Das Sojus Raumschiff (Teil 1)
Die Sojus-Kapsel
Das Sojus (Sojus = Union, russisch: ????) Raumschiff dient dem Besatzungstransport. Auch dieses Raumschiff gibt es in mehreren Generationen. Derzeit ist die vierte Generation, Sojus TMA, im Einsatz. Der Grundaufbau der Sojus entspricht der Progress, welche aus der Sojus entwickelt wurde.
Das Frachtmodul bei Progress entspricht bei der Sojus dem Orbitalmodul (Russisch: ??????? ????? ??). Ursprünglich war das Raumschiff für längere Missionen entwickelt worden. In dieser kugelförmigen Sektion sollten die Kosmonauten maximal drei Wochen lang leben. Bei den Zubringerflügen zur ISS kann dieser Platz genutzt werden, um maximal 350 kg Fracht zur Station zu bringen. Vorne ist der aktive, „männliche“ Kopplungsadapter zum Ankoppeln an die ISS. Hinten befindet sich eine Luke, welche das Orbital- oder Wohnmodul mit dem Wiedereintrittsmodul verbindet. Eine dritte Luke an der Seite erlaubt Ausstiege. Bei den ersten Missionen bis Sojus 11 befanden sich dort Experimente. Durch diese Luke steigt auch die Besatzung vor dem Start ein. Bei einem Weltraumausstieg fungiert das gesamte Orbitalmodul als Luftschleuse. Weiterhin befindet sich in ihr eine Toilette und ein Fenster.
Anstatt des Tankmoduls verfügt die Sojus über die Wiedereintrittskapsel (russisch: ?????????? ??????? ??). In ihr befinden sich die Kosmonauten beim Start und bei der Landung. In ihr können auch kleinere Mengen an Fracht zur Erde zurückgebracht werden, maximal 30-50 kg. Sofern die Besatzung auf zwei Kosmonauten beschränkt ist, sind es 150 kg.
Die Wiedereintrittskapsel hat glockenförmige Form und ist mit einem Hitzeschutzschild ausgerüstet und druckdicht. Daher ist sie relativ schwer. Sie hat die Form eines sich selbststabilisierenden Auftriebskörpers. Das bedeutet, dass, selbst wenn sie fehlorientiert beim Wiedereintritt ist, sie sich durch die aerodynamischen Kräfte so dreht, dass der Boden nach unten schaut. Da die gesamte Oberfläche mit einem Hitzeschutzschild überzogen ist, stellt die Kapsel eine sehr sichere Konstruktion dar. Die einzige Möglichkeit nach außen zu sehen ist ein ausfahrbares Periskop. Drei Personen finden in ihr Platz. Die Sitze sind für jedes Besatzungsmitglied individuell gefertigt. Sie können im Orbit ausgetauscht werden. So kann eine andere Besatzung zur Erde zurückkehren, als die, welche mit dem Raumschiff startete. Die Besatzung liegt, um die Belastungen zu minimieren, auf dem Rücken mit angewinkelten Knien. Die Kontrollen sind so angebracht, dass Kommandant und Bordingenieur auch bei hohen g-Belastungen sie gut sehen und die wichtigsten Systeme bedienen können.
Die Wiedereintrittskapsel enthält das Umweltkontrollsystem, das eine Temperatur von 18-20 °C aufrecht erhält. Die Luftfeuchtigkeit beträgt 40%. Dabei setzt die Sojus eine Atmosphäre ein, die wie auf der Erde einen Sauerstoffgehalt von 20% und einen Druck von 1 bar aufweist.
Acht Triebwerke, die Wasserstoffperoxid katalytisch zersetzen, werden genutzt, um die Kapsel vor dem Wiedereintritt abzubremsen und ihre Ausrichtung zu regulieren. Nachdem bei der Mission TM-5 die Retroraketen zuerst nicht zündeten und die Landung um einen Tag verschoben werden musste, erfolgt heute die Abtrennung des Wohnmoduls erst nach erfolgter Abbremsung, auch wenn dies mehr Treibstoff erfordert. Damals konnte die Besatzung in letzter Sekunde die Abtrennung des Servicemoduls abbrechen. Da sich Wasserstoffperoxid langsam autokatalytisch zersetzt, begrenzt die Wahl dieses Treibstoffs bis heute die maximale Betriebsdauer auf sechs Monate.
