Säuren und Laugen
So, mal wieder Zeit für eine Folge des Chemie Grundkurses. Heute beschäftige ich mich mal mit dem Konzept von Säuren und Basen. Die meisten können ja ein paar Säuren aufzählen. Populär sind z.B. Salzsäure und Schwefelsäure. Manche kennen auch Basen (Laugen im Volksmund) wie Kalilauge oder Natronlauge. Aber mal zum chemischen Konzept.
Es wurde entdeckt, dass im Wasser selbst im reinsten Fall nicht nur aus Wassermolekülen besteht. Das Wassermolekül zerfällt zu einem kleinen Teil in ein H+ und ein OH– Ion. Das geschieht recht selten, nur bei jedem 10 Millionensten Wassermolekül geschieht dies. So gibt es 10-7 H+ und 10-7 OH– Ionen im Wasser. Das Produkt ergibt dann eine wichtige Konstante: 10-14. Säuren sind nun Stoffe die leichter als das Wasser H+ Ionen abgeben und dadurch die Menge an H+ im Wasser erhöhen und Basen geben leichter OH– ab und erhöhen so die Konzentration an OH–.
Dabei ist das Produkt der Konzentration von OH– und H+ immer konstant. Hat also eine Säure die Konzentration von H+ auf 10-4 erhöht, so sinkt die von OH– auf 10-10, sodass das Produkt immer noch 10-14 beträgt. Daher hat man diese Eigenschaft des Wassers genommen, um die Menge einer Säure oder die Stärke einer Säure (analog Basen) zu quantifizieren. Logarithmiert man die Konzentration an H+, so erhält man im Wasser einen Wert von 0 (100) bis 14 (10-14). Neutrales Wasser hat einen Wert von 7. Das ist der ominöse pH Wert, von dem man ab und an hört. Säuren haben einen von kleiner als 7, basische Lösungen einen von mehr als 7.
Klassische Säuren nennt der Chemiker auch Brönstedt Säuren. (Brönstedt Säuren/Basen). Es sind Verbindungen die Protonen abgeben, die dann im Wasser zu dem H3O+ Ion reagieren. Salzsäure, Schwefelsäure oder Salpetersäure reagieren so. Sie enthalten entweder ein stark elektronegatives Zentralatom wie die Salzsäure, oder Sauerstoffatome entziehen dem Zentralatom Elektronen, sodass es gerne von einem Wasserstoff sich die Elektronen „ausleiht“. Im Allgemeinen findet man diesen Effekt bei zahlreichen Säuren. Das Gegenteil ist bei Basen der Fall. Kalilauge oder Natronlauge bestehen aus Zentralatomen die nur eine geringe Elektronegativität aufweisen. (siehe dieser Blog von mir). Brönstedt Basen sind daher Protonen Akzeptoren. Die einen Substanzen geben also Protonen an das Wasser ab und die anderen entziehen aus diesem die Protonen, wodurch die Anzahl der OH– Ionen ansteigt.
Bei organischen Verbindungen findet man z.B. die Säuregruppe -COOH, d.h. an einem Kohlenstoffatom ist ein Sauerstoff doppelt gebunden und einer über einer Einfachbindung. Das shwächt die dortige -OH Bindung so sehr, dass dort das Proton komplett abgegeben wird. Übrigens schlägt auch hier die Edelgaskonfiguration zu: Das Proton hat gar keine Elektronen mehr und der Sauerstoff nun acht.
Im Prinzip kann man damit alle Säuren und Laugen erklären, die man als Laie so kennt. Ich will der Vollständigkeit halber noch erwähnen, dass es noch eine weitere Definition gibt, die der Lews-Säure/Base. Sie löst sich los von den Protonen und geht über auf eine allgemeine chemische Eigenschaft, die freier Elektronenpaare. Doch für einfache Säuren reicht die alte Brönstedt Definition aus. Jede Brönstedt Säure ist auch eine Lewissäure. Andere Verbindungen die nur schwach sauer reagieren kann man aber nur nach Lewis erklären.
Wichtig wäre noch zu wissen, das Säuren unterschiedliche Stärken haben können. Bei der Salzsäure wird praktisch jedes Molekül ein H+ Ion abgeben. Doch dem muss nicht so sein. Andere Säuren sind nur „mittelstark“ wie z.B. die Phosphorsäure. Zahlreiche organische Säuren wie die Essigsäure, Zitronensäure etc. sind schwach. Bei diesen Molekülen gibt nicht jedes Molekül ein H+ Ion ab, sondern nur ein kleiner Bruchteil. (Bei der Essigsäure nur etwa jedes 100.000 ste Molekül). Das merkt man auch beim p.H Wert: Gibt man ein Mol (eine bestimmte Anzahl an Atomen) einer Starken Säure ins Wasser so sinkt der pH Wert auf 0, Bei einer schwachen Säure nur gering, bei vielen organischen Säuren z.B. maximal auf einen Wert von 3. Dasselbe Phänomen kennen wir auch bei Basen. Auch hier gibt es starke Basen wie Kalilauge, Natronlauge und schwache wie Pottasche, Soda oder Ammoniak. Starke Basen bewirken eine Verschiebung des p.H Werts in Richtung 14, während bei schwachen Basen er nur leicht über 7 steigt z.B. in Richtung 10+11. Die Stärke einer Säure ist über einen logarithmischen Wert quantifizierbar, den pKs Wert. Er ist der logarithmische wert der Dissoziationskonstante. Dissozieren 10% der Moleküle (10-1) so beträgt der pkS Wert z.B. 1. Die Berechnung ist analog dem pH Wert. Starke Säuren haben einen von 0 bis 1. Schwache Säuren einen von mehr als 4. Mittelstrake dazwischen. Essigsäure als eine strake organische Säure hat z.B. einen von 4,75.
