Die schlechtesten Computer – der Altair 8800

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Ja auch der erste PC schlechthin bekommt von mir sein Fett weg. Nun eigentlich ist es ja kein PC. Man könnte es eher als Micorcomputerlernkit wie ein KIM-1 oder ein MicroProfessor ansehen, denn mehr konnte das Gerät in seiner Grundkonfiguration nicht. Aber betrachten wir es mal als Computer, es wurde ja sogar als „Mainframe of the seventies“ verkauft (bei der Recherche zu meinem Buch fiel mir der starke Widerspruch zwischen den MITS Anzeigen und den ausgelieferten Produkten auf).

Ausgeliefert wurde der Altair 8800 mit einer Busplatine und vier Steckplätzen. In einer Steckkarte war die CPU untergebracht, in einer zweiten der Arbeitsspeicher von ganzen 256 Bytes und eine dritte nahm die Ansteuerung des Frontpanels vor. Das Frontpanel hatte Leuchtdioden zur Ausgabe der aktiven Datenleitungen und Adressleitungen und Kippschalter um Daten einzugeben – neun Stück mussten pro Byte betätigt werden.

Schnittstellen? Fehlanzeige. Es gab nicht mal Aussparungen an der Rückseite des Gehäuses, sodass man den Deckel zum Herausleiten von Anschlusskabeln nicht ganz schließen konnte. Da das Gerät aber nicht abgeschirmt war und den Emfpang von Radios störte war das eh egal.

In der Grundversion war das Gerät unbenutzbar. Der Anwender musste für ein Minimalsystem mindestens folgende Erweiterung kaufen:

  • Eine Karte mit einem Interface zu einem Kassettenrecorder oder Papierstreifenleser
  • Eine Karte mit einem Interface zu einem Fernschreiber
  • den Fernschreiber selbst

an so etwas exotisches wie eine Fernsehausgabe möchte man ja gar nicht denken. Und zack ist man zusätzlich zu den Altair 8800 mindestens weitere 600 Dollar los, mit einem Fernschreiber sogar bis 1.600 Dollar. Immerhin ist die Speicherkarte nur teilbestückt und kann auf volle 1 kbyte (also dem vierfachen des Speichers der Grundversion!) erweitert werden. Also ein typisches Geschäft mit der Masche: ein billiges Einstiegsgerät und Kasse wird dann über das Zubehör gemacht. Wobei: ohne Zubehör war das Gerät nicht bedienbar. Selbst den Bootcode um ein Programm von einer Cassette einzulesen musste man jedes Mal neu eintippen, was im besten Fall rund 250 Kippschalterbetätigungen entsprach. Das unterscheidet den Altair von vielen anderen Heimcomputern die ja auch keinen Massenspeicher oder Monitor hatten, aber immerhin konnte man sie ja noch im Auslieferungszustand zu etwas nützlichem verwenden – man musste nicht erst Zubehör kaufen um auch nur das Gerät programmieren zu können oder nur eine für Menschen lesbare Ausgabe zu erhalten.

So verwundert es nicht, das MITS enorm viel für das einzige Stück Software verlangte, das ihren Rechner benutzbar machte. Als das Altair BASIC herauskam konnte man es für 500 Dollar alleine kaufen, oder man kaufte eine 4 kbyte Speicherkarte für 254 Dollar und bekam es für 60 Dollar. Das ist doch eine nette Preispolitik oder? Vor allem wenn man weis, dass die Karten nicht funktionierten. Also der Käufer konnte eine nicht funktionierende Speicherkarte mit BASIC für 314 Dollar kaufen oder BASIC alleine für 500 Dollar… Da fällt einem die Wahl doch leicht oder? Die meisten benutzten aber eine dritte Methode: Raubkopien. Nur etwa 10-15% der Käufer eines Altair erwarben auch das BASIC einer neu geründeten Firma namens Micro-Soft. Sie verdienten trotzdem 180.000 Dollar an dem BASIC und kündigten den Vertrag mit MITS, als diese Summe erreicht war und dann eine Kappungsklausel griff und sie nichts mehr verdienen würden.

