Das falsche Amt
Westerwelle ist eine besondere Figur. Im Normalfall sind Außenminister bei uns beliebt. Sie düsen durch die Welt, erscheinen in den Nachrichten wenn sie Deutschland bei internationalen Konferenzen präsentieren. Kurzum: sie kommen positiv rüber. Sie müssen sich nicht mit Zuschlägen für Solarstrom (Umweltministerium), Abhörung von Internetusern (Justizministerium), Kürzungen der Kinderfreibeträge und Bafög (Finanzministerium), oder Gammelfleisch-Skandalen (Verbraucherministerium) unbeliebt machen. Fern jeder deutscher Politik, die meistens die Wähler verärgert, erscheinen sie als positive Ausnahme. Genscher war beliebt, Kinkel hat zwar nichts gemacht, war aber trotzdem beliebt. Selbst Fischer war für einen Grünen-Politiker extrem beliebt.
Was macht Westerwelle falsch? Nun, alles was ich so an Vorurteilen über den Mann hatte, bekam ich von Ulrich Wickert bei Beckmann bestätigt: er hört nicht auf seine Mitarbeiter, wenn er schon keine eigene Sachkenntnisse hat und übernimmt gerade mal einige Sätze die er für ein Pressestatement braucht, anstatt sich voll in die Materie einweisen zu lassen. Schwerer Fehler: Natürlich hat er bisher nichts mit Außenpolitik zu tun gehabt. das haben die wenigsten Politiker. Es gibt ja genügend eigene Probleme in Deutschland und ein Parteivorsitzender hat noch weniger Zeit, sich um das Ausland zu kümmern. Doch dann sollte man wenigstens auf die Mitarbeiter hören, die damit vertraut sind. Dafür sind sie ja da.
Das zweite hat man ja schon kurz nach dem Amtsantritt gesehen: Wenn Westerwelle nicht mal eine englische Sprache versteht, (er muss ja nicht gleich in englisch antworten), dann ist es doch blamabel. Um es klar zu stellen: Natürlich gibt es auch akademische Berufe in denen man kein Englisch benötigt. Ich denke, ich bin mit Westerwelle im Alter und in diesem Punkt vergleichbar. Als Lebensmittelchemiker muss man sich vor allem mit deutschen Gesetzen und Chemie beschäftigen. Da gibt es genügend Deutsches und das Fachvokabular um englischsprachige Chemieaufsätze zu verstehen ist beschränkt. Das gilt auch für Westerwelle als Jurist bzw. eigentlich in den letzten Jahren nur noch Berufspolitiker. Nun gibt es aber einen Unterschied zu mir. Ich habe ja nicht schon ewig lange vor der Wahl angekündigt mit der CDU zu koalieren. Weiterhin weiß man ja, dass der Chef der Juniorpartei dann Außenminister und Vizekanzler ist. Das war schon immer schon. Man hätte sich also vorbereiten können. Englisch lernen, oder sich sogar Kenntnisse in der Weltpolitik aneignen können. Fischer hat das getan, warum nicht Westerwelle?
So macht Westerwelle eine inkompetente Figur, das wird durch Hüh und Hott Aktionen wie bei Libyen auch nicht besser.
Das Hauptproblem ist aber das Westerwelle weiterhin FDP-Parteichef bleiben wollte. Damit taucht er laufend in den Nachrichten auf, aber nicht positiv sondern als Meckerer, Hetzer und Besserwisser. Merkel ist da schlauer: Sie taucht nur als Kanzlerin auf, nie als CDU-Parteivorsitzende. Wenn sie was zu hetzen hat, dann gibt es immer noch den Generalsekretär, zahllose Parteipolitiker und Ministerpräsidenten. Sie selbst ist eben die Kanzlerin.
