Bernd Leitenbergers Blog

SpaceX: vom Hai zum Koi

Zum Abschluss meiner kleinen SpaceX Reihe will ich heute mal das Geschäftsmodell und ihre Erfolgsaussichten untersuchen. Mein persönliche Einstellung zu SpaceX hat sich ja im Laufe der Zeit geändert. Als ich anfangs über die Firma berichtete erschien sie eine positive Bereicherung zu sein – warum es nicht anders versuchen, und das heute viel Bürokratie in den Firmen vorliegt und viele mehr Rechtsanwälte und Betriebswirte als Ingenieure beschäftigen ist meiner Meinung nach auch nicht gerade förderlich wenn man Raumfahrt preiswerter machen will. SpaceX klang nach einem Hai im kommerziellen Launchgeschäft.

Meine Einschätzung änderte sich im Laufe der Zeit, als der Users Guide der Falcon 1 verschwand, irreale Termine auftauchten und technische Daten durch Vergleiche mit anderen Trägern, Postulierten Leistungen „engine out cability“ z.B. ohne Beweis erschienen. Da die Firma zudem die Performance ihrer Falcon 1 reduzieren musste und die Falcon 9 irreale Leistungsdaten aufwies, stehe ich heute Angaben der Firma sehr kritisch gegenüber, zumal sich eigene Berechnungen und Gegenargumente bisher immer als richtig erwiesen.

Schauen wir uns mal den Markt an den die Firma avisiert und wie sie sich darin schlägt.

Sie bietet zwei Raketen mit 900 und etwa 8 t Maximalnutzlast an. Daneben noch eine Kapsel die bergungsfähig ist für ISS Transporte oder andere unbemannte Raummissionen.

Die Falcon 1e liegt in einem Segment wo es nur wenige Nutzlasten gibt und einige Konkurrenz auf US-Seite. Es ist heute hier nicht das große Geld zu machen. Jeder dieser Träger fliegt nur wenige Male pro Jahr, wenn überhaupt. Europa und Russland haben eigene Trägersysteme, somit ist nur mit US-Aufträgen zu rechnen.

Die Falcon 9 hat nach SpaceX Angaben 10,45 t Nutzlast für LEO, 4,5 t für GTO. Selbst wenn sie die LEO Nutzlast erreichen sollte, was noch nicht gesagt ist, so ist doch eine nur halb so große GTO Nutzlast bei nur zwei Stufen und mittelenergetischem Treibstoff physikalisch unmöglich. Sie wird wahrscheinlich unter 3 t liegen. Der Träger selbst liegt damit in der Nutzlastklasse der Delta II.

Gerade deren Produktion wurde nun aber eingestellt: Die USAF wird ihre nächsten GPS Satelliten mit der Delta IV/Atlas V starten und die NASA hat einen Bedarf für nur etwa 1-2 Starts pro Jahr, für die sich aber keine eigene Produktionslinie lohnt. Für GTO Starts ist sie zu klein und konkurriert mit der Sojus um die wenigen Starts.

Bleibt noch eine Kapsel die bergungsfähig ist. Das ist für ISS Transporte nicht notwendig, sondern senkt nur die Nutzlast. Auch umfasst der derzeitige Transportvertrag keinerlei Rücktransport von Fracht.

Das führt zum Auftragsportofolio. Es umfasst derzeit nach Elon Musks Angaben 2,78 Milliarden Dollar, die COTS Aufträge machen mit 1,88 Milliarden Dollar mehr als zwei Drittel dessen auf. Von den anderen Aufträgen belegt einer die Hälfte des restlichen Volumens: Der Transport des Irdiumnachfolgesystems, für das die Firma erst noch die Finanzierung stemmen muss. Also: Zwei Drittel der Aufträge haben die Versorgung der ISS zum Ziel, bei einem weiteren Sechstel ist der Auftrag noch nicht sicehr.

Die Firma ist damit von einem Auftrag abhängig. Nicht von der NASA wie viele andere kleinere Aerospacefirmen wie z.B. der unmittelbare Konkurrent um diesen Transportauftrag OSC, sondern von diesem Auftrag. Sollte es hier Probleme geben so wird OSC die Gesamtsumme von 3,5 Milliarden absahnen und mit den wenigen Startaufträgen für andere Nutzlasten wird die Firma nicht überleben können. Vom preiswerten Zugang zum Weltraum ist nicht viel übrig geblieben. Die Firma hängt mehr am Staatssäckel als andere Firmen wie z.B. Boeing bei denen die Space Sparte nur ein Teil ihrer Produktion ist.

Erstaunlich ist nun, das die Firma die Abhängigkeit noch vergrößern will. Auf der Website wird bei jeder Gelegenheit hervorgehoben, dass die Dragon für bemannte Einsätze konzipiert wurde und Musk lässt sich bei jeder Gelegenheit darüber aus dass die Dragon besser sei als die Orion. Er rief auch dazu auf Kongressabgeordneten mit Mails zu bombardieren damit SpaceX bemannte Transporte durchführen wird. Warum das? Nun es gibt viel mehr zu verdienen. Die NASA gab zwischen 2006 und 2010 rund 4,8 Milliarden für die Orion aus. Der COTS Auftrag aus dem selben Zeitraum umfasst nur 278 Millionen Dollar – weniger als ein Zehntel der Summe. Das wichtigste ist das die Gelder fließen, nicht ob man an den Starts verdient, denn bei bemannten Raumfahrzeugen ist die Entwicklung erheblich teurer als bei unbemannten. Selbst wenn man scheitert oder das Projekt eingestellt wird – die Gelder hat man erhalten, sowie Lockheed einen guten Batzen der Orion Entwicklungskosten.

Dumm nur, das das unabhängige Safety Advisatory Panel, das einberufen wurde nach dem Apollo 1 Unglück sich gegen die Firma und ihr Konzept ausspricht. So stehen die Chancen schlecht den Auftrag zu bekommen, zumal Lockheed und Boeing eines SpaceX und OSC voraus haben: Sie haben einige Jahrzehnte Erfahrung und auch schon bemannte Raumfahrzeuge entwickelt. Die Landung der Boeing X-37B vor wenigen Tagen wurde anders als der Dragon Start kaum beachtet. Okay. Es gibt also einen sich selbst stabilisierenden Eintrittskörper der 5 Stunden im All ist und dann an Fallschirmen wassert einen zweiten, der  220 Tage im All ist, beim Eintritt und der Landung aktiv gesteuert werden muss und der punktgenau auf einer Landepiste landet. Welche Firma hat wohl die größere Kompetenz im Bau von Raumfahrzeugen?

Bleibt noch der COTS Kontrakt. Ich sehe hier das Rennen offen: OSC muss auch erst mal seine Rakete testen genauso wie sein Raumschiff. Allerdings hat sich der zeitliche Vorsprung von zwei Jahren inzwischen auf ein Jahr reduziert. OSC kann pro Start mehr Nutzlast zur ISS transportieren. Für die 20 t sind nur acht Starts angesetzt bei SpaceX dagegen zwölf.

Die NASA scheint sich da auch nicht so sicher zu sein. Zitat von Phil McAlister Acting Director, Commercial Space Flight Development NASA HQ Washington bei der Presskonferenz nach dem COTS-1 Start: “We’re not going to know until the end of the program if we’ve been ultimately successful in achieving the capability of delivering these services to ISS.”. Nun ja Kois werden fett, wenn man sie füttert, aber sie werden nicht wirklich nützlicher.

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