Es gäbe auch sonst noch ein paar Dinge zu berichten. So war das Netzteil zwar ziemlich groß, aber die Leistung reichte nicht aus, vor allem nicht wenn die Leute ihren Rechner voll bestücken wollten. (Wofür sie erst mal drei Erweiterungsteile kaufen und an diese jeweils 100 Drähte anlöten mussten). Die Leistung hätte wohl gereicht, wenn der Bus reguliert gewesen wäre, also die beiden üblichen Spannungen 5V und 12V mit definierten Stromstärken pro Karte zur Verfügung gestellt hätte. doch dass fiel bei dem schnellen Design unter den Tisch. Jede Karte musste aus 8V und 18V die Spannungen selbst ableiten.

Es wundert nicht, dass diese Mängel eine ganze Reihe von neuen Unternehmen auf den Plan riefen, die aus Garagen erwuchsen wie Processor Technologies, Northstar Computers und andere. Ed Roberts nannte sie „Parasiten“. Klar sie knabberten an dem Kuchen, mit dem man Geld verdiente…

4 thoughts on “Die schlechtesten Computer – der Altair 8800

  1. > Jede Karte musste aus 8V und 18V die Spannungen selbst ableiten.

    Wie soll ich das denn deuten? – Das jede Karte eine eigene Regelung brauchte, die sich aus den um 8V bzw. 18V schwankenden Versorgungsspannungen am Bus erst mal selber definierte Pegel von 5V bzw. 12V machte?
    Oder ist in dem obigen Satz das Wort Spannungen doch eher durch Ströme zu ersetzen, damit die technisch korrekte Aussage heraus kommt?

  2. Jeder „outdated“ Computer ist wohl aus heutiger Sicht eine einzige Sammlung von Irrwegen und schlecht gelöstem Stand der Technik.

    Auch wenn die bis jetzt genannten Computer nicht die Erfinder einer jeweiligen Technik waren, so haben sie aber alle irgendwas zum kommerziellen Durchbruch verholfen. Es waren eben keine Apollo-Guidiance-Computer die es nur in einer Auflage von 72 Stück gab sondern für den Massenmarkt.
    Der Altair hat das Konzept des Card-Bus, also des Ausbaus nach Bedarfs in den Massenmarkt (und nen IBM360 war eben nicht Massenmarkt) gebracht, der C64 den Gaming-PC auf Software-Basis in die Consumer-Ebene gebracht (‚tschulligung, zum TI fällt mir nichts ein).
    Insofern waren beide Meilensteine, die dem PC-Markt, also dem „persönlichen Computer“ den Weg bereitet haben. Ohne sie sähe die Welt anders aus. Trotz ihrer Macken.

    Bernd

  3. Natürlich muss man jede Technik in der Retrospektive richtig einordnen und es gab auch zur Zeiten des Altairs schon Alternativen die besser waren, z.B. die Intellec 80 Entwicklungssysteme an die man vielfältige Peripherie anschließen konnte. Gary Kildall hatte ein Jahr vor dem Altair einen Floppydiskcontroller entworfen und die Software zum Betrieb geschrieben, während MITS eine Disk erst nach knapp 2 Jahren zum Laufen brachte und ich glaube auch dass man ein Netzteil das die Spannungen generiert, die der Bus braucht sicher damals schon hinbekommen konnte.

    Was natürlich bei MITS aufstößt ist der enorme Widerspruch der vollmundigen Werbeversprechen und dem ausgelieferten Geräten.

    Siehe z.B. hier:

    http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/b/be/Altair_Computer_Ad_August_1975.jpg
    http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/c/c5/Altair_Computer_Ad_May_1976.jpghttp://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/2/2e/Altair_Computer_Ad_May_1975.jpg

    Das ist eigentlich nur noch vergleichbar mit einer Firma die ein Produkt ankündigt, das sie in 6 Monaten zu liefern gedenkt und es werden 3 Jahre draus. Auch dazu gibt es einen tollen Werbespot mit dem heutigen Chef der Firma als Hauptdarsteller:
    http://www.youtube.com/watch?v=tGvHNNOLnCk

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