Kommunikation über interstellare Distanzen

Ich bin doch noch auf ein Thema gekommen, dass vielleicht den einen oder anderen interessiert. Kann man über interstellare Distanzen miteinander kommunizieren?

Nun man kann das sich exakt ausrechnen, ich habe da auch eine Formel von Ruppe aus den frühen Achtzigern. Sie liefert aber etwas niedrige Datenraten, wenn man sie auf bekannte Systeme von Raumsonden/Empfänger anwendet. Daher versuche ich mal eine Extrapolation aus bekannten Daten. Zuerst mal die Fakten:

  • Voyager 2 sandte aus Neptunentfernung (4,5 Milliarden km) mit einer Datenrate von 19.200 Bit/s
  • Die Sendeantenne hatte 3,74 m Durchmesser, die Empfangsantenne 70,00 m Durchmesser
  • Die Sendeleistung betrug 23 Watt bei 8418 MHz Sendefrequenz

So nun noch einige Gesetzmäßigkeiten

  • Die Datenrate nimmt mit der Sendeleistung linear zu.
  • Die Datenrate nimmt quadratisch mit der Entfernung ab
  • Die Datenrate nimmt quadratisch mit dem Durchmesser der Sende- oder Empfangsantenne zu
  • Die Datenrate nimmt quadratisch mit der Sendefrequenz zu.

Damit haben wir alles um die Kommunikation über interstellare Distanzen zu berechnen. Nehmen wir erst mal Voyager. Nehmen wir mal an, sie gelangt bis zum nächsten Stern Alpha-Centauri in 4,3 Lichtjahren Entfernung. Wie hoch wäre ihre Datenrate?

Ein Lichtjahr sind 9 460 730 472 580 800 km. Die Datenrate ist daher 19200 Bit/s * (4,5×109/4.3*9,461×1012)² = 0.00023 Bit/s

Das dürfte weit unterhalb der Schwelle sein, wo das Signal im Rauschen untergeht. So geht das also nicht. Wir dürfen aber voraussetzen, dass wir natürlich nicht mit Raumsonden kommunizieren, sondern einer Zivilisation, die mindestens die gleichen Möglichkeiten wie wir hat.

Dazu benötigt man noch die Sendeleistung der DSN Antennen. Ich habe da verschiedene Werte gefunden und mich mal für den mit 34 kW entschieden.

Mit den bekannten Gesetzmäßigkeiten erhöht sich nun die Datenrate um den Faktor (70 m/3.74 m)²*34000/23 Watt = 121 Bits/s

Das ist nicht viel, reicht aber doch aus um einfache Textnachrichten zum nächsten Stern zu schicken.  Bei 6 Bit pro Zeichen (ausreichend für Buchstaben, Zahlen, Sonderzeichen) ist so eine Buchseite mit 2000 Zeichen in 100 s übertragen. Das sind enn man rund 8 Stunden pro Tag sendet (mehr dürfte wegen der Erdrotation kaum möglich sein) knapp 300 Seiten pro Tag.

Die letzte Frage: Wie hoch ist die Reichweite, wenn man 1 Bit/s Datenrate als Minimum ansieht? Nun Sie steigt um ?121 = 11 * 4,3 LJ also auf rund 47,3 Lichtjahre

Wenn man noch etwas weiter geht und höhere Sendefrequenzen nimmt – bei der Satellitenkommunikation sind Downlinkfrequenzen von 12,5 GHz üblich, so erhöht sich die Reichweite auf bis zu 70 Lichtjahre. Leider gibt es hier eine Grenze. ei höheren Frequenzen kommt man in den Bereich in dem Moleküle in der Atmosphäre zum Schwingen angeregt werden und so die Kommunikation stören. Auf der Erde stört z.B. Wasserdampf bei höheren Frequenzen. (Es hat seinen Grund warum, alle DSN Stationen in Wüsten oder Halbwüsten stehen).

