Der Tod und die Todesstrafe
Geht es eigentlich nur mir so? Immer wenn jemand im Fernsehen so theatralisch stirbt, frage ich mich wie das wohl in Wirklichkeit so ist. Also wenn jemand zweimal in die Brust getroffen ist, kann der noch die Wunden ansehen bevor er zusammenbricht? Überhaupt, fallen die nicht gleich Tot um und wenn was fühlen die so?
Nun ja, seit Montag habe ich da einen kleinen Vorgeschmack. Ich will die Straße überqueren, schaue nach links – nächstes Auto weit weg, nach Rechts – Truck muss warten bis er abbiegen kann, gehe auf die Straße und Wumm! Ein Auto das aus der Straße kam aus der ich gerade kam und daher nicht von mir einsehbar im Rücken war hatte mich erwischt.
Das Resultat: ein geprellter Fuß und Schrammen am Ellenbogen. Da das Auto maximal 10 m zum Beschleunigen hatte, verlief es noch glimpflich. Mich ärgert mehr, dass ich nach dem Unfall so verwirrt war, das mir nicht auffiel, das mein MP3 Player nun weg war. Aber eines war erstaunlich – ich habe davon nichts mitbekommen. In einem Moment war ich noch auf der Straße und im nächsten war ich auf der Straße. Ich habe weder den Aufprall mitbekommen, noch wie ich gestürzt bin. Wenn das nun eine höhere Geschwindigkeit gewesen wäre, wäre ich wahrscheinlich tot – aber auch da hätte ich wohl nichts vom Aufprall mitgekriegt.
Das leitet mich zum zweiten Thema über. Der Todesstrafe. In Filmen und Romanen werden da ja die absonderlichsten Methoden beschrieben. Zuletzt bei den Windsors – da wurde ein Koch der Bischöfe vergiftete in siedendes Wasser getaucht. Immerhin scheint das Köpfen ja auch nicht so toll gewesen zu sein – für Anne Bolyn wurde ja extra ein Scharfrichter bestellt, der das mit dem Schwert erledigte anstatt mit dem Beil, und das dürfte wohl ein Grund für die Erfindung der Guillotine gewesen sein.
In den USA gibt es ja eine Reihe von Möglichkeiten, die in diesem doch so fortschrittlichen und aufgeklärtem Land, noch immer verbreitete Todesstrafe zu vollziehen. Der Trend geht über die Jahrhunderte ja dazu das ganze „humaner“ zu machen – humaner für die die sie durchführen müssen, nicht die Todeskandidaten. Möglichst wenig Verantwortung an der Handlung oder die Reduktion auf etwas was Alltägliches oder nicht direkt der Handlung zuzuordnendes. So wie im Krieg auch der Pilot eines Bombers nur noch aufs Knöpfchen drücken muss und nicht mehr die Opfer seiner Bomben sieht.
So verwundert es nicht, das kürzlich die Erschießung eines Todeskandidaten durch die Presse ging. Interessanterweise gilt das als „archaisch“. Ich kann das nicht nachvollziehen. Zwar würde ich auch annehmen, dass die Giftspritze vorzuziehen wäre, doch dafür müsste sie fachmännisch ausgeführt werden. Im Prinzip ist das ja so wie bei einer Operation oder dem Einschläfern von Haustieren. Erst gibt es etwas das man ohnmächtig wird und dann eine tödliche Dosis. Nur darf das kein Arzt durchführen und wohl auch anderes medizinisch ausgebildetes Personal. Stattdessen lässt man dann Laien auf die Todeskandidaten los. So gibt es immer weder Fälle von verwechselten Venen/Arterien. Die anderen Hinrichtungsarten scheinen auch nicht so toll zu sein.
Vor ein paar Jahren kam mal auf diesen Wissensendungen bei den Nachrichtensendern (also die Entsorgung des US-Mülls, den sonst keiner haben will), eine Sendung in der sich der Autor mit den verschiedenen Todesarten beschäftigte und den Nachteilen die sie haben. Das dies nicht neutral war, zeigte sich schon daran, dass er nach einer „schmerzlosen“ Art suchte, anstatt den Sinn der Todesstrafe generell anzuzweifeln. Schließlich fand er auch eine: Einatmen von Luft in der der Stickstoffanteil langsam gesteigert wird, er probierte das auch aus, soweit es eben ging ohne Schäden davon zu tragen. Man wird durch den Sauerstoffmangel zuerst müde und dann ohnmächtig. Er schlug das dann als „humane“ Todesstrafe vor. Doch selbst er war erstaunt als er dann mit dem Vorsitzenden einer „Pro Todesstrafe“ Vereinigung sprach über seinen Vorschlag. Der meinte nämlich. Die Todesstrafe soll nicht human sein, sondern im Gegenteil möglichst schmerzhaft langsam um abzuschrecken. Solche Leute sind dann sicher auch noch für abgestufte Todesstrafen je nach Verbrechensschwere und würden bestimmt auch Todeskandidaten in den Löwenkäfig des nächsten städtischen Zoos einsperren…
Ja, die USA, das Land des unendlichen Wahnsinns.
Von Todesszenen im Fernsehen bin ich meistens nur noch genervt, weil sie größtenteils extrem unrealistisch sind. Wenn Helden erschossen werden, leben sie meist noch so lange, um irgendjemandem ein paar letzte Worte zu sagen (auch wenn die durchlöcherte Lunge das nicht mehr zulassen würde), um dann schlagartig zu sterben. Das erkennt derjenige, der sich die letzten Worte angehört hat natürlich sofort und drückt ihm die Augen zu. Stattdessen müsste er natürlich Reanimationsmaßnahmen einleiten, denn nur ein Arzt darf den Tod feststellen. Und falls doch jemand die Reanimation versucht: immer mit dem Defibrillator, weil das so schön spektakulär ist. Dabei wird der in Wirklichkeit nur bei Kammerflimmern eingesetzt, bei Herzstillstand ist eine Herzmassage das Mittel der Wahl. Ob jemand schon mal jemanden hat unnötig sterben lassen, weil er es aus Filmen falsch gelernt hat?
