Ehrlichkeit in der Politik
Wie sicher schon dem einen oder anderen aufgefallen, gefällt mir das eine oder andere nicht an der Politik. Nun kann man sicher anderer politischer Meinung sein, was die Programme der Parteien angeht. aber ich denke unabhängig von dieser Meinung gibt es etwas was jede Regierung aber auch jede Partei erwartet werden kann: das man sich an bestimmte moralische Standards hält und zwei ziemlich wichtige, sind Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit. Die Ereignisse in den letzten Wochen zeigen recht deutlich, dass hier einiges im argen ist.
Nehmen wir die Affäre Guttenberg. Da ist zum einen das Verhalten von ihm. Er hat ja alles abgeleugnet und selbst noch in seiner Rede beim Abtritt keinerlei eigenes Verschulden eingeräumt. Da gerade er als Plagiator wissen sollte, wie schnell man Arbeiten auf Versatzstücke anderer feststellen kann, ist das äußerst dumm gewesen. aber wahrscheinlich war er zu von sich selbst überzeugt und hat die Arbeit zusammenschreiben lassen. Aber es dreht sich nicht um ihn. Es dreht sich vielmehr um den Rest der Regierung, an der Spitze Merkel. Wenn diese sagt, sie hätte einen Verteidigungsminister und keinen wissenschaftlichen Assistenten ernannt, dann zeigt das welch verschobene Wertemaßstäbe sie hat. Denn Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit sind sicher für jedes Amt wichtige Eigenschaften. Sie sind vielleicht noch wichtiger, weil man die Minister ja laufend auswechselt. Es werden also niemals Leute berufen, die eine gewisse Vorbildung für das Amt haben wie Generäle als Verteidigungsminister, Juristen als Justizminister oder Naturwissenschaftler für das Umweltministerium. Wenn sich Leute also nicht durch ihre berufliche Qualifikation für ein Amt eignen, so muss die Persönlichkeit stimmen.
Nun gab es ja noch einige in der Regierung, welche auf die Barrikaden gingen, was sicher auch eine Rolle für den Rücktritt spielte. Um so unverständlicher ist das danach Merkel erneut gegen die Opposition wetterte als „scheinheilig und verlogen„. Auch das zeigt den Umgang mit Ehrlichkeit, denn was Guttenberg zum Verhängnis wurde, war ja nicht die Opposition, es war der Widerstand in der eigenen Partei und größerer Teile des akademischen Bürgertums.
Dann kam nun Fukoshima. Also vor vier Monaten erzählt uns unsere Regierung das Atomkraft sicher ist und man nicht vorzeitig aus ihr aussteigen kann, sondern sie benötigt wird, um die Klimaziele zu erreichen. Da ja schon damals in der Bevölkerung es genügend Stimmen gegen Atomkraft vor Fukoshima gab, war das eine ehrliche Position. Erstaunlich ist dann, wie die Meinung der Koalition plötzlich innerhalb von Tagen gekippt ist. Als es erste Anzeichen für gravierende Störungen in den japanischen Reaktoren gab, habe ich von der Regierung auch zuerst noch das uni-sono „unsere Kraftwerke sind sicher“ gehört. Mit ein paar Explosionen und rapide sinkenden Meinungsumfragen dreht sich dann plötzlich das Fähnchen. Nun sollen die sieben ältesten Reaktoren sofort vom Netz (wäre das Gesetz nicht geändert worden, so wären es nur drei gewesen) und der Ausstieg aus dem Ausstieg soll „ausgesetzt“ werden. Und nun soll ein Gremium wieder mal diskutieren. Was bitte diskutieren? Atomkraft wurde bei uns schon vor Jahrzehnten diskutiert. Es gab in den späten Siebzigern und frühen Achtzigern Demonstrationen gegen Whyl, Brockdorf und Kalkar. Nach Tschernobyl war politischer Konsens und Konsens in der Bevölkerung, dass wir keine neuen AKW bauen und den schnellen Brüter haben wir nicht fertiggestellt. 2002 dann der beschlossene endgültige Ausstieg, der ebenfalls von vielen befürwortetet wurde. Es gibt nichts zu debattieren. Gesellschaftlicher Konsens vor Fukoshima war schon dass wir keine Atomkraftwerke mehr haben wollen. Wenn das die Regierung noch diskutieren muss – warum tretet ihr nicht zurück, überlasst das Regieren anderen, und meldet euch wieder wenn ihr alles ausdiskutiert habt? Und nehmt euch mal wirklich eine längere Auspause um auch ein paar andere Dinge auszudiskutieren….
