Fax – Opfer auf dem Altar der IT

Heute wieder ein Gastbeitrag von Alexander:


Es reicht den Leuten anscheinend nicht, daß schon E-Mail das unzuverlässigste, frustrierendste und überbewertetste »Kommunikations«-Medium der Moderne ist – nein, es darf auch sonst KEIN EINZIGES zuverlässiges Kommunikationsmittel mehr geben, und deshalb wird jetzt auch Fax »IT-isiert«.

Fax stand immer für zuverlässige, schnelle elektronische Kommunikation, mit der man mal eben schnell ein paar A4-Seiten in ausreichender Qualität irgendwohin schicken konnte und wenn man das Übertragungsprotokoll in der Hand hatte, WUSSTE MAN, daß das Fax auch wirklich angekommen war.

GANZ früher gab es Analog-Fax. Da wurde einfach ein heller Piepton für Weiss und ein dunkler für Schwarz verwendet (oder so ähnlich), und während die Seite beim Sender durchlief, lief bereits die kopierte Seite beim Empfänger aus dem Druckwerk – das heisst, es gab KEINE Möglichkeit, wie dieses System versagen konnte – ausser, das PAPIER (es war Thermopapier – Tinte oder Toner konnten also nicht »ausgehen«) ging aus. Also, 100% zuverlässig – ein System, wie man es im NORMALEN GESCHÄFTSVERKEHR eben braucht.

Irgendwann wurde das ganze in einer nächsten Stufe dann ein bisschen digitalisiert – die Pixel wurden komprimiert etc. – aber im Prinzip immer noch nichts »schlimmes«. Das Prinzip blieb dasselbe: Während die Seite beim Sender durchlief, kam sie beim Empfänger raus. Praktisch 100% fehlerresistent.

Dann kam irgendwann die erste, noch harmlose Eskalationsstufe: Die Faxgeräte bekamen ein GETRENNTES Druckwerk und ein GETRENNTES »Übertragungsmodul«. Das heisst, man legt eine Seite zur Übertragung ein, diese wird dann ERST in einen SPEICHER eingescannt (wozu dieser völlig überflüssige Zwischenschritt?), DANN ruft das Fax beim »Gegner« an, und erst DANN wird der EINGESPEICHERTE Inhalt übertragen.

Das fügt dem ganzen bereits eine Variable mehr zu und verringert die Zuverlässigkeit des Gesamtsystems bereits um einen gefühlten Faktor 2. Das wäre noch nicht ganz so schlimm, aber das schlimmste kommt am Schluss.

Denn seit ein paar Jahren hat man GAR KEIN Faxgerät mehr, sondern FRITZ!FAX.

FRITZ!FAX ist dann eine REINE COMPUTERSOFTWARE, die auf irgendeinem PC läuft, der ausser Fritz!Fax auch noch Browser, E-Mail-Programme, 3D-Spiele, Konstruktionssoftware, CD-Brenn-Software, 6 Viren sowie 3 Trojaner ausführen muss.

An diesen PC ist dann evtl. ein DRUCKER angeschlossen, mit dem über ein hochkomplexes, von niemandem mehr verstandenes Drucker-API kommuniziert wird. VERSENDET und EMPFANGEN werden Daten dann über ein noch komischeres, geheimnisvolles »CAPI«, über das der PC dann mit dem Telefonnetz kommuniziert, wenn er nicht gerade abgestürzt ist.

Weil das noch nicht unzuverlässig genug wäre, hat man jetzt auch noch 10 verschiedene »Erweiterungen« am Fax-Protokoll vorgenommen, die beispielsweise dazu führen, daß man mit seinem ganz stinknormalen Fax-Gerät an einen unbekannten Empfänger ein Fax verschickt, derjenige dann ein hochmodernes COMPUTERFAX hat und dieses leider SO modern ist, daß das Fax zwar erst gar nicht ankommt, aber immerhin TROTZDEM als ERFOLGREICH gemeldet wird und beim Absender dann das ERFOLGREICHE Übertragungsprotokoll rauskommt!

Sprich: Es reichte nicht, daß man E-Mail  als »schriftliches Kommunikationsmedium« inzwischen komplett in die Tonne kloppen kann – auch FAX muss DRINGEND sterben!

Es wird Zeit, daß die Firmen SO frustriert von diesen ganzen Kommunikationsdefiziten sind, daß sie endlich zur Besinnung kommen und Computer in die TONNE hauen!

9 thoughts on “Fax – Opfer auf dem Altar der IT

  1. Das geht nicht gegen Innovationen, das geht gegen den Wahn unbedingt das Gleiche mit immer gigantischerem Aufwand zu schaffen. Der einzige „Nutzen“ ist dann eben die immer geringere Zuverlässigkeit.
    Innovationen ja, solange sie einen erkennbaren Nutzen haben. Sonst kann man sie unter Ulk verbuchen.
    Mal etwas überspitzt gesagt: Warum braucht man unbedingt ein Dutzend Computer für etwas, das mit einem Meter Bindfaden viel zuverlässiger funktioniert?

  2. @Hans: Ich weiss, klingt etwas frustriert der Beitrag, und genau das bin ich auch.

    Ich hatte vor 10 Jahren NIE ein Problem, ein Fax zu verschicken.

    Inzwischen hab ich fast Angst davor, weil ich weiss, dass die Chance rund 50% ist, dass es aus irgendwelchen Gruenden nicht ankommt, und schlimmer noch, zusaetzlich eine 50% Chance besteht, dass weder ich noch der Addressat es erfahren, dass es nicht angekommen ist. Also genau wie bei E-Mail.