Wieso ist Königswasser als Mischung zweier Säuren eigentlich aggressiver als beide Säuren alleine? Kann der pH-Wert insgesamt niedriger sein?
Im Zusammenhang mit Antrieben würde mich übrigens mal interessieren, was so alles zum Umgang mit Säuren als Oxidator (z.B. Salpetersäure) so gehört. Wie muss man Tanks, Leitungen, Turbopumpen u.s.w. konstruieren, dass da nichts kaputtgeätzt wird?
Wie Du in der Frage zwei angedeutet hast ist Salpetersäure ein Oxidator, das ist auch die Besonderheit des Königswassers. Salpetzersärue unterscheidet sich von anderen Säuren dass es alleine schon oxidierende Eigenschaften hat. In der Mischung mit Salpetersäure die stärker ist als die Salzsäure ist, passiert folgendes:
Die Salpetersäure oxidiert das Chlor in der Salzsäure. Dabei entsteht entzieht der Salzsäure Wasser. Dieses existiert nicht frei, kann aber durch Spaltung das Moleküls freigesetzt werden:
HNO3 3 HCl -> NOCl 2 Cl 2 H20
Sowohl das Chlor wie auch das NOCl haben jeweils ein freies Elektron, es sind radikale. Radikale sind (wie in früheren Blogs http://www.bernd-leitenberger.de/blog/2010/06/18/chemische-bindungen/ schon angesprochen) chemisch äußerst reaktiv und daher reagieren sie mit zahlreichen Verbindungen.
Allgemein passiert bei Mischungen einer starken mit einer schwachen Säure nur, dass die schwache keine Protonen mehr abgibt sondern sogar welche von der starken Säure aufnimmt, sie wirkt dann selbst als Base. (Ich habe den Artikel ja bewusst einfach gehalten und dieses Details wie einiges andere nicht erwähnt).
Bei Salpetersäure selbst ist es so, dass bestimmte Metalle wie Eisen und Aluminium nur an der Oberfläche reagieren und dann eine Oxidschutzschicht ausbilden, die vor weiterer Korrosion schützt. Man kann dies forcieren, wenn man Natriumfluorid zusetzt, das bildet dann HF in der Säure und dieses reagiert zu noch stabileren Fluroridschutzschichten. Man spricht dann von „korrosionsinhibitierter Salpetersäure“.
Ich dachte immer, Königswasser wäre einfach eine Mischung, mir war nicht bewusst, dass da noch eine chemische Reaktion zwischen den Säuren abläuft.
Danke für die Erklärung!
Einfache Mischung stimmt auch nicht. Stöchiometrisch muss es eine 1:3 Mischung sein, was bei den üblichen Stärken der Säuren (67 % HNO3 38% HCl interessanterweise ziemlich genau auch der 3:1 Volumenmischung entspricht.
Ich habe übrigens eine Probe Schlacke die ich zu analysieren hatte, damals nicht mit Königswasser gelöst bekommen, aber nach dem Zusatz von Schwefelsäure zur forcierten Eigendissoziation der Salpetersäure klappte es.
Was war das denn fuer Schlacke? Normalerweise nimmt man bei Silikaten ja zum Vollaufschluss HF HNO3. Ich habe da auch gerade eine lange Odyssey hinter mir: ich habe Turmalin aufschliessen wollen (ein Mg-Fe-Al-B-Silikat). Nach einer Woche Vorreinigung mit Aqua Regia und vier Wochen aufschliessen mit HF-HNO3 hatte ich dann einen Blob aus irgendeinen unloesslichen Fluorid, bei dem auch Aqua Regia nichts mehr half. Zu guter letzt dann Borsaeure probiert, die hat das dann tatsaechlich geknackt. Leider wars zuviel, also musste ich nochmal HF zugeben um das Bor wieder loszuwerden. Und nun habe ich endlich nach zwei Monaten eine klare Loesung, nur ist unsere ICP-MS jetzt down. Aber an sich ist HF schon ganz witzig. An dem Zeug sieht man auch, das die Saeurestaerke allein nicht allzuviel aussagt.
Ist bei mir inzwischen über 20 Jahre her. Ich weis nur noch dass ich darin Eisen, Nickel und Kupfer bestimmen musste. Eisen war relativ viel drin, sodass ich auf eine Schlacke bei der Roheisengewinnung tippe.
Bei mir gings auch um die Metalle (für die ja Königswasser eingesetzt wird) und nicht um die Silikate.
Aber ein Kollege von mir hat auch wochenlang versucht sein Zeug klein zu kriegen und sogar seine Freundin eingespart (die schaffte bei den Geologen) um es wenigstens mal gemahlen zu bekommen – Resultat Gesteinsmühle kaputt, Schlacke noch intakt.
Schließlich ist er zu einem befreundeten Prof gegangen und die Probe wurde ersetzt. Wie er später erfuhr war das Zeugs aus der Titangewinnung