Nun da, ich an den letzten Teilen des Skylabbuchs die Arbeit abgeschlossen habe,will ich mal wieder eine persönliche Meinung zur bemannten Raumfahrt äußern. Manche machen es sich ja einfach und ziehen abwechselnd die Schubladen „Befürworter“ und „Gegner“ der bemannten Raumfahrt. (Interessanterweise gibt es die Schubladen nicht bei der unbemannten Raumfahrt). Nun ist es aber so, dass die Welt nicht nur schwarz-weiß ist. Daher an dieser Stelle mein persönliches Credo.
Bei mir ist es so, dass ich mich für Teile der bemannten Raumfahrt interessiere und andere völlig sinnlos halte. Nicht das die für die ich mich interessiere sinnvoller sind, aber dazu später mehr.
Ich interessiere mich für die frühe amerikanische Raumfahrt bis einschließlich Skylab und ich denke ich kann das auch gut begründen. Dieser erste Teil zeichnet sich aus durch definierte Missionen mit bestimmten Zielen. Bei Mercury immer längere Aufenthalte bis zu einem Tag. Bei Gemini ebenfalls längerer Aufenthalt (Gemini 3,4,5,7) und immer anspruchsvolleren Kopplungen (Gemini 6,8,9-12). Bei Apollo zuerst Erproben der Hardware in der Erdumlaufbahn, dann stufenweise Annäherung an die Mondlandung und schließlich die Mondlandung und bei Skylab drei Forschungsmissionen mit den Schwerpunkten Medizin, Sonnenbeobachtung und allgemeine Forschung.
Natürlich haben auch die nachfolgenden Missionen definierte Ziele, aber sie gleichen sich doch sehr und sind zunehmend weniger unterscheidbar. Das gilt nicht nur für den Westen, sondern auch die meisten Sojusmissionen im Osten. Ich denke aber es gibt auch im Westen nach Skylab eine historische Zäsur, im Osten vielleicht mit der ersten Sojus Mission zur Saljut, Sojus 11. In beiden Weltraummächten war die bemannte Raumfahrt geprägt von dem kalten Krieg und einem Weltlauf im All. Es ging darum zuerst immer länger im Weltall zu verbleiben, dann weitere Rekorde aufzustellen wie Anzahl der Menschen im Weltraum, erster Weltraumausstieg, und schlussendlich Landung auf dem Mond.
Diesem musste sich alles unterordnen, auch die Wissenschaft. So gab es im Apolloprogramm kaum Experimente an Bord der Missionen, diese kamen erst auf, als die Mondlandung erreicht war, vor allem bei den J-Missionen, Apollo 15 bis 17. Die zweite Phase, die bis heute andauert ist die bei der die Forschung oder Anwendungen bei der bemannten Raumfahrt im Vordergrund standen. Die Sowjets begannen mit Raumstationen aus einer Not heraus – sie konnten die USA nicht beim Wettrennen zum Mond schlagen. Sie hatten nicht dazu die Mittel und so scheiterten alle Starts schon nach weniger als zwei Minuten. Die Lösung waren Raumstationen, welche erheblich weniger Mittel erforderten – die schon etablierten Sojus reichten für den Besatzungstransport aus und die Station selbst konnte mit einer Proton gestartet werden. In den USA gab es als einziges, in sich abgeschlossenes Apollo Nachfolgeprojekt die Raumstation Skylab, die nur dreimal besucht wurde. Danach wandten sich die vereinigten Staaten auch einem Anwendungsprogramm zu – einem bemannten Transportsystem, dem Space Shuttle.