    Ich habe nichts gegen Innovationen, aber erstens sollte man nur „innovieren“, wenn es dann auch zu einer deutlichen Verbesserung fuehrt, und vor allem sollte es dann auch FUNKTIONIEREN.

    Und ich finde den GEDANKEN „E-Mail“ durchaus innovativ. Wenn aber dann Spamfilter meine legitimen Mails rausfiltern (doch, das passiert oefter, als man denkt), oder ich stattdessen 700 Spam-Mails am Tag (ja, so viele bekomme ich wirklich und es geht anderen Firmen aehnlich) lesen muss, oder mein Dateianhang nicht gesendet wird, weil er groesser als 7 MB ist (in welchem Jahrhundert leben wir?), dann frag ich mich doch… „ist da nicht irgendwas schiefgelaufen?“ 😉

  3. @Alexander: Okay, ich hab nie eine eigene Firma gehabt, und werde in diesem Leben auch niemals eine haben, deshalb kann ich da nicht mitreden.

    Allerdings denke ich auch, das da irgendwas schief gelaufen ist, wenn man die Adressaten eines FAXes hinterher noch anrufen muss um nachzufragen, ob das FAX auch angekommen ist.

    Mit Spam hatte ich bisher noch nicht viele Probleme. Die meissten Spams bleiben im Filter von meinem Emailprovider hängen und es sind meisst nur so um die 10 Stück im Monat. Aber da ist tatsächlich auch was schief gelaufen, wenn legitime Mails in Spamfiltern hängen bleiben, da stimme ich ebenfalls zu.

    Über Begrenzungen von Dateianhängen hab ich mich aber auch schon geärgert. Das waren z.B. mal 10 MB bei hotmail. Noch schlimmer ist aber Googlemail. Da darf man keine ZIP- oder sonstigen Archive im Anhang verschicken, denn da könnten ja ausführbare Dateien drin sein. Und die könnten wiederum Viren, Trojaner oder ähnliches Ungeziefer sein… – Man kann es auch übertreiben! D.h. eine Archivsorte blocken sie (noch?) nicht, nämlich 7-ZIP. Aber wer benutzt das regelmässig? – Ich jedenfalls nicht. (Ich kenne eher noch ein paar Leute, die mit Archivdateien grundsätzlich nichts anfangen können…)

  4. Auch ich halte nicht alles Moderne für unbedingt besser. So verstehe ich z.b. nicht, warum ich für epost Brief, wenn er nur per email zugestellt werden soll zum einen das gleiche zahlen soll wie für einen normalen und zum anderen auch die Garantie, dass der Empfänger ihn auch liest. Das scheitert schon daran, das ich nur einen Briefkasten habe, aber mehrere Emailadressen von denen ich einige benutze und viele mal benutzt habe…

  5. Owei.
    Ich würde ja fast zustimmen.
    Wenn jede Person ein Fax auf dem Schreibtisch hätte träfe das Zuverlässigkeitsargument wohl zu. Dem ist aber nicht so. Die wenigsten Faxe sind tatsächlich jemals direkt beim Empfänger heraus gekommen. Tatsächlich gab und gibt es in Unternehmen unzählige Stationen an denen ein Fax (völlig unbemerkt) verloren gehen kann. Poststellen, Büroboten, Eingangs und Ausgangskörbe…
    Der Umstand, dass ich ein Sendeprotokoll in der Hand halte sagt genau gar nichts darüber aus, ob das Schriftstück seinen Empfänger auch tatsächlich erreicht hat. Bei einer EMail kann ich zumindest davon ausgehen, dass meine Nachricht im Postfach des Empfängers angekommen ist (andernfalls gäbe es nämlich eine ziemlich aussagekräftige Fehlermeldung seines zuständigen Mailservers).
    Bei einem Fax nicht.
    Wenn ich unterstelle, dass der Empfänger nicht Hinz und Kunz die Zugangsdaten für sein EMailaccount gibt kann ich sogar davon ausgehen, dass er alleine und niemand sonst meine Zeilen liest. Erst recht, wenn ich verschlüssele.
    Und wer nach dem dritten Verbindungsabbruch zum vierten mal das Dokument neu einlegen musste oder mehr als 1 Seite (womöglich auch noch an mehr als einen Empfänger) zu verschicken hat weiß auch, warum das Schriftstück bei modernen Faxgeräten zuerst in einen Puffer gescannt wird.

  6. @Hans: Dann taufe die Archive einfach um in .jpg oder irgend ein anderes unverdächtiges Format. Natürlich muß man dann dem Empfänger mitteilen, daß er die Datei wieder auf den richtigen Dateityp umbenennen muß.

  7. @Elendsoft: Bei Fax muss ich auch erst das Blatt in ein Schiffchen falten, dann aufs Faxgeraet stellen und der Empfaenger kriegt dann ein Schiffchen raus, was er wiederum glattbuegelt? 😉

  8. Jaja, früher war alles besser. Warum verschickst du keine Postbriefe, am besten handschriftlich geschrieben? Dann weiß der Empfänger sogar mit Sicherheit, daß das Schriftstück wirklich vom Absender stammt. (Graphologie)

    Oder man kommuniziert einfach mündlich. Oder noch besser: Per Mimik/Gestik. Vorteil der Mimik/Gestik: v = 300.000km/s vs. 320m/s. Schlägt jedes Fax.

    Übrigens, was macht ein Clown im Büro? Faxen…

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