Eine neue Chance für den Buchhandel?
Ich glaube keine Branche hat so unter Internetshops gelitten, wie der Buchhandel. Es gibt eine Reihe von Gründen. Das eine ist das es wohl kaum eine Branche gibt, mit so vielen lieferbaren Artikeln. Wie viele verschiedene Fernseher gibt es? Vielleicht einige Hundert. Dabei unterscheiden sie sich in vielleicht einem Dutzend technischen Merkmalen. Innerhalb jeder Kategorie gibt es dann noch verschiedene Modelle von verschiedenen Herstellern. Ein Fachhandel muss daher nicht alle Modelle führen, um trotzdem jedem Kunden genau das Modell verkaufen zu können, das seinen Bedürfnissen entspricht. Dagegen gibt es in Deutschland sicherlich mehr als eine Million lieferbare Bücher. Und jedes ist ein Unikat. Wer an meinem Raketenlexikon interessiert ist, dem nützt wohl das Raketentypenbuch von Reichl nicht so viel und umgekehrt. Selbst große Häuser halten oft nur die am häufigsten verkaufen Bücher vor und wer sich für spezielle Gebiete interessiert, findet selbst in großen Geschäften nur wenige, meist verkaufte Bücher.
Das zweite ist die Buchpreisbindung in Deutschland, die es einem nicht ermöglicht, Rabatte einzuräumen, außer man deklariert ein Buch als Mängelexemplar oder ein Verlag bringt ein Buch als neue Edition heraus.
Gegenüber Amazon haben daher Buchläden mehr Nachteile als Fachgeschäfte. Es kommt ja auch noch dazu dass Amazon, Libri und Bücher.de die Bücher versandkostenfrei versenden – so gibt es auch keinen preislichen Nachteil beid er Bestellung per Internet. Mehr noch: Bei englischen Büchern habe ich oft die Möglichkeit, diese günstiger zu erhalten, da es dort die Buchpreisbindung nicht gibt. Bei Print on Demand kommt noch dazu, dass Amazon meinen Erfahrungen nach, nach den ersten Bestellungen einige Exemplare auf Vorrat ordert, sodass die Bücher sofort lieferbar sind, während man im Buchhandel 1-2 Wochen warten muss.
Nun soll aber gerade Print on Demand die Sache völlig ändern: Aus Amerika kommt die Idee, dass die Buchhandlungen die Büchern selbst drucken. Zumindest bei Paperback Büchern, die wohl das Groß darstellen. (eine feste Bindung verteuert das Buch entscheidend). Es wandert dann eine Druckmaschine in den Buchladen. Ich finde die Idee toll – eigentlich hätte da schon früher jemand drauf kommen können. Heute erreichen schon normale Arbeitsplatzlaser 30 S/min. Mit zwei Druckwerken hintereinander, damit man Vor und Rückseite gleichzeitig bedrucken kann, würde eine solche Maschine 120 S/min erreichen. (Es gibt immer zwei Buchseiten pro Papierseite). Ein 240 Seiten Buch ist dann in 2 Minuten gedruckt und noch eine Minute für das Schneiden, kleben und Binden, dann ist in 3 Minuten ein Buch fertig. –
Mit einem Farblaserdrucker wären auch Farbdrucke möglich. Vielleicht sogar preiswerter als beim normalen Druck: Bei BOD z.B. betragen die Druckkosten für mehr als 100 Exemplare und 240 Seiten 7,45 € für S/W und 24,65 € für Farbe. (kostendeckende (0% Gewinn) Verkaufspreise: 12,20 und 39,70 Euro). Demgegenüber sollten eigentlich die Druckkosten durch Farbtoner nicht so viel höher liegen.
Für den Buchhandel sollten sich die Drucker amortisieren, dadurch dass ihr Gewinn noch größer ist – sie drucken ja nun auch das Buch. Auch hier eine Beispielsrechnung. Gute S/W Laser erreichen Druckkosten von 0,9 ct pro Seite. Bei Doppelseitigem Druck und dem Papier (0,8 ct) kommt man so zu Druckkosten von 2,6 ct für 4 Buchseiten auf 1 Blatt Papier. 240 Seiten kosten dann 1,56 Euro im Druck. Verglichen mit den Druckkosten von Verlagen ist das recht günstig.