Was mich beindruckt hätte wäre Ehrlichkeit gewesen. So was in der Art „Ich war davon überzeugt, dass Atomkraft bei uns sicher ist. aber ich dachte das auch Japan als Hochtechnologieland sichere Kraftwerke hat. Ich glaube das nun nicht mehr und will nun doch den Ausstieg.“ Oder ein alternativer zweiter Satz: „Ich bin nach wie vor davon überzeugt, aber große Teile der Bevölkerung sehen nun nicht mehr die Atomkraft als sicher an und wir werden nun doch aussteigen“. Ehrlich wäre wohl aber „Aber weil wir keine Wahlen verlieren wollen, setzten wir den Ausstieg für drei Monate aus, bis alle das vergessen haben“. Aber so? Das ist ja nicht mal gut gelogen. Leute nicht mal das könnt ihr richtig.
Zuletzt nun Libyen. Also ich sehe einen Einsatz auch kritisch. Das Problem ist, dass die Aufständischen gegen eine modern ausgerüstete Armee mit schweren Waffen keine Chance haben. Egal ob es nun eine Flugverbotszone gibt oder nicht. Das würde den Einsatz von Bodentruppen bedeuten – und wer denkt da nicht sofort an die Entwicklung die Afghanistan und Irak genommen haben. Das will also niemand, nicht ,al Frankreich und die USA.
Ich bin daher auch dagegen sich bei einer solchen Aktion zu beteiligen, wobei ja was derzeit läuft nichts mit einer Flugverbotszone zu tun hat, wie sie der Irak über 10 Jahre hatte. Es sind Angriffe auf das Libysche Militär oder andere strategisch wichtige Einrichtungen. Nach allgemeinem Sprachgebrauch nennt man so was Krieg. Ich nehme an Gaddafi würde Göbbels Begriff „Terrorbomber“ wohl vorziehen.
Aber es ist das eine, sich bei so etwas nicht aktiv zu beteiligen und eine andere sich bei der UN-Resolution zu enthalten. Von China und Brasilien erwartet ja auch keiner, dass sie nun Flugzeuge schicken und auch Deutschland hat keine Flugzeuge die Libyen erreichen können. Daher verstehe ich auch nicht den Entschluss der Regierung und ich vermisse auch hier eine ehrliche Antwort. Immerhin ist nun Deutschland ein besonderer Freund von Gaddafi – das kann nicht jeder von sich behaupten….
„AKW-Moratorium ist nur Wahlkampf-Taktik“ – sagt Wirtschaftsminister Brüderle. Nachzulesen auf http://www.sueddeutsche.de/politik/atompolitik-und-landtagswahlen-bruederle-und-die-bosse-1.1076394
Das Problem ist, dass Politiker Entscheidungen treffen, die lange über ihr politisches Mandat hinaus wirken. So ist es z.B möglich, über Generationen die Staatsfinanzen mit Krediten zu belasten um kurzfristig die nächste Wahl zu gewinnen.
Bundestagsabgeordnete repräsentatieren die Bevölkerung und entscheiden als gewählte Abgeordnete. Gesunder Menschenverstand, Ehrlichkeit eben persönliche Integrität sind die zentralen Werte, die ein Bundestagsabgeordneter oder Minister haben sollte. Aber das sind leider nicht die Menschen, die sich im allgemeinen Machtgreangel der Parteienlandschaft durchsetzen. Der ursprüngliche Ansatz der Grünen mit Ämterrotation war da vielleicht ganz gut!
Ich hab mir vor Jahren mal das „Vergnügen“ gemacht Parteiprogramme zu vergleichen. Viel ist für mich da nicht bei herausgekommen.
Im Antiken Rom wurde regelmäßig ein Senator ABGEWÄHLT, es fand also ein negatives Votum statt. Ich weiß nicht, ob man das heute empfehlen kann. Mir fielen spontan einige Politiker ein…..
Zur Bewertung der Atomenergie in Deutschland sollten wir erst mal die weitere Entwicklung in Fokushima abwarten. Das endgültige Ausmaß der Katastrophe ist ja noch gar nicht abzusehen! Noch ist der Atommüll der Reaktoren nicht geborgen oder sicher verbunkert und ich glaube es gibt auch niemanden, der eine Idee hat wie das zu bewerkstelligen wäre. Die jetzigen Kühlversuche sind nur provisorische Notmaßnahmen, mehr nicht. In welchem Umfang sich radioartives Material ausbreiten wird ist noch nicht bekannt.
Russland konnte um Tschernobyl eine Sperrzone errichten und die Leute evakuieren. Das wird so in Japan nicht möglich sein. Das Land ist zu klein (Insel)und so etwas ginge in Deutschland auch nicht. Und in einem Bereich von 30km Umkreis den verseuchten Boden einige cm tief abtragen und an anderer Stelle sicher vergraben, das ist sehr sehr teuer.