@Bernd: gute Besserung!
Allllso: zuerst einmal @Bernd: eine gute Besserung.
Dann zu den Treffern in der Brust: rein technisch betrachtet hängt es wohl immer davon ab, wieviel durch die Treffer in der Brust zerstört wurde. Das ist wiederum eine Frage der Munition. Ein Vollmantel Projektil wird „nur“ einen Durchtrittskanal hinterlassen, sofern kein Knochen auf seinem Weg liegt. Halbmantelprojektile, die sich beim Aufschlag verformen richten grosse Schäden an, um so mehr, wenn sie auch noch geschlitzt sind. Dann ist natürlich noch die Frage, ob Rippen verletzt wurden oder nicht; wurde „nur“ die Lunge getroffen oder auch das Herz? – Je nach dem, wie die Antworten auf diese Fragen ausfallen, kann man die Verletzungen u.U. wohl noch sehen, aber nicht mehr drauf reagieren.
Aber es ist halt sehr verschieden, ob man etwas mitbekommt oder nicht, und vor allen, wie. Wer mehr dazu wissen will, dem empfehle ich das Buch „Auch Du lebst Ewig“ von Bernard Jakoby. Da geht es um Tod und sterben, sowohl auf natürliche, wie auch auf gewaltsame Art. – Eine Beschreibung, wie sich der Tod durch erschiessen anfühlt wird man darin allerdings nicht finden.
Wer sich von spiritueller/religiöser Seite noch dafür interessiert, kann auch bei Alexa Kriele mal nachlesen: „Mit den Engeln über die Schwelle zum Jenseits“.
Zur Todesstrafe: Der Grund für die Erfindung der Guillotine war u.a. der, das die Henker nicht immer sofort richtig getroffen haben. Was andere Tötungsarten angeht, die in der (Unterhaltungs-) literatur so beschrieben werden, da ist oftmals die Frage, ob es die so wirklich gab, oder ob manche Autoren da nicht eher einer sadistischen Ader freien Lauf lassen oder einfach nur schocken wollen. Ansonsten stelle ich die Todesstrafe generell in Frage, d.h. sie sollte weltweit abgeschaft werden. Denn es stellt sich ja oft genug heraus, das die falschen verurteilt wurden, und die wahren Täter eines Verbrechens noch frei herum laufen. Ganz abgesehen von politisch motivierten Todesurteilen, die meiner Meinung nach hauptsächlich auf ideologische Verblendung beruhen.
Ich lehne die Todesstrafe grundsätzlich und unter allen Umständen ab. Gut, daß ich in Europa leben darf.
LG Frank
„Also wenn jemand zweimal in die Brust getroffen ist, kann der noch die Wunden ansehen bevor er zusammenbricht? Überhaupt, fallen die nicht gleich Tot um und wenn was fühlen die so?“
Mir ist zwar noch nie in die Brust geschossen worden, aber ich kannte mal einen Menschen, dem das passiert ist. Der Treffer war knapp unterhalb des Herzens und nach Aussagen der Person, hatte sie ungefähr vier Sekunden Zeit, das Geräusch der kollabierenden Lunge, welches echt merkwürdig sein muss, anzuhören, sowie den Blutschwall zu „bewundern“. Dass man umfällt, bekommt man auch noch mit, man ist aber bewusstlos, bevor man den Boden berührt.
Was mich an theatralischen Fernsehtoden viel mehr stört ist, dass die Leute umfallen und regungslos liegen bleiben. Tatsächlich gerät das Nervensystem durch den plötzlichen Blutdruckabfall in einen Ausnahmezustand und die Muskeln unkoordiniert – vielleicht mit einem epileptischen Anfall zu vergleichen. Als lobenswerte Ausnahme sei die letzte Staffel von Heroes genannt, in der Peter angeschossen wird.
Äußerst „realistisch“ ist auch ein anderer Filmeffekt: Egal wie stark die Leute verletzt sind, wenn sie von einem Arzt verbunden werden sind sie spätestens am nächsten Tag wieder zu sportlichen Höchstleistungen fähig.
Mein Oskar für die realistischste Todeszene geht darin:
http://www.youtube.com/watch?v=_meMTuzW9gM
(ab 1:35 ….)
Zu den Verwundungen, wie sagte schon Pille: „Das ist nur ein Kratzer, Jim“
Eine praktische Anwendung solcher Forschung könnten Schlachtmethoden sein,, da ja bekanntlich die Qualität des Fleisches von zur Schlachtzeit gestresster Tiere minderwertig ist. Vermutlich ist dann wieder alles eine Kostenfrage.
Zu Hollywood: ich weiss nicht, ob Menschen Schaden genommen haben, weil auf einen Defribillator gewartet und auf Herzmassage verzichtet wurde. Andererseits habe ich auch gelernt, dass eine unnötige oder unsachgemäss durchgeführte Herzmassage gefährlich ist.
Hollywood-Physik ist dennoch unzweifelhaft gefährlich. Man denke nur an all die Unfallopfer im Strassenverkehr, die ohne Rücksicht auf eventuelle Knochenbrüche oder Rückenmarkverletzungen unverzüglich aus ihren Fahrzeugen gezerrt wurden, da man aus Filmen ja weiss, dass der Benzintank jeden Moment explodieren kann.