Spuren von Krieg oder Bränden. In der ganzen Festung wurden nur 3 Pfeilspitzen gefunden…. Das ist leider typisch für diese Reihe. Ich wünsche mir bei einer kontroversen These auch eine echte Auseinandersetzung mit dieser. Das scheint nicht in das Konzept der Sendereihe zu passen, die wohl mehr Geschichten erzählen will. Aber das man gar nicht erwähnt, dass Raoul Schrott derzeit mit seiner Meinung alleine da steht ist schon etwas dick aufgetragen.

Das ganze basiert eigentlich darauf, dass man die Ilias für Ernst nimmt, also annimmt es gab diesen Krieg, auch wenn er dichterisch ausgeschmückt wurde. Ich frage mich warum? Es gibt ja vom gleichen Dichter die Odyssee und da nimmt eigentlich keiner an, dass es die dort angegeben Gefahren im Mittelmeerraum wirklich gibt. Ich glaube das hängt mit der Bibel zusammen. Die Bibel ist ja nicht nur ein Glaubensbuch, es enthält auch Geschichten aus der Geschichte Israels. Sie basierten natürlich auf wirklichen Ereignissen. Es gab die Niederwerfung von Israel durch Nebukadnezar und die Deportation (damals ein gängiges Mittel um Frieden zu sichern – praktisch eine Mischung von Zwangsarbeitern und Geiseln). Auch viele andere Ereignisse gab es in dieser Form. Als man im 19.ten Jahrhundert dann mit archäologischen Grabungen begann fand man alle biblischen Orte, von Jericho über Assur bis zu Babylon.

Ich glaube das hat einfach dazu geführt, dass man jede Überlieferung für wahr genommen hat, auch wenn sie viele fiktive Elemente hat. So kämpfen in der Ilias ja auch die Götter mit, was sicher nicht in einem echten Krieg vorkam. Meine Meinung ist eine andere: Es sind Geschichten. Geschichten die um glaubhaft zu sein, reale Orte oder reale Gestalten in eine Handlung eingebunden haben die fiktiv ist. Nur das es die Orte gibt macht sie nicht wahrer als rein fiktive Geschichten wie die Odyssee, das Gilgamesch Epos oder die Geschichte von Atlantis.

Wir kennen das auch in Deutschland: Das Nibelungen Lied verknüpft die existierenden Burgunder und Atilla mit den Hunnen in einer rein fiktiven Geschichte um Verrat, Betrug, Rache, wobei ich das ganze wohl eher als Beispiel für einen Ehrenkodex im Mittelalter – die Nibelungentreue – sehe. Trotzdem muss sie nicht wahr sein. Ich kenne keine Drachen in Europa und auch keine Zwerge mit Kappen die einen unsichtbar machen die einen Schatz bewachen. Auch findet sich in Worms, wo die Sage spielt keine Spur von den Burgundern. Es entstand um 1200 also mindestens 700 Jahre nach den Ereignissen die zur Zeit der Völkerwanderung spielen sollen. Die Frage ist was man damals noch davon wusste – Germanen hatten keine Geschichtsschreibung und die der Römer endete mit deren Untergang, zumal sie sicher nicht beschrieben was die „Barbaren“ so intern trieben.

Trotzdem suchen noch heute einige nach dem Nibelungenschatz im Rhein – dann mal viel Spaß, denn in rund 1500 Jahren hat der Fluss zigmal sein Flussbett gewechselt….

Ansonsten gibt es wenig neues. Ich lese nochmals das Konzept zum ATV/ISS Buch durch. So ganz zufrieden bin ich nicht, vor allem mit dem älteren ATV Teil. Ich habe ihn zwar schon auf 90 Seiten gerafft, aber er ist noch zu lang. Man könnte sicher auch mehr schreiben, doch dafür bräuchte ich Details. EADS/Astrium antwortet wie immer nicht auf Anfragen, das DLR auf längere,konkrete Fragen mit allgemeinen Sätzen von 1 Zeile Länge. Manchmal denke ich das DLR hat noch weniger Ahnung vom ATV als ich. Vielleicht kürze ich noch ein bisschen. Bei den Verkäufen habe ich überrascht festgestellt, dass sich mein Raketenlexikon auch in den USA verkauft – 16 Exemplare sind dorthin gewandert. Nicht viel, aber verglichen mit denen des ATV schon einige. Alle Bücher werden übrigens auch in Zukunft in den USA und England erhältlich sein, man muss eben nur Deutsch lernen. Aber ich habe glaube ich wie Adenauer einen kleinen Wortschaft und verwende viele technische Begriffe. Das macht einen Unterschied. Ich kann wesentlich leichter Sachbücher über Raumfahrt in englisch lesen als die Autobiographen von Astronauten in Umgangssprache.

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