Bernd Leitenbergers Blog

Zehn Tage im Mai

Skylab - erste VisiteAm 14.5.1973 startete Skylab-1 mit der drittletzten Saturn V Trägerrakete. Die beiden weiteren verbliebenen Exemplare wanderten ins Museum.

Nach dem Start fehlte im Orbit die Rückmeldung über das Ausfahren der Solarzellen des Orbitalworkshops (OWS), dafür gab es eine über das Ausfahren des Mikrometeoritenschilds – 30 s zu früh! Vor allem stiegen die Temperaturen an Bord rapide an – innerhalb von wenigen Stunden auf 90 °C an der Wand und später bis zu 54 Grad im Inneren der Station. Eine spätere Analyse zeigte, dass in der 60-sten Sekunde nach dem Start, als die Rakete die Schallgrenze durchbrach, das Problem begann. Innerhalb von 3 s entrollte sich vorzeitig der Mikrometeoritenschutzschild. Dabei nahm er einige Halterungen des Sonnenflügels mit. Dadurch konnte auch dieser sich entfalten – zumindest Flügel 2, der nun lose war. Nach dem Ausbrennen der zweiten Stufe durchtrennten deren Absprungraketen der S-II dann die Befestigung eines der Solarpaneele, während das andere durch ein durch ein verbogenes Aluminiumblech geschützt wurde. Sie verhinderte aber auch das Entfalten des zweiten Flügels.

Die Folgen waren gravierend: Zum einen fehlte nun die Stromversorgung aus den beiden Solarpaneelen, die am OWS angebracht waren. Skylab hatte nun nur noch 35-40% der nominellen Stromversorgung und es war nicht sicher, ob sie vollständig wiederhergestellt werden könnte. Vor allem aber war es zu heiß in ihr. Der Mikrometeoritenschutzschild befand sich nicht direkt auf der Hülle, sondern 12 cm entfernt. Er absorbierte also Sonneneinstrahlung, ohne sie an die Außenhülle weiterzugeben. Das erzeugte eine Folge von weiteren Problemen. Die Kunststoffe gasten nun aus und mehrfach musste die Atmosphäre an Bord ausgetauscht werden.

Nach dem Positionieren in einer Lage, die möglichst wenig der Stationsoberfläche der Sonne aussetze, waren die Innentemperaturen immer noch bei noch bei 43 °C. Nun erarbeitete die NASA ein zweistufiges Konzept: Die erste Mannschaft sollte ein die Situation klären,die Stromversorgung wiederherstellen und ein einfaches Segel von 6 x 6 m Größe mit Teleskopstangen ähnlich einer Angelrute entfalten. Das Hauptproblem war es das Paket so zu falten, dass es in die 22 x 22 cm große Luftschleuse an der Seite des OWS passte. Später sollte dann ein größeres Segel im All montiert werden, bestehend aus 1,50 m langen Stangen, die mit Karabinerverschlüssen verbunden waren. Bestehend aus 11 Stangen war jedes der beiden Doppelstangensegel 16.5 m lang. Es bildete ein rechteckiges Segel, dass den ganzen OWS abdecke. Zusammen mit einer Mylarfolie von 20 kg Masse, bestrichen in einer UV-beständigen Farbe wog das gesamte Paket 50 kg.

Hektisch begannen nun die Vorbereitungen für die erste Mannschaft, die mit der Mission Skylab 2 zur Station aufbrechen sollte. Ursprünglich sollte dieses am Folgetag starten. Dies wurde nun um 10 Tage verschoben. In Houston wurde das Konzept des Parsols entwickelt. Dies war das provisorische Sonnensegel, bestehend aus dünnen, biegsamen Streben, verbunden mit Klappfedern und überzogen mit einer goldüberzogenen Mylarfolie. Vier Streben bildeten ein 6,40 x 6,40 m großes Segel. Es entfaltete sich durch die Federn nach Verlassen der Luftschleuse. Bedingt durch deren Abmessungen war aber nur eine dünne Folie möglich, die zudem nicht die ganze Oberfläche bedecken würde.

Die Astronauten trainierten nun im MSFC in Huntsville an einem Skylabmodell im Neutralauftriebsimulator von 23 m Durchmesser und 12 m Tiefe. Vor allem die Befreiung des Solarzellenflügels stand im Vordergrund. Verschiedene Schneidwerkzeuge, Verlängerungen und Techniken wurden probiert. Parallel wurde das „Marshall Spinnaker“ Segel erst von rund 80 Ingenieuren in 6300 Arbeitsstunden in zwei Arbeitsschichten innerhalb von sechs Tagen entwickelt. Es fanden Tests der Stangen statt und bei ILC Industries wurde die Mylarfolie genäht, mit der Spezialfarbe S-136 bestrichen und auf eine Nylonbasis genäht.