Weitgehend identisch zur Progress ist das Servicemodul (russisch: ????????-?????????? ????? ???). In ihm befindet sich der größte Teil des Lebenserhaltungssystems, die Avionik, Batterien, Solarzellen und der Antrieb mit den Triebwerken.
Es sind drei Segmente. Das vorderste, PkhO, oder Perekhodnoi Otsek „Zwischenabteilung“ verbindet das Servicemodul mit der Wiedereintrittseinheit. Es ist mit dieser an zehn Punkten verbunden, davon fünf mit pyrotechnischen Sprengbolzen und fünf mit Federn, die bei der Trennung die beiden Module voneinander separieren. Diese Sektion enthält auch die Sauerstofftanks für die Bordatmosphäre und die Triebwerke zur Kontrolle der räumlichen Lage.
Die zylinderförmige Instrumentensektion PO, oder Priborniy Otsek enthält den Großteil der Bordelektronik. Wie in Russland üblich, wurde eine einfache Methode gewählt, um diese weltraumtauglich zu bekommen: Sie befindet sich in einem druckdichten Behälter, in dem Stickstoff durch Lüfter umgewälzt wird – er kühlt die Elektronik und diese muss nicht im Vakuum arbeiten. Hier befindet sich der Bordcomputer, die Steuerung der Annäherung, die Telemetrieausrüstung, kurzum der Großteil der gesamten Elektronik der Sojus. In der Wiedereintrittskapsel befindet sich nur eine abgespeckte Version, ausreichend für die Steuerung nach Abtrennung von dem Servicemodul und die Anzeige- und Bedieneinheiten. Das ist ein Designunterschied zum Westen, wo die Avionik in der Mannschaftskabine untergebracht ist. An der Instrumentensektion befinden sich zwei Solarpaneele aus je vier Segmenten. Sie werden sofort nach Abtrennung von der Trägerrakete entfaltet und laden die Batterien für den Betrieb im Erdschatten auf. Sie haben eine Fläche von 10 m².
Der letzte Teil ist die Antriebseinheit AO, Agregatniy Otsek. Sie enthält das redundant vorhandene Haupttriebwerk des Typ KTDU-80, die Treibstofftanks und die Triebwerke zur Feinjustage bzw. Kurskorrektur bei der Annäherung. Je zwei Tanks nehmen das UDMH und Stickstofftetroxid auf. Die Treibstoffzuladung stieg von 500 kg bei Sojus 1 auf 880 kg bei der Sojus TMA-Serie, auch weil die Sojus immer schwerer wurde und so mehr Treibstoff zum Erreichen des endgültigen Orbits benötigt wird. Die Sojus-Trägerrakete bringt das Raumschiff in eine elliptische Bahn von 195 km × 250 km Höhe. Mit dem Haupttriebwerk wird der Orbit dann sukzessive angehoben, bis der Rendezvouskurs erreicht ist. Für die Ankopplung werden nur die Steuertriebwerke eingesetzt.
Beim Start umgibt das Rettungssystem SAS (??????? ?????????? ????????) die Kapsel. Es ist über der Nutzlastverkleidung angebracht und unterhalb des Wiedereintrittsmoduls befestigt. Im Falle einer Havarie brennt es je nach Höhe 2-6 s lang und beschleunigt die Nutzlastspitze um 50-150 m/s. Dazu dienen mehrere Feststofftriebwerke, die kurz nacheinander gezündet werden. Dabei wird nicht nur die Wiedereintrittskapsel abgetrennt, sondern auch das Wohnmodul und die darüber liegende Nutzlastverkleidung. Das Servicemodul verbleibt auf der Trägerrakete. Die Beschleunigung reicht aus, um bei einem Startabbruch auf der Startrampe die Kapsel in 1-1,5 km Höhe zu befördern. Aus dieser Höhe kann die Kapsel sicher mit den Fallschirmen landen. Sobald eine sichere Entfernung von der explodierenden Rakete erreicht ist, werden Rettungssystem und Wohnmodul mit der Nutzlastverkleidung abgetrennt.