Probleme könnten die verschiedenen Formate machen. Nicht nur in meinem Buchregal stelle ich fest, dass jeder Verlag andere Formate hat. Aber die könnte man standardisieren. Auch für den Käufer gibt es Vorteile: Es könnte noch schneller gehen. Denn das Buch ist in wenigen Minuten gedruckt. Er könnte auch vorher am Computer es mal Probelesen (oder der Händler hat e-book Reader, dann gäbe es sogar eine Art „Buch-Feeling“) und da der Buchhändler nun auch Verlag ist, könnte es vielleicht Rabatte geben. Wobei ich die Buchpreisbindung sowieso überarbeitenswert finde. Als Autor möchte ich meine Marge haben, der Verlag seinen Gewinn auch. Aber wenn der Händler etwas billiger verkauft und damit seinen Gewinn reduziert, dann ist das seine Sache. (Wer mal den Preiskalkulator von BOD bemüht und mal anschaut wie die Marge bei steigendem Verkaufspreis ansteigt, stellt fest dass der Handel das meiste Geld macht. Meine Schätzung liegt bei 50 % des Gesamtpreises).
Mich erinnert das ein bisschen an die neunziger Jahren. Damals bot ein großer Buchhändler an CD’s zu brennen – der Benutzer wählte aus einem Katalog von Shareware und Freewareprogrammen die aus die er haben wollte und die wurden dann auf CD gebrannt. Die Idee starb aus, weil es einfacher war die Software aus dem Internet herunterzuladen. Doch das Internet macht nun gerade diese Idee möglich. Alles frisch vor Ort herstellen ist en vogue. Beim letzten Urlaub sah ich in der dortigen ALDI Filiale einen Brotbackautomaten. Ausprobiert habe ich ihn aber nicht. Bei Brot finde ich es auch etwas übertrieben. Ob das nun einige Stunden alt ist oder nicht juckt mich nicht so und Brötchen backe ich eh immer frisch auf.
Eine Marge von 50% ist in den letzten 50 Jahren eine übliche Größe im deutschen Einzelhandel gewesen. Diese Marge wird üblicherweise benötigt um die Vereinzelungs und Vorratskosten zu decken, und das Ladengeschäft zu betreiben.
Ausnahmen sind der Lebensmittelhandel, wo der Preisdruck die Marge extrem einschränkt, und so zu Supermärkten und der Konzentration geführt hat.
Die nächste Ausnahme wurde der Computerhandel wo die Marge recht bald stark sank, anderenfalls wären PCs für den Normalbürger nicht bezahlbar gewesen; und der Versandhandel, der bei Computern recht gut funktioniert, hat die Preise gedrückt.
Seit der „Geitz ist geil“ Werbung wird auch viel Unterhaltungselektronik über Supermärkte verkauft.
Nun ich habe nichts gegen die Marge an sich. Nur wird sie durch die Buchpreisbindung ja für alle festgeschrieben. In diesem Sinne profitieren die großen Versender von der Marge, die keine Buchhandlung betreiben und keine Vorratshaltung.
In gewisser Weise profitieren sie dadurch. Dies kann sich positv auf den Gewinn auswirken. Aber dass heißt nicht, dass sie mit der Abschaffung der Buchpreisbildung an Wettbewerbsfähigkeit einbüßen, bzw. lokale Händler gewinnen.
Durch die höheren Gewinne pro Buch, gibt es für den Onlinehändler auch einen größeren Spielraum um bei einer Öffnung des Marktes einen Verdängungswettbewerb über den Preis anzuzetteln.
Weiterhin kann dann der Druck auf die Verlage größer werden Vertiebspreise an Händler(u.a. siehe auch ¶6 BuchPrG). Dann geht es auch an den Verlags- und Autorenanteil.
Generell weiß ich nicht, ob die Print-on-Demand-Variante den lokalen Händlern wirklich hilft. Einmal geht es an den „Buchliebhabern“ vorbei. Also an der Hardcoverfraktion. Gerade solche Leute gehen ja eher noch in de Buchhandel. Auch werden ja nun nicht wenige Bücher auch verschenkt. Da macht sich die Ausdruckvariante auch nicht optimal. Da kommt es sowieso nicht so sehr auf die Zeit(2 Tage) an.
Es gibt natürlich Leute, die unbedingt sofort ein Buch brauchen, aber das ist dann meist gezielt. Also kommt man schnell in den laden, druckt es sich aus und ab dafür. Sind die voll automatischen DVD-Verleihstationen bekannt? So etwas schreit danach – 24h-Ausdrucksstationen.
Bücher werden teilsweise auch über Supermärkte verkauft. Da krankt es vorallem an der Auswahl, sodass es noch keine wirkliche Konkurrenz ist. Das würde sich mit solchen Druckern(neben den Fotoentwicklungsautomaten) lösen.
Das könntenn sich durchaus für einzelne Händler lohnen, nur denke ich nicht, dass das etwas an den langfristigen Tendenzen ändert. Und die Anschaffungskosten für solche Automaten sind ja in der Praxis auch nicht irrelevant, sodass ein großflächiger Einsatz(vorallem beim lokalen Buchhändler) nicht so wahrscheinlich scheint.