Nachlese zu Guttenberg
Nun ist er seinen Doktor los, aber trotzdem ist so keiner richtig zufrieden. Vor allem wie dies lief. Und ich glaube auch, dass es nicht die Wahrheit war. Ich versuche mal eine Nachlese. Dreh- und Angelpunkt ist natürlich die Arbeit. Mich befriedigt die Antwort nicht, dass er zwar wissenschaftliche Fehler gemacht hat, sie aber selbst geschrieben haben soll. Fangen wir mal mit der Doktorarbeit. Nun kann ich keine juristische Arbeit beurteilen und auch keine 475 Seiten mal so eben lesen. Doch das haben andere getan, die was davon verstehen und die sind zu dem Urteil gekommen, dass wenn die Zitate nicht gewesen wären, das Urteil „Summacum laude“ also eine 1 gerechtfertigt ist. Es sei eine wissenschaftliche Arbeit von hoher Güte. Einer der es wissen muss, fand daher die Aussage von Guttenberg er hätte wissenschaftliche Fehler gemacht, als Ausrede, weil das die Arbeit nicht hergibt. Ein zweiter Gutachter sieht in dem Fachvokabular ein Indiz: in jedem Fachbereich gibt es ein Fachvokabular, manchmal sogar ganze Sätze die sich eingeschliffen haben. Ein Doktorrand, der ein Studierender ist, hat dieses noch nicht so drauf. Das bekommt man erst durch langjährige Berufserfahrung und wenn eine Doktorarbeit so etwas aufweist, so ist das schon verdächtig.
Das zweite ist der Umfang der Arbeit und zwar nicht die 475 Seiten, sondern die 1.200 Fußnoten/ Querverweise. Denn das impliziert, dass man 1.200 andere Dokumente gelesen hat. Das ist enorm viel. Meine eigenen beiden Diplomarbeiten kann ich da nicht als Vergleich nehmen, da ich in beiden Fällen geforscht habe, das heißt andere Literatur habe ich nur benötigt um eine Basis zu haben ab der ich selbstständig arbeiten konnte. Aber ich habe für mein letztes Buch ziemlich viel Literatur büffeln müssen, weil die europäische Raumfahrtindustrie nicht zu Auskünften bereit war. Daran habe ich rund 2 Jahre gearbeitet, wie Guttenberg allerdings meist in Teilzeit, auch weil es so mühsam war so alles zusammenzutragen und ich lange Zeit noch auf den Vega Jungfernflug warten wollte. Bei mir sind es etwa 120 bis 130 Fundstellen die ich zitiert habe, einige mehr die ich gelesen habe, aber die nichts neues brachten. Dabei konnte ich mich auf einige Vorarbeiten stützen. Aufgrund der Erfahrung kann ich mir nicht vorstellen, wie jemand der die Doktorarbeit neben einer beruflichen Tätigkeit, sowie seit 2002 als Bundestagsabgeordneter, die Zeit findet zehnmal mehr zu lesen und zu verarbeiten. Vor allem kenne ich ja schon bei meinem Buch den Effekt, wenn man sehr lange an etwas arbeitet, dass man wieder viel vergisst und sich jedes Mal neu einlesen muss, wenn man sich wieder intensiver beschäftigt. Wie viel stärker ist das bei einer Doktorarbeit sein?
So wurde auch der Vorwurf laut, dass es einen Ghostwriter gibt oder, das wäre genauso wahrscheinlich, dass jemand massiv vorgearbeitet hat und Guttenberg nur noch seine Ergebnisse in eigenen Worten wiedergibt oder zusammenfasst. Als Abgeordneter mit einem entsprechenden Mitarbeiterstab ist es kein Problem so etwas zu delegieren.
Bleibt dann die Frage ob er nun zurücktreten sollte. Nun ist eines ist unbestritten, das ganze fand vor der Ernennung zum Verteidigungsminister statt. Auf der anderen Seite fand es aber statt während er Bundestagsabgeordneter war und er hat zumindest das erste Staatsexamen als Jurist abgeschlossen, sollte also vielleicht wissen wofür es Vorschriften der Uni, Urheberrechtsgesetze und ähnliches gibt, also dass das was er tat ein Gesetzesverstoß ist. Und irgendwie erwartet man von denen die die Gesetze kennen eher, dass sie sie befolgen.
