Nachdem ich den Artikel von Eigen Reichl über SpaceX gelesen habe, dachte ich mir: Mal sehen was die für positive P&R bezahlen. Und tatsächlich es gibt ein Programm für Pressekontakte, bei denen nicht nur weiteres Material über die Falcon 9 und Dragon zur Verfügung gestellt wird, sondern auch eine Aufwandsentschädigung für Pressearbeit geleistet wird. Es hat eine Weile gedauert, bis wir die Konditionen ausgehandelt hatten, aber mit dem Hinweis auf meine schon existierenden Falcon Webseiten wurden wir dann doch handelseinig. Nun muss ich diese allerdings umschreiben, bis dahin sind sie offline genommen. Dafür habe ich exklusiv Informationen über die Technik bekommen, die ich erstmals in Deutschland veröffentlichen kann. Allgemein verfügbar werden sie erst beim Launchmanifest des ersten Falcon 9 Fluges sein.
Heute möchte ich in diesem Artikel einmal zwei der großen Widersprüche aufklären, die mich selbst beschäftigt haben. Das eine ist der hohe spezifische Impuls des Merlin in der Falcon 9 Zweitstufe. Erreicht wird dies durch eine Reihe von Technologien. Zuerst setzt SpaceX in der Zweitstufe eine besondere Kohlenwasserstofffraktion ein. Dies ist nicht neu. Schon die Sojus U2 setzte eine besondere Mischung namens „Sintin“ ein, um den spezifischen Impuls zu steigern. SpaceX benutzt dazu eine Kohlenwasserstofffraktion, die reicher an Wasserstoff ist und weniger ungesättigte und ringförmige Kohlenwasserstoffe enthält. Dadurch ist der spezifische Impuls automatisch höher.
Ein zweiter Trick ist der Zusatz von Palladiumnitrat zum Treibstoff. Palladium ist in der chemischen Industrie als Katalysator bekannt und beschleunigt chemische Reaktionen. Er bewirkt dass in der Brennkammer der Treibstoff weitgehend vollständig verbrennt und damit den maximalen Schub ohne Verluste durch ungebrannte Stoffe liefert. Das Hauptproblem war, dass Palladiumnitrat weder löslich in Kohlenwasserstoffen ist, noch stabil in Lösung bleibt. Es würde sich auf dem Boden der Tanks absetzen. SpaceX setzt dafür ein Hydrokolloid ein, eine gelartige Substanz mit einem hydrohoben Außenteil (löslich in Kerosin) und einem hydrophilen Innenteil in dem das Palladiumnitrat gebunden ist (ähnlich wie bei einem Chelat-Komplex). Es stabilisiert die Lösung, so dass sich das Palladiumnitrat nun gleichmäßig im Treibstoff verteilt. Bei der Verbrennung entsteht dann reaktives metallisches Palladium, das die Verbrennung katalysiert und bewirkt dass kaum Kohlendioxid dafür mehr Wasserstoff und Kohlenmonoxid gebildet wird.
Das zweite ist eine neue Technologie bei der Vakuumversion des Merlin 2. Dieses ist ja im Schub regelbar von 60-100 %. Anders als bei anderen Triebwerken wird die Turbopumpe aber immer mit voller Leistung betrieben. Über einen zweiten Eingang saugt sie bei Reduzierung des Schubs dann bei verringerter Förderleistung für den Treibstoff aus einem Ring am Düsenhals das Abgas wieder an. Dieses wird in einem inneren Ring des Injektors wieder in die Brennkammer injiziert. Dadurch erhöht sich der Brennkammerdruck gravierend und es erreicht das Merlin Leistungen die sonst nur von Hochdrucktriebwerken bekannt sind . SpaceX sieht den Test dieser Technologie bei dem Erstflug der Falcon 9 als kritisch an, weil sie nicht am Boden erprobt werden konnte (die Düse ist hier zu kurz, weil der Expansionsteil für den Vakuumbetrieb fehlt und so würde viel Luft mit angesaugt werden und die entstehenden Luftdruckschwankungen würden zu Druckschwankungen beim Brennkammerbetrieb führen).
Noch mehr wird bei der Falcon 9 Heavy zum Einsatz kommen. Zum einen zeigen Untersuchungen von SpaceX dass die 27 Triebwerke ausreichend sind, für den schon für die OTRAG Rakete postulierten Staustrahleffekt. Das Postulat ist, dass die vielen Düsen eine gemeinsame Große Düse bilden und zu einer Nachverbrennung des Treibstoff führen. Dabei wirkt das ganze Heck der Rakete als Düsenhals. Während des Betriebs am Erdboden verstärkt sich der Effekt sogar noch durch das Ansaugen von Luft zwischen den Flammenstrahlen der einzelnen Düsen. Wie bei der OTRAG wird so ein um 300 m/s höherer spezifischer Impuls postuliert, der zu einer gravierenden Nutzlaststeigerung führen sollte. SpaceX rechnet mit noch größeren Effekten für eine Falcon 9 mit vier oder sechs Boostern – entsprechende Pläne gab es schon, die Falcon 9 Ultima wird aber nach Einstellung des Constellation Programms nicht mehr gebaut werden.
Eine weitere Anpassung wird es beim Treibstoff an der zentralen Stufe und der Oberstufe geben. Diesmal beim Sauerstoff. Er wird mit 10 % Ozon versetzt und (wie das Kerosin) unterkühlt. Das bewirkt zwei Effekte: Zum einen steigt so die Treibstoffmenge um 10 % an. Zum zweiten ist die Verbrennungsenergie höher und erreicht nun fast das Niveau von Wasserstoff/LOX. Da die Mischung nahe am Punkt ist, wo die Explosionsgefahr ansteigt (11,5 %) setzt SpaceX noch 2 % Fluor hinzu. Fluor ist reaktiv und wird mit radikalischem Sauerstoff wie er beim Zerfall von Ozon entsteht spontan zum relativ stabilen OF Radikal reagieren, das bei den Lagertemperaturen nicht mehr zerfällt.
Damit erreicht die Heavy Version fast die Leistung des RS-68 Antriebs der Delta IV (dem zugegebenermaßen schlechtesten LH2/LOX Antrieb der verfügbar ist). Erst damit ist die hohe GTO Nutzlast von über 19 t möglich. Wenn die Falcon 9 Heavy ab 2016 einsatzbereit ist soll die Technologie auch für die Oberstufe der Falcon 9 eingesetzt werden und dort die Nutzlast auf 12 t in den ISS Orbit anheben.