Bernd Leitenbergers Blog

Wie hoch ist die Nutzlast der Dragon?

Die Frage ist einfach, doch die Lösung ist nicht so einfach: 3.000 kg im Druckteil und 3.000 kg in der zylinderförmigen Erweiterung, sagt die SpaceX Website. Vor dem Start hat die Firma das noch etwas konkretisiert. Es sollen jeweils 3.310 kg im Druckbehälter und im Zylinder sein. Die kurze Dragon (ohne Zylinder) wiegt bei dieser Mission 5,2 t. Es ist noch nicht die endgültige Version. So fehlen neben dem Zylinder noch die Solarpaneele die später die Stromversorgung übernehmen sollen.

Space.com hat eine schöne Grafik gerendert und die Angaben übernommen und diese hineingearbeitet. Wer das ansieht, für den sieht die Dragon zuerst überzeugend aus. Doch die Grafik und die Angaben täuschen. Die Grafik täuscht, weil die Cygnus zu klein eingezeichnet ist. Der Durchmesser wurde als Länge angegeben und entsprechend reduziert. In Wirklichkeit sind Cygnus Dragon nehezu gleich groß. Da Space.com auch die Angaben aus dem Manifest übernommen gibt Space.com eine Nutzlast von 6 t und eine Startmasse von 12 t an. Nur die Falcon 9 kann maximal 9,8 t in einen niedrigen Orbit transportieren. In den etwas höheren und stärker genügten ISS Orbit sicher weniger.

Also sollte man nach anderen Dokumenten suchen. Nach diesem hier ergeben sich folgende Daten:

Trockenmasse: 4.200 kg
Treibstoff 1.230 kg
Fracht im Druckbehälter: 1.700 kg
Fracht im Strunk: 850 kg

Auch es referenziert 6 t Nutzlast bei 12 t Startmasse als Maximum. Diese Angaben sind daher wohl eher als strukturelles Limit anzusehen. Andere Dokumente von SpaceX wie dieses geben 2.550 kg als Nutzlast bei 8.750 kg Startmasse an. Die Nutzlast ist die gleiche wie oben, nur ist die Kapsel etwas schwerer (770 kg schwerer). Eine Trockenmasse von 4,9 t referiert auch dieses Dokument. Das erscheint ein vernünftiger Wert zu sein, der auch bei dem Quotienten liegt den andere Transporter haben (1/4 bis 1/3 der Startmasse als Nutzlast, der Anteil liegt um so höher je größer der Transporter ist).

Zeit es genauer anzusehen. Die Dragon die jetzt startete war die kurze Version. Die Dragon besteht aus zwei Teilen: Der Kapsel und einem Zylinder. In jedem kann Fracht transportiert werden. Nur die Fracht in der Kapsel ist für die Besatzung zugänglich, die im Druckbehälter nicht. Sie müsste durch den Arm der Station entladen werden.

Die Kapsel die nun startete wog 5.200 kg. Offen ist, ob dies das Gesamtgewicht oder Trockengewicht ist. Selbst bei der Angabe des Gesamtgewichtes ist jedoch klar, dass die Kapsel keine 6,6 t zur ISS transportieren kann denn sie würde dann mehr wiegen als eine Falcon 9 transportieren kann. Vor allem wird neben dem Zylinder auch Treibstoff benötigt. Wenn die Kapsel 1,23 t Treibstoff für ein Startgewicht von 8 t benötigt, sind es bei 12 t Gewicht  50% mehr Treibstoff. Eine Falcon 9 müsste dann 13-14 t zur SS transportieren (es kommt ja noch der Zylinder dazu). Die gestartete Dragon benötigte keinen Treibstoff für die Ankopplung und Abkopplung an die ISS und erheblich weniger Treibstoff zum Wassern, da sie sich auf einer niedrigeren Umlaufbahn befand.

Doch man kann das Problem auch ganz anders angehen. Nämlich: Welche Fracht wird transportiert und welche Anforderungen hat sie? Die Fracht im Zylinder ist ohne Druckausgleich. Dafür gibt es nur geringen Bedarf, zumindest in den nächsten Jahren. Diese Fracht wird als Paletten oder ORU’s an der Außenseite der Station angebracht und es sind vor allem Ersatzteile. Hauptaufgabe der letzten Space Shuttle Flüge ist es genügend Ersatzteile zu befördern um einen Betrieb über mehrere Jahre zu gewährleisten. Daneben gibt es noch Experimente in einem Teil des Kibo Labors, doch hier wird das HTV die Experimente und ORU’s für Japan bringen, das auch diese Fähigkeit hat. Das Groß ist Verpflegung, Ersatzteile, eventuell auch neue Experimente. Diese wird im Druckbehälter transportiert.

Die 3.310 kg in dem Zylinder sind also eine Option, die man erst mal nicht braucht. Bleibt noch die Fracht im Druckmodul. Diese wird nei den anderen westlichen Transportern in standardisierten Racks, ISPR genannt transportiert. Wie viele ISPR die Dragon transportiert fand ich nicht. In den Abbildungen wird sie einfach mit Fracht vollgestopft, wie die Progress. Anscheinend werden keine ISPR transportiert.

