Alles Wurst, oder?
Da nun gerade wieder mal ein neuer Spot eines bekannten Wurstherstellers läuft, mit dem ich mich schon vor einem Jahr beschäftigt habe, worauf mir dieser mit einer Klage durch einen nicht fachkundigen Rechtsanwalt drohte, will ich mich mal mit dieser Fabrik beschäftigen. Den Spot mit der irreführenden Werbung musste die Firma ja einstellen. Offensichtlich stand ich mit meiner Meinung ja nicht alleine.
Heute geht es um die allgemeine Aussage der Werbung, die immer noch Jörg Pilawa als Prominenten einsetzt. Alle Spots fangen an mit der Abbildung einer Mühle an. Es ist nie dieselbe, aber sie sieht nie nach einer alten Mühle aus, sondern eher kitschig, manchmal eher wie ein Spielzeugmodell. Das scheint auch bei der aktuellen Mühle der Fall zu sein, die eher wie aus dem Legoland aussieht. Die Perspektive lässt keine Größenbeurteilung zu.
Die Mühle findet sich auch in dem Firmennamen und vor allem in den Produktnamen, die etwas handwerkliches vermitteln sollen. Das ist zum einen das Recht Produktnamen frei zu wählen, zum anderen wird natürlich dadurch suggeriert, dass da ein kleiner Fleischer sein Würste handwerklich herstellt, anstatt eine Fabrik in großen Kesseln ganze Schweineladungen verarbeitet. Auf der anderen Seite ist es natürlich komisch, wenn ein Betrieb, der seinen Sitz in Bad Zwischenhahn hat, so besonders Wertauf die Hervorhebung des ehemaligen deutschen Namens von Darlowo und Pommern legt. Man mag nun annehmen, dass sich dies auf die Rezeptur der Würste bezieht. Doch selbst der Wursthersteller räumt ein, diese verändert zu haben. Das ist nicht ungewöhnlich. Verglichen mit vor einigen Jahrzehnten sind heute Würste allgemein fettärmer geworden und der Hersteller kann sich diesem Trend natürlich nicht verschließen.
Das die Personen, die mit Jörg Pilawa abgebildet sind nicht zu seiner Familie gehören und der Spot in Südafrika gedreht wurde, verwundert einen nicht, aber das ist normal in der Werbung.
Aber kommen wir mal zu dem was beworben wird: Alles wird vom Institut Fresenius kontrolliert. Das ist löblich, doch man sollte es nachprüfen. Das ist auch möglich wenn man die Website des Herstellers besucht und sich dort umsieht. Von dort stammen auch die folgenden Angaben. Wesentliche chemische/physikalische Parameter werden 170 mal im Monat kontrolliert. Das Werk einmal pro Monat. Schlachtereien einmal pro Monat und die Landwirte werden nicht jährlich kontrolliert (2-5% der Betriebe pro Jahr). Also bei einem Betrieb dieser Größe (149 Millionen Euro Jahresumsatz) ist das nicht so viel. Nur mal zum Vergleich: Das interne Labor führt pro Jahr 13.000 Analysen durch, also sechsmal so viele wie Fresenius. Was mich interessieren würde, Rückstände an Hormonen, taucht nicht im Analysenplan für die Proben der Produktion auf und wenn nur 2-5% der Landwirte pro Jahr kontrolliert werden, dann ist die Chance, dass unerlaubter Einsatz entdeckt wird nur bei 1:30 bis 1:50. Also mir als Verbraucher würde das nicht reichen. Es sind übrigens trotzdem 160 Landwirte pro Jahr, woraus in etwa mal abschätzbar ist wie viel Fleisch diese „Mühe“ pro Jahr benötigt.
Daher ist für mich nicht nachvollziehbar, wie diese externe Kontrolle so viel überzeugender sein soll als die interne. Diese führt nicht nur mehr Probenentnahmen und Analysen durch, sondern ist ja auch näher am Produktionsprozess. Bis Fresenius nur die Proben im Labor hat, ist die Wurst ja längst schon verladen oder gar verkauft.
Vor allem sollte mal die Probenzahl im Verhältnis zum Umsatz gesehen werden. Der beträgt 149 Millionen Euro. Von dem Verkaufspreis der Wurst kommt vielleicht 50 % beim Hersteller an, das bedeutet rund 5 Euro pro Kilogramm Wurst. Es müssen also rund 30.000 t Schweinefleisch verarbeitet werden um diesen Umsatz zu erzeugen (soviel zum kleinen Mühlenbetrieb). 2040 Proben von Fresenius pro Jahr entsprechen einer Probe auf 15 t Fleisch. Das entspricht bei 40 kg nutzbarem Fleisch pro Schwein (es gibt auch nicht nutzbare Anteile, Knochen, Sehnen, Innereien) rund 375 Schweinen. Also für mich ist das kein dicht geknüpftes Probennetz. Da kann gleich eine ganze Schweineladung mit Hormonrückständen durch das Raster schlüpfen.
Ich vermute bei den Preisen, die man für eine so große Anzahl an Proben herausschlagen kann, schon die Drehkosten für den Spot, geschweige die Kosten für die Ausstrahlung erheblich höher sind als die Beträge, die für Fresenius bezahlt werden. Ich halte es für eine reine, recht billige P&R Aktion, zumindest bei den im Vergleich zur Eigenkontrolle recht geringen Probenzahlen.