Das zweite ist das Verhalten jetzt in der Affäre. Warum versucht es jeder Politiker immer mit der Salamitaktik? Nur das zugeben was schon erwiesen ist? Das machen alle so und es hilft nie. Denn sobald etwas ans Licht kommt löst es eine Lawine aus – andere suchen nach mehr, die Medien nehmen das Thema aus, es melden sich andere Betroffene… so war es bisher immer und immer wird gerade das eingeräumt was unstrittig ist. Wer so was macht, den kann ich nicht mehr als integer ansehen. Wenn Guttenberg bei den ersten Vorwürfen mit der vollen Wahrheit rausgerückt wäre, alles auf den Tisch gelegt hätte, sofort auf den Titel verzichtet hätte und sich entschuldigt hätte, dann würde ich sagen kann er bleiben. Das wäre das Verhalten das ich erwarte wenn jemand eine Straftat begeht und zu diesem Tatbestand steht, also Integrität beweist. Aber wer häppchenweise wie ein Kleinkrimineller nur zugibt was man ihm nachweisen kann hat nichts auf der Regierungsbank verloren.
In nano wurden zu dem Thema sogenannte „Ghostwriter“ interviewt, also Leute die Studien und Diplomarbeiten für Studenten machen. Das können sie – sie werden für die Erstellung eines wissenschaftlichen Werks bezahlt – den Betrug begeht der Student, der es als sein eigenes ausgibt. Das scheint ein einträgliches Geschäft zu sein. Je nach Arbeitsaufwand und Vorarbeit verlangt einer der Ghostwriter zwischen 8000 und 25000 Franken, also zwischen 6.000 und 20.000 Euro. Das lohnt sich. Wenn ich mal dran denke wie lange ich an einem Buch arbeite dann könnte ich sicher drei davon pro Jahr machen, da Diplomarbeiten meist noch kürzer als meine Bücher sind sicher auch 4-5 und dann kann man von der Summe schon leben. Schade nur, dass ich nicht so gut in Rechtschreibung und dem Formulieren von wohlklingenden Sätzen bin, sonst könnte ich das glatt zum Beruf machen….
Zumindest sollte man von einem Jurist erwarten können, daß er wenn er schon gegen Regeln verstößt das so geschickt macht daß er NICHT erwischt wird.
Irgendwie scheint das mit fragwürdigen Doktorarbeiten bei der CDU üblich zu werden: Schon Kohl hat da ziemlichen Mist gebaut. Aber der war wenigstens schlau genug, seine Doktorarbeit verschwinden zu lassen statt sie auch noch zu veröffentlichen.
Fragt sich ob einer der selbst zum Mogeln zu blöd ist als Minister taugt. Denn wie man in der Praxis sieht mogeln Minister öfter mal, und dann sollten sie das auch wirklich können…
Schon wieder ein Vorwurf in die Richtung die Dissertation von Dr. Helmut Kohl währe Verschwunden, gesperrt, nicht einsehbar oder ähnliches. Ich habe keine Ahnung wo dieses Gerücht herkommt, es taucht aber relativ häufig in den Kommentaren zu Artikel zu der Guttenberg Dissertation auf und ist definitiv Falsch. In der Bibiliotek der Uni Heidelberg, der Uni an der er Promoviert hat, ist die Dissertation vorhanden und ausleihbar (http://katalog.ub.uni-heidelberg.de/cgi-bin/titel.cgi?katkey=1144881).
Das Thema seiner Dissertation ist wieder ein anderes Thema. Der zusätzliche Aufwand durch Informationsbeschaffung sollte sich in diesen Fall ziemlich in Grenzen gehalten haben, genauso wie bei Dr. Guido Westerwelle(http://katalog.ub.uni-heidelberg.de/cgi-bin/titel.cgi?katkey=9425245). Interessanterweise hat Westerwelle sein zweites jur. Staatsexamen abgelegt, d.h. er könnte als Rechtsanwalt oder Richter tätig werden, Freiherr von und zu Guttenberg nicht(http://www.faz.net/s/Rub594835B672714A1DB1A121534F010EE1/Doc~E7BD0A2A6453344AB87DBA19FB3886186~ATpl~Ecommon~Scontent.html dritter Absatz).
Da sieht man mal wieder was dabei rauskommt, wenn man nicht jede Meldung unserer „unabhängigen“ Medien nachprüft.