Auf der Erde gibt es auch stärkere Sender (bis 400 kW Leistung) und größere Antennen (bis 300 m), doch meistens gibt es dann Einschränkungen. Die Arecibo Antenne ist z.B. nicht mehr frei beweglich. Optische Kommunikation wird wahrscheinlich wegen des Lichts des Sterns direkt neben dem Planeten ausscheiden. Was aber möglich wäre, wäre ein großes Array kleiner Antennen für den Empfang und das Senden zu koppeln und die Signale zu integrieren. Das Optimum wird wohl darin liegen, sehr viele Antennen die in der Größe von heutigen Satelliten Sende/Empfangsstationen liegen zu kombinieren. Z.B. haben 30 Antennen von je 12 m Größe dieselbe Empfangsfläche wie eine 70 m Antenne. Natürlich müssen die Sender synchronisiert werden, was aber bei den niedrigen Datenraten kein Problem ist.

Ein ganz anderes Problem ist die Signallaufzeit – im günstigsten Fall 8,6 Jahre (einmal hin und zurück), im ungünstigsten Fall sogar ein Jahrhundert. Und dann muss man erst mal bei den vielen Sternen eine Zivilsation finden die schon Radioteleskope (oder noch Radioteleskope) einsetzt. Oder man macht es sich einfach wie bei der Seti Nachricht, die man zu einem 25.000 Lichtjahre entfernten Sternhaufen shcickte. Da erreicht man auf einmal Tausende Sterne. Dumm nur, dass wenn wir jetzt eine Antwort erwarten, die Nachricht schon vor 50.000 Jahren von den Neanderthalern gesendet werden müsste….

3 thoughts on “Kommunikation über interstellare Distanzen

  1. Hallo Bernd,
    immer wieder lehrreich bei Dir in den Blog zu schauen! Der Zusammenhang von Datenrate und Entfernung war mir noch nicht bekannt. Damit macht es dann ja wirklich keinen Sinn auf Daten sehr entfernter Sonnensysteme zu hoffen.
    Ich würde mich sehr über den Nachweis von „ET“ freuen, hab aber sehr große Zweifel am Gelingen. Ich nehme nicht an, daß SETI völlig chancenlos ist, aber es spricht doch sehr vieles dagegen, daß es „derzeit“ eine zweite Zivilisation wie unsere gibt.
    Gerne werden die gewaltigen zeitlichen und räumlichen Dimensionen des Weltalls vernachlässigt.
    Und viele Umweltfaktoren mußten ja auch zusammen kommen um das Leben auf der Erde entstehen zu lassen oder sich so zu entwickeln, wie wir es heute kennen (Panspermia-Hypothese).
    Das fängt ja schon mit der Existenz eines Mondes wie dem unseren an um die Erdachse zu stabilisieren. Nur dadurch konnten über sehr lange Zeiträume konstante Klimabedingungen entstehen. Evolution ist schließlich auch ein sehr langwieriger Prozeß.
    Mars hat diesen stabilisierenden Effekt nicht und ist wohl deshalb zur Wüste geworden. Es wäre natürlich schon toll, dort fossile Mikroorganismen zu finden. Bis dahin müssen wir uns aber wohl noch etwas gedulden.
    Aber ausserirdische Daten intelligenter Lebewesen empfangen?
    Halte ich für ziemlich ausgeschlossen. Es ist nicht nur fraglich, ob sich überhaupt irgendwo höheres Leben entwickelt hat. Selbst wenn, muß es nicht zwangsläufig eine technische Zivilisation gründen oder überhaupt menschlichen Intellekt entwickeln. Das ist natürlich alles hochspekulativ und mangels Vergleichsdaten nicht in seiner Wahrscheinlichkeit zu quantifizieren. Der Mensch (im heutigen Sinne) hat wenige 10.000 Jahre die Erde bevölkert, seit ca 100 Jahren beherrscht er Funktechnik. Die Dinosaurier haben Millionen Jahre gehabt sich zu entwickeln, haben keine Zivilisation oder Technik hervorgebracht und würden u.U noch heute die Erde beherrschen, wären sie nicht zufällig ausgelöscht worden.
    Von daher sehe ich die Chance sehr gering, technische Signale aus fernen Welten zu empangen.

  2. Da wäre die Seriosität der Quelle zu überprüfen und vor allem muss dann ja der Stern genau zwischen Planet und uns sein, was pro Umlauf genau einmal der Fall ist. je nach Breite der Gravitationslinse vielleicht für ein paar Minuten oder Stunden. Die Frage ist natürlich wie der Stern dann die Radiowellen stört – bei unseren Raumsonden ist auf jeden Fall keine Kommunikation möglich wenn sie nahe der Sonne sind. Da hat man in 40 Jahren keinerlei Gravitationslinse beobachtet.

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