Seitdem ähneln sich dei Missionen und es wurden immer mehr. Allerdings und as ist der zweite wichtige Punkt, machte der technische Fortschritt den Menschen im Weltraum im unwichtiger. Zwischen Skylab und dem Shuttle ist dies deutlich sichtbar. Skylab hatte drei wichtige Forschungsgebiete. Das erste war die medizinische Forschung am Menschen selbst, die zweite Erderkundung und die dritte Sonnenbeobachtung. Das letzte gibt e noch heute. Aber es ist ein Selbstzweck. Es geht primär darum zu erkunden wie man möglichst lange im Weltall belieben kann ohne krank zu werden oder abzubauen. Eigentlich sollte die Tatsache, dass man in der Schwerelosigkeit rapide an Kraft und Knochensubstanz verliert einem einen Hinweis geben, dass man vielleicht sich dort nicht aufhalten sollte, aber stattdessen erforscht man es, um dem Phänomen zu begegnen. Bei der Erderkundung zeigte sich schon der technische Fortschritt – die USA bauten gerade das Landsatsystem auf und im Vergleich schnitten dessen Multispektralaufnahmen besser ab als die von Skylab. Nur die Fotos waren noch besser, doch versprach ein neuer Detektor, das CCD die kontrastarmen Videoconkameras abzulösen und dann wäre auch dieser Vorteil nicht gegeben. Bei der Sonnenforschung war der primäre Vorteil, dass Skylabs Astronauten zum richtigen Zeitpunkt auf den Auslöser drücken konnten – als auch in astronomischen Satelliten CCD einzogen war auch hier der Mensch überflüssig, denn nun wurden dauernd Aufnahmen gemacht und nur die übertragen die auch etwas zeigten.
Trotzdem sah die NASA eine optimistische Zukunft des Space Shuttles voraus. Immerhin hatte die kleine Sparte der Materialforschung eindrucksvolle Ergebnisse gebracht. Doch man konnte an sie nicht im Spacelab anknüpfen. Von einer Fertigung im Weltraum war gar nicht zu reden und auf der Erde suchte die Industrie eben nach Alternativlösungen – mochten im Weltall produzierte GaAs Einkristalle groß und rein sein – wenn sie nicht bezahlbar waren, so verbesserte man eben die Prozesse auf Siliziumbasis bis diese GaAs in Schaltgeschwindigkeit eingeholt hatten.
Das gilt übertragen auch auf die ISS. Sechs Personen forschen dort durchschnittlich 20 Stunden in der Woche. Viel? Äh alle sechs Personen zusammen … Bei drei Labors in denen nach den Zeichnungen je zwei bis drei Personen arbeiten könnten wäre wohl genug Arbeit für 20 Astronauten bei dieser Auslastung. Dummerweise fehlt der Wohnraum und auch die Transportkapazität dafür. Noch dämlicher war es eigentlich nur Satelliten die seit Jahrzehnten unbemannt gestartet wurden mit einem bemannten Raumfahrzeug zu starten und dieses so auszulegen, dass es garantiert nicht ohne Besatzung landen konnte, obwohl es auch anders geht, wie die Russen mit Buran zeigten.
Um zum Schluss zu kommen: Ich finde bemannte Raumfahrt ist langweilig. Jede unbemannte Raumsonde oder jeder Satellit hat eine Aufgabenstellung, Experimente die interessant sind und er liefert oft auch noch neue Erkenntnisse. Dagegen tut man sich schwer eine bemannte Mission heute von der nächsten zu unterscheiden. Was uns die ISS an Erkenntnissen gebracht hat ist an mir vorbeigegangen. Das ist der Gewöhnungseffekt Er ist ja nicht auf die bemannte Raumfahrt beschränkt, sondern auch anwendbar auf Raumsonden/Satelliten die in Flotten gebaut wurden. Ich gebe gerne zu, dass ich nicht ohne Nachzuschlagen weis, was Lunar Orbiter 4 vom 5 unterscheidet oder OSO 7 neue Erkenntnisse gegenüber OSO 6 brachte. Nun ist es viel einfacher möglich eine neue Raumsonde zu konstruieren als für jede mögliche Mission ein neues bemanntes Raumschiff. Daher wird das immer gegeben sein. Und solange wird wohl für mich die bemannte Rumfahrt nach 1974 uninteressant bleiben.