Damit verscherzt er sich jeden Amtsbonus. Es wird interessant sein, zu sehen ob das noch besser wird, da nun ja die beiden Ämter getrennt sind – er hätte das wohl besser vorher schon von sich aus getrennt oder zumindest eben andere bei den parteipolitischen Aussagen nach vorne geschickt. Woran die Trennung nichts ändert ist, das Westerwelle der falsche Mann fürs Amt ist. Denn was hat man von ihm in den letzten Jahren gehört? „Steuern sparen“, mehr war es nicht. Da wäre er doch im Finanzministerium oder Wirtschaftsministerium gut aufgehoben. Immerhin hätte er auch dort seine Punkte umsetzen können. So blockiert aber Schäuble alle FDP-Steuersparpläne. Immerhin kann Brabbel-Brüderle ja noch ein paar Subventionen streichen und damit die Steuern senken. Das geht nicht? Ja so ist es eben wenn man die Partei der gutverdienenden und der Wirtschaft ist, dann kann man nicht die Vergünstigungen der Wähler und Parteifinanzierer streichen….
Nach Westerwelle ist ja noch nicht mal ein Staubkorn am Himmel benannt.
Ich würde mich freuen, wenn es hier wieder etwas spacigere Themen gäbe.
Schreib einen Gastbeitrag, mir fällt derzeit nichts „spaciges“ ein….
Dazu kommt noch, daß sich Westerwelle in Sachen einmischt, die absolut nichts mit Außenpolitik zu tun haben. Und auch dabei immer wieder ins Fettnäpchen tritt.
Westerwelle ist ein Dauerärgernis und für mich ebenso interessant wie „spaciges“. Ich hab die Sendung Beckmann leider nicht gesehen, aber die Aussage passt in mein Persönlichkeitsbild von Westerwelle. Ich interssiere mich schon lange (hat mit dem damaligen BWL Studium begonnen) für Psychologie.
Westerwelle hat für mich eine eindeutige narzistische Persönlichkeitsstörung.
Die geht im allgemeinen einher mit dem übertriebenen Empfinden eigener Großartigkeit, gekoppelt mit Anspruchsdenken und dem ausgeprägten Verlangen nach Bewunderung. Gleichzeitig werden andere Personen abgewertet um die verletzliche eigene Großartigkeit aufrechtzuerhalten. Dazu passt natürlich auch die narzistische Wut, die unangemessen und übersteigert ist.
Wie er den Britischen Reporter anblaffte als der mit ihm englisch sprechen wollte zeigt so etwas. Oder die verbalen Ausraster gegen Harz IV Empfänger und untere Einkommnesschichten.
Solche Menschen sind oft sehr erfolgreich und unter Politikern oft anzutreffen. Wie Gutenberg haben die kein Problem, sich mit Leistungen zu schmücken, die sie gar nicht erbracht haben. Der Verdienst oder Vorteil steht ihnen einfach zu, weil sie so außergewöhnlich besser sind als alle anderen. Wenn die sich unter Kontrolle haben, funktioniert das alles auch ganz gut. Bricht das Kartenhaus zusammen, können natürlich dramatische Situationen wie aus dem Nichts entstehen. Westerwelles Parteivorgänger Möllemann hat mutmaßlich 100m vor dem Aufschlag darauf verzichtet die Reißleine seines Fallschirms zu ziehen.
„Der Politologe Christian Hacke hält den FDP-Politiker als Außenminister für eine schwere Fehlbesetzung und hat den 49-Jährigen zum Rücktritt aufgefordert.
Westerwelle attestiert der Professor einen „neudeutschen Wilhelminismus“, der sich vor allem in der Enthaltung bei der Libyen-Resolution des Uno-Sicherheitsrats gezeigt habe. Westerwelle agiere zugleich selbstgerecht auftrumpfend und feige wegduckend. „Er ist der bornierteste Außenminister seit von Ribbentrop.“ Joachim von Ribbentrop war Hitlers Außenminister. Er wurde nach Kriegsende im Nürnberger Prozess angeklagt, zum Tod durch den Strang verurteilt und am 16. Oktober 1946 hingerichtet.“ (Aus Spiegel-Online, heute)