SAS ist aktiv bis 112 s nach dem Start. Vier Sekunden später wird der Fluchtturm selbst von der Rakete abgetrennt. Dazu wird derselbe Antrieb genutzt, der sonst die Kapsel abtrennen würde. Mit SAS wird auch die Nutzlastverkleidung abgetrennt. Zu diesem Zeitpunkt ist das Raumschiff schnell genug, dass bei einer Havarie der Brennschluss der Trägerrakete ausgelöst werden kann. Dann würde die Kapsel eine suborbitale Bahn durchlaufen und landen.
Auch wenn der Fluchtturm abgetrennt ist, überwacht das SAS weiterhin die Rakete und trennt beim Vorliegen einer gravierenden Anomalie die Sojus von der Oberstufe Block I ab. Dies geschah einmal bei Sojus 18A, als nach Trennung von Zentralblock und Oberstufe nicht alle Verbindungen zwischen beiden Stufen rissen und dadurch eine Abweichung im Schubvektor resultierte. In diesem Falle wird das ganze Sojus-Raumschiff abgetrennt, wofür das Haupttriebwerk im Servicemodul eingesetzt wird. Erst danach werden Wohnmodul und Servicemodul abgetrennt.
SAS durchlief wie die Evolution von Sojus diverse Veränderungen. Dies rettete der Besatzung von Sojus T-10-1 das Leben. Das erste System konnte weder vom Kontrollzentrum ausgelöst werden, noch hätte es auf dem Boden die Besatzung in Sicherheit bringen können. Am 26.9.1983 explodierte die Trägerrakete von Sojus T-10-1 nur 108 s vor dem Start. Vom Kontrollzentrum aus wurde SAS per Funksignal ausgelöst, weil die Kabel, die SAS mit der Steuerung verbanden, durch die Explosion verbrannt waren. Die Besatzung landete vier Kilometer vom Launchpad entfernt. Es war der einzige Einsatz des Rettungsturms während der Einsatzgeschichte der Sojus. SAS wurde ursprünglich auch zum Start der Progress eingesetzt. Um die Nutzlast zu maximieren, wird es bei den Flügen der Progress M+M1 weggelassen. Die schwerer werdende Sojus führte auch zum Verschieben des Abtrennungszeitraums von 166 s bei der ersten Generation auf derzeit 112-114 s nach dem Start.
Sojus TMA | |
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Länge: | 6,98 m |
Durchmesser: | 2,72 m Rumpf, 10,60 m Spannweite |
Startgewicht: | 7.220 kg |
SAS | |
Länge: | 6,62 m |
Gewicht: | 7.635 kg |
Schub: | 450-713 kN über 2-6 s. |
Beschleunigung: | 10-17 g |
Abtrennung: | nach 112-114 s |
Wohneinheit | |
Länge: | 2,98 m |
Maximaler Durchmesser: | 2,20 m |
Volumen: | 6,6 m³ |
Gewicht: | 1.370 kg |
Wiedereintrittseinheit | |
Länge: | 2,10 m |
Maximaler Durchmesser: | 2,20 m |
Volumen: | 4 m³ |
Gewicht: | 2.950 kg |
Triebwerke: | 6 × 98 N |
Serviceeinheit | |
Länge: | 2,50 m |
Maximaler Durchmesser: | 2,70 m |
Minimaler Durchmesser: | 2,20 m |
Gewicht: | 2.600 kg |
Triebwerke: | 2 × 3.962 N
16 × 98 N (Kurskorrekturen) 8 × 98 N (Änderung der räumlichen Lage) |