Am 23.5.1973 flogen Schneidwerkzeuge und beide Sonnensegel zum Kennedy Space Center, wo sie in der Apollokapsel verstaut wurden. Am 25.sten starteten dann Witz, Kerwin und Conrad zu Skylab. Eine weitere Verspätung hielt der Flugdirektor angesichts der alarmierenden Daten über den Zustand der Station für nicht vertretbar. Schon die ersten Bilder der Station, aufgenommen mit einer TV-Kamera schockierten am Boden: Die Solarzellenflügel waren nicht nur nicht entfaltet! Es fehlte sogar Flügel 1.

Vor dem Andocken versuchte Kerwin, nachdem sich die Kommandokapsel bis auf 1 m an die Station näherte, von der geöffneten Luke aus den Flügel zu entfalten, kam aber trotz verlängerten Schneidwerkzeugen nicht an die Lasche heran. Auch das Ankoppeln klappte zuerst nicht. Elektrische Verbindungen kamen nicht zustande und mussten von den Astronauten handverdrillt werden. Am nächsten Tag wurde die Luke geöffnet und durch die Luftschleuse der Parasol entfaltet. Dies klappte reibungslos und das Heck des OWS war nun vor Sonneneinstrahlung geschützt und innerhalb von Stunden sanken die Temperaturen von 43 auf 27 Grad Celsius und blieben dann stabil über die Skylab-2 Mission. Eine Entfaltung des Marschall Spinnackers, der auch mitgeführt wurde, sagte die Missionskontrolle ab, nachdem nun schon das Entfalten des Paneels nicht geklappt hatte und es Probleme beim Ankoppeln gab. Dies sollte die zweite Besatzung durchführen, die nun mehr Zeit hatte dieses aufwendige und kritische Manöver zu erproben.

Doch nach wie vor hatte Skylab zu wenig Strom. Sein Betrieb war dadurch eingeschränkt und dies war keine akzeptable Lösung. So machte Pete Conrad den Vorschlag, nochmals zu versuchen, den Flügel zu entfalten. Diesmal von der Außenseite des OWS aus. Das war riskant: Die scharfen Kanten der Halterung könnten den Raumanzug beschädigen und aufgrund der Position des Flügels war Conrad außerhalb des Sichtbereiches von Kerwin in der Luftschleuse. Er war nur gesichert durch die Verbindungsleine. Auch diesmal klappte es zuerst nicht. Die Abtrennung wurde mit der um 7,5 m verlängerten Blechschere durchtrennt. Das klappte sehr gut. Die Astronauten konnten die Schere über einen Seilzug fern betätigen. Jedoch: der Flügel entfaltete sich nicht. Das Dämpfergestänge mit einem hydraulischen Stoßdämpfer war in der Kälte des Raums eingefroren. Nun stemmte sich Conrad zwischen OWS und Flügel und richtete sich auf und mit der Muskelkraft brachte er die Kraft auf, den Flügel zu entfalten – wobei er durch den Impuls ins all hinausgetrieben wurde. Kerwin zog ihn dann mit der Verbindungsleine zurück in die Luftschleuse.

Skylab hatte nun genügend Strom um die Experimente durchzuführen – und auch für eine Dusche für die Astronauten, die Erste nach 12 Tagen. Es blieb der zweiten Besatzung vorbehalten das endgültige Schutzsegel zusammenzubauen und anzubringen. Das funktioniere nach ausgiebigem Training reibungslos und wurde am 7.8.1973 am zehnten Tag der Skylab-3 Mission durchgeführt. Es senkte die Innentemperaturen auf wohnliche 22 Grad. Damit war aus einer fast verlorenen Raumstation eine behagliche Bleibe im All geworden.

So, nun zum Musiktipp für heute. Es ist „More than a Feeling“ von Boston. Mich erinnert es an eine Zeit in der ich mal verliebt war und das Lied auch meine Gefühle ausdrückte. Damals hörte ich das und „Don’t Stop me now“ von Queen jeden Tag ein paar mal. Siebzehn Jahre später habe ich als mich für diesen Blog nach Erinnerungen kramte, nicht mal an den Nachnamen der Dame erinnern können. immerhin an den Geburtsmonat. Das ist irgendwie symptomatisch für mich: An Gesichter und Namen kann ich mich kaum erinnern, aber ich habe kein Problem mit Zahlen und vor allem verbinde ich oft Musik mit Ereignissen. (Deswegen auch diese Rubrik). Gestern hörte ich beim Schwimmen wieder das Lied und wurde sofort wieder an das Jahr 1993 erinnert.

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