Am deutlichsten wird das anhand der handgezeichneten Abbildung links. Sie zeigt in der Y-Achse die Energie die ein Stoff inne hat. Auf der X-Achse steht dagegen nichts, man könnte unter bestimmten Umständen einen Zeitverlauf dort hineininterpretieren.
Jeder stabile Stoff steckt in einem Energietal. Wenn er reagiert, so muss er Energie aufnehmen. Wir nennen das als Chemiker Aktivierungsenergie. Erreicht er diese, das entspricht dem Berg im Diagramm, so findet die Reaktion statt. Das gilt auch bei Reaktionen, die exotherm sind (es wird Energie frei), nur ist dann das Tal der Produkte rechts tiefer liegt, als das Tal der Edukte (Ausgangsstoffe) links. Eine chemische Reaktion läuft derart ab, dass die Edukte Energie aufnehmen, die Aktivierungsenergie erreichen und dann miteinander reagieren. Dabei entsteht ein Zwischenzustand, der instabil ist und weiter reagiert. Dabei wird das erste Tal rechts erreicht. Es kann nun der Fall vorliegen, dass dies das einzige mögliche Produkt ist. Es gibt dann nicht mehr das zweite Tal rechts. In diesem Fall sind thermodynamischer und kinetisch stabiler Zustand identisch. Wenn das nicht der Fall ist, dann ist dies der kinetisch stabilste Zustand.
Er ist dadurch gekennzeichnet dass er als erster bei einer Reaktion entsteht und an sich ein stabiles Produkt bildet. Gibt es aber genügend Energie, dann kann hat das Molekül die Möglichkeit den zweiten Berg, also die zweite Energiebarriere zu überwinden und erreicht den zweiten Zustand rechts, der tiefer liegt, also einen niedrigeren Energiegehalt aufweist. Dies ist der thermodynamisch stabile Zustand. Vereinfacht gesagt: Der thermodynamisch stabile Zustand ist der eigentlich stabile, energieärmste Zustand. Führt man genügend Energie zu, so erreicht jedes System diesen Zustand. Der kinetisch stabile Zustand ist ein metastabiler Zustand, der bei einer Reaktion als erstes erreicht wird, bei vielen Reaktionen sind die Barrieren zwischen beiden Zuständen so klein, das praktisch nur der thermodynamisch stabile Zustand existiert. Es kann aber auch sein, dass die Energiebarriere so hoch ist, das der kinetisch stabile Zustand praktisch der am häufigsten vorkommende ist oder er zumindest er unter Normalbedingungen stabil ist. So lernte ich noch in der Uni, das Diamant die kinetisch stabile Modifikation des Kohlenstoffs ist und Graphit die thermodynamisch stabile. Das scheint nach neueren Forschungen bezweifelt zu werden – das Problem ist, das zwischen der SP3 Konfiguration des Diamants und der SP2 Konfiguration von Graphit ein so hoher Energieberg liegt, dass man dies praktisch nicht prüfen kann.
Wie bekommt man nun eine der beiden Konfigurationen? Indem man die Reaktionsbedingungen richtig wählt. Bei einer exothermen Reaktion z. B., indem man kühlt, damit nicht allzu viele Moleküle die Aktivierungsenergie zum Erreichen der thermodynamisch stabilen Konfiguration erreichen können:
Bei der beschriebenen Reaktion von Methylbenzol und Methylchlorid zu Xylol entstehenden je nach Temperatur folgende Gemische:
Temperatur | o+p Xylol | m-Xylol |
0 Grad C | 73 % | 27 % |
55 Grad C | 13 % | 87 % |
106 Grad C | 2 % | 98 % |
Da es hier praktische Temperaturgrenzen gibt (unterhalb einer bestimmten Temperatur springt die Reaktion nicht an, oder das Gemisch ist nicht flüssig sondern kristallisiert aus, oberhalb einer bestimmten Temperatur verdampft die Mischung oder reagiert zu anderen Produkten weiter) erhält man so oft in der organischen Chemie ein Gemisch.