Was mich an Japan so erstaunt, die Katasrope war ja vermeidbar. Die Reaktoren wurden planmäßig heruntergefahren, solange es auf Batteriebetrieb funktionierte war die Kühlung ausreichend! Dann erst war man nicht in der Lage eine redundante Stromversorgung für die Kühlpumpen zu installieren oder zu aktivieren!
Die Gefährdung durch AKW ist also nicht nur eine Frage der Technik sondern besonders auch eine Frage der Organisation.
Und da sind wir wieder bei der Ehrlichkeit und der Wiederwahl des Politikers.
Sind wir bereit, für unseren derzeitigen Wohlstand dieses Risiko einzugehen JA oder NEIN?
Aber es werden von allen Seiten die dollsten Nebelkerzen geworfen um die Diskussion dieses gesellschaftlichen Problems zu verschleiern.
Gestern sah ich einen TV Bericht über das einzige Österreichische Kernkraftwerk, dessen Inbetriebnahme durch Volksabstimmung verhindert wurde. Auch wenn Österreich aus Tchechien Atomenergie bezieht, eine Sorge haben sie nicht. Die Österreicher müssen keinen Atommüll entsorgen!
Wir müssen und haben kein Konzept.
Ich wohne im Ruhrgebiet und hier gibt es den Begriff der EWIGKEITSKOSTEN. Gemeint sind die Folgekosten der stillgelegten Zechen. Im Zusammenhang mit Atomenergie hat noch niemand dieses Wort zu benutzen gewagt!
Es wäre interessant mal auszurechen, wann wir mehr Energie zur Regulierung des Grundwassers (elektrische Pumpen)aufgewandt haben, als wir Energie in Form von Kohle aus dem Boden gewonnen haben!
Vielleicht noch eine traurig/lustige Bemerkung am Rande. Leider liegt mir keine Quelle vor. Ein Politiker soll fabuliert haben, zukünftig könne mann den Atommüll mit Raketen in den Weltraum transportieren. Dem würde ich dringend empfehlen, auf Bernds Seite mal die energetischen Grundlagen der Raketentechnik nachzulesen…..
Das Hauptproblem für ehrliche Politiker lautet: Für Ehrlichkeit wird man nicht gewählt.
Es gäbe ja eine einfache Möglichkeit, die Politiker zur Ehrlichkeit zu zwingen: Vor den Wahlen müssen sie Rechenschaft ablegen, wie sie ihre Versprechen vor der letzten Wahl eingehalten haben. Sind sie nicht eingehalten worden, wird die Partei zur Wahl nicht mehr zugelassen.
Einen Haken Hat die Sache allerdings: Das entsprechende Wahlgesetzt müßten die Politiker selber beschließen. Und wer sägt schon an dem Ast auf dem er so bequem sitzt? (Jedenfalls solange man nicht gerade Copyberg oder so ähnlich heißt)
zum Steinkohlebergbau:
ich bin letztes oder vorletztes Jahr mal im Deister im stillgelegten Bergwerk gewesen.
Die haben da gesagt, daß der Steinkohlebergbau sich da zum Schluß immer weniger gelohnt hat, da für jede Tonne geförderte Steinkohle 20 – 50 Tonnen Wasser gefördert werden mußte.
Im Ruhrgebiet soll das Verhältnis 1 Tonne Wasser pro Tonne Steinkohle gewesen sein.
zur Abwahl von Politikern:
wäre mir sehr recht, ist aber eines der Probleme gewesen, in der Weimarer Republik.
Zwei Anmerkungen: Natürlich können deutsche Kampfjets Libyen erreichen. Sie müssten nur auf einer entsprechenden Basis stationiert werden. Zwei italienische Fliegerhorste hätten zur Verfügung gestanden, oder man hätte wie das Vereingte Königrich von Acrotiri auf Zypern operiert.
Der Mensch, der den Atomausstieg für falsch hält, die Atomenergie sogar mittels neuer Reaktortypen ausbauen und notfalls den Atommüll ins Weltall schießen will, ist Professor Ulrich Walter, unser ehemaliger Astronaut.
Politiker sind in vieler Hinsicht ein Abbild der Bevölkerung, die sie wählt. Letztendlich suchen sich die Leute Vorbilder, die so sind wie sie.
Wie viele Deutsche wären ihre „Rettungsringe“ rund um den Bauch gerne los, belügen sich aber alltäglich vor dem Kühlschrank selber, dass diese eine Quarkschnitte noch geht? Wie viele Deutsche haben ihre kleine geheime Schwarzgeldkasse, die sie am Staat vorbei verdient haben, und/oder haben eine Dienstleistung oder Ware schon mal schwarz bezahlt? Und wie viele haben schon mal bei einer Prüfung abgeschrieben? Klar, nicht ganz so dreist, wie Guttenberg, aber trotzdem nicht korrekt.
Ehrliche Politiker würden vielen Wählern nur Angst machen, weil sie selber nicht ehrlich sind.
Kai