Doch Fracht bemisst sich nicht nur in Kilogramm, sondern auch im Volumen. Die ESA unternimmt gerade Anstrengungen, mehr Fracht in das ATV unterzubringen, weil das Volumen begrenzt ist und die Fracht in den letzten Jahren nur eine Dichte von 0,2 bis 0,25 kg/l aufwies, anstatt 0,5 kg/l wie geplant. In den Racks kann gar nicht so viel Gewicht untergebracht werden wie geplant. Nun wird Fracht noch hinten am Behälter und den konischen Seiten vorne befestigt. Eine der Änderungen war z.B., dass Wasser nun in wesentlich geringerem Maße benötigt wird, da ein neues Wasserückgewinnungssystem die Menge des benötigten Wassers reduziert.

Eine einfache Rechnung zeigt, dass in den 10 m³ so maximal 2,4 t Fracht befördert werden kann. Maximal, den es wird Platz geben, der nicht genutzt werden kann, bei einer kegelförmigen Kapsel ist das noch ungünstiger als in den Zylindern von MPLM, HTV und ATV. Dazu kommt die Cargo-Supporthardware, also die Behälter. Beim ATV machen sie immerhin ein Viertel des Gewichts der Fracht aus. Sie würden bei 3 t Bruttozuladung nur 2,4 t Fracht ergeben.

Auf ähnliche Zahlen kommt man, wenn man von der Progress auf das Volumen der Dragon hochrechnet. Auch hier kommt man auf unter 2,7 t Fracht im Druckbehälter und die Russen transportieren weitaus weniger voluminöseres als die Transporter für das US-Segment. Setzt man die typische Beladung an, so kommt man sogar auf nur 1,8 t.

Zum Schluss gibt es noch den Transportvertrag: SpaceX muss in 12 Flügen 20 t transportieren. 12 Flüge und mindestens 20 t sind vorgeschrieben. Das macht 1,7 t pro Flug und das korrespondiert auch mit den obigen Angaben der Fracht im Druckmodul. Die NASA geht also nicht davon aus, dass die Fracht im Zylinder benötigt wird und ich denke es wird auch schwer sein sie auszuladen, wenn sie an einer Stelle ist die von der ISS weg zeigt. Warum sollte sich SpaceX verpflichten 12 Transporte durchzuführen, wenn erheblich weniger genügen würden?

Transporter Volumen Fracht maximal im Druckbehälter Fracht typisch:
MPLM 70 m³ 9,1 t 5 – 6 t
ATV 46,5 m³ 5,5 t 3,7 t
HTV 37 m³ 4,5 t 3,2 t
Cygnus 18,1 m³ 2,7 t 2 t
Progress 6,6 m³ 1,8 t 1,2 t

Analogien helfen sehr oft bei Vergleichen, nicht nur ist es äußert unwahrscheinlich, das SpaceX alleine festgestellt hat in 10 m³ genauso viel Fracht unterzubringen wie andere in 30 m³ unterbringen, sondern in diesem Falle wird die Fracht ja vom Auftragnehmer diktiert – das Volumen ist bekannt. Auf die 1,7 t kommt man auch wenn man die Volumenangabe in der Space.com Grafik von 7 m³ als nutzbares Volumen interpretiert und dies mit der mittleren Dichte von 0,25 kg/l multipliziert.

Ich vermute daher die maximale Beladung im Druckmodul wird bei 1,7 bis 2,4 t liegen. Den unteren Wert halte ich für wahrscheinlicher. Eventuell wird der eine oder andere Flug auch noch Fracht im Zylinder befördern, aber sicher nicht jeder. Immerhin sinkt so das Startgewicht auch in Regionen die die Falcon 9 transportieren kann. Wenn jemand SpaceX nach den 6 t fragt bekommt er wohl die gleiche Antwort wie Reporter die nach dem Ersatz der Orion durch die Dragon fragten – alles sei im Prinzip fertig, man bräuchte nur eine Milliarde Dollar von der NASA. So würde die Antwort sicher lauten – im Prinzip können wir 6 t zur ISS transportieren, wenn uns jemand die Entwicklung der Falcon 9 Heavy finanziert.

Die Performance der Falcon 9 wird der zweite Punkt sein. Nach offiziellem Users Guide beträgt sie 9358 kg bei ISS Transporten bei 10.450 kg Maximalnutzlast. (Block II Design, das irgendwann mal kommt). Nun musste SpaceX aber diese schon auf 9.800 kg reduzieren. Wird wie geplant, die Düse bei den nächsten Flügen verkürzt, so wird das noch mehr werden. Bleibt der Unterschied gleich, so müsste die Reduktion von 10450 auf 9800 kg die ISS Nutzlast auf 8708 kg reduzieren. Nehmen wir nochmal 100 kg für eine verkürzte Düse, so sind wir bei 8.600 kg. Davon abgezogen die 4.900 kg Trockenmasse und die 1.290 kg Treibstoff sind wir bei 2410 kg. Wenn die 5.200 kg der jetzigen Dragon deren Trockenmasse waren sogar bei 2110 kg. Das reicht aus um den Raum im Druckmodul zu nutzen und den CRS Vertrag zu erfüllen, aber es ist weit weg von 6 t zur ISS.

Die mobile Version verlassen