Nehmen wir nun uns mal die Dragon als bemannten Transporter vor. Es gibt ja schon eine Reihe von bemannten Transportern wie die Apollo Kapsel und die Sojus. Von ihnen unterscheidet sich die Dragon beträchtlich. Wir immer bei SpaceX ist alles besser. So soll sie bei 10 m³ Nettovolumen nicht weniger als sieben Astronauten transportieren – Die Apollo bot bei 11 m³ Volumen nur Platz für drei Astronauten, doch auch in der Sojus ist es beengt (4 m³ für die Astronauten in der Wiedereintrittseinheit) und für kurze Zeit ist das sicher auszuhalten.
Allerdings ist die Dragon nach den derzeitigen Angaben von SpaceX nicht für Astronauten geeignet, weil die Atmosphäre nicht geregelt ist (nach offiziellem Datasheet Temperaturen von 10 bis 46°C, 25-75° Feuchtigkeit). Es fehlt also ein Lebenserhaltungssystem. Vor allem aber fehlt ein echtes Rettungssystem.
Die Lösung von SpaceX – die Antriebe für die Lageregelung sollen dies richten. Damit könnte die Kapsel sogar weich auf dem Land niedergehen. Wirklich?
Nun die Anforderungen sind doch recht unterschiedlich. Ein Rettungssystem (Launch Escape System – LES) hat die Aufgabe die Kapsel sehr schnell von der Rakete weg zu ziehen, Der Schub ist kurz, aber stark, er wirkt oben, denn er zieht. Das LES wird dann meist abgetrennt, wenn man davon ausgeht das das Risiko klein ist oder es andere Rettungsmöglichkeiten gibt.
Triebwerke um die Landung abzubremsen, befinden sich in der Basis und ihr Schub ist kleiner, denn abgebremst durch einen Fallschirm liegt die Geschwindigkeit schon unter 5 m/s, während ein LES typischerweiserweise eine Beschleunigung von 70 m/s aufweist – man will ja so schnell wie möglich aus der Explosionszone rauskommen.
Triebwerke in der Basis für einen LES haben noch einen anderen Nachteil: Beim Zünden in einem Notfall werden die Flammen auf die Oberstufe prallen und können dadurch erst diese zur Explosion bringen. Im Normallfall wird die Kapsel erst abgetrennt und dann die Triebwerke gezündet. Diese Zeit hat man bei bei einem Notfall nicht. Vor allem unterscheiden sich Angriffspunkt der Kraft deutlich: Im einen Fall von oben und im anderen Fall von unten. Ohne aerodynamische und kinetische Studien zu betreiben, würde ich behaupten, dass dies ein Unterschied ist.
Es ist vor allem ein Problem einen Platz für die Düsen zu finden: Bei einem LES ist dieser über der Kapsel. Ein Triebwerk, dass bei der Landung zündet müsste sich unter der Kapsel befinden. Da es wohl selbst, wenn es kein Problem mit dem Hitzeschutzschild gibt, dann doch den Temperaturen beim Wiedereintritt ausgesetzt ist und das nicht so förderlich. Für ein Triebwerk ist ist das bei einem bemannten System nicht hinnehmbar. Man denke sich nur mal ein Triebwerk wäre bei der Landung beschädigt. So bleibt die Position an der Seite, wo allerdings der Schubvektor nicht senkrecht nach unten geht, sondern schräg. Es übt also Druck auf die Struktur aus. Bei den Triebwerken für die Landung mag das noch kein Problem sein. Doch ein LES, dass mit 70 n/s die Kapsel abtrennt, wird bei einem 60 Grad Winkel immerhin eine Kraft von 110 kN oder rund 10 t aus.
Selbst dann ist die Größe der Triebwerke ein Problem. Eine Dragon voll beladen, ohne Frachtzylinder wird bis zu 10 t wiegen (4,9 t trocken, 3,31 t Nutzlast, 1,29 t Treibstoff). Ein LES dass sie mit 70 m/s abtrennt braucht also einen Schub von 700 kN. Das ist mehr als bei den Merlin Triebwerken, die nach SpaceX Abbildungen immerhin so etwa 3 m hoch sind. Wie bitte will man die an der Seite anbringen? Mit den vorhandenen Draco Triebwerken wird es mit Sicherheit nicht gehen. Mit 400 N Schub bräuchte man selbst um bei der Landung nur 5 m/s zu vernichten und bei einer reduzierten Landemasse von 7,4 t (4,9 t + 2,5 t Nutzlast) über 90 dieser Düsen. Um ein LES zu ersetzen wären sogar 1750 Stück nötig.
Ich sehe keine Möglichkeit in der Dragon hier leistungsstarke Triebwerke anzubringen. Was natürlich gehen würde, wäre ein LES zusätzlich über dem Hitzeschutzschild anzubringen – ein leistungsstarker Feststoffantrieb würde ausreichen und ihn vor der Landung abzutrennen und dann normal zu Wassern (auf eine Landlandung zu verzichten) oder Airbags einzusetzen. Nur plant das eben SpaceX und wenn wäre ein oben angebrachtes LES, das man nicht mit in den Orbit schleppen muss, günstiger – das LES von Apollo wog 4,2 t bei einer Startmasse der Apollokapsel von 6 t.
Irgendwie habe ich – wie bei anderen Dingen bei SpaceX auch – das Gefühl das was geplant wird, ohne sich um die Anforderungen des Kunden zu kümmern. Der Kunde ist die NASA. Die sicher auch noch andere Einwände hat. So wird die NASA sicher ein aktiv steuerbares Raumschiff haben wollen. Es reicht nicht eine vom Boden gesteuerte Kapsel einfach mit einem LES auszustatten. Genau reicht es nicht einfach bei einer Trägerrakete die Strukturfaktoren etwas zu erhöhen und zu sagen sie wäre nun „man rated“. Dazu gehört ein Sicherheitskonzept auf allen Ebenen, vor allem aber Tests, Tests, Tests. Bei den Saturn hat man die „Engine Out Capability“ nicht einfach postuliert, sondern getestet – am Boden und bei Starts.
Auch die Triebwerke müssen höchsten Ansprüchen genügen. Wenn der Kommentar von KlausD korrekt ist, dann sieht die NASA das RS-68 nicht als „man rated“ ein, weil es stark vereinfacht wurde, um es preiswert produzieren zu können – das dürfte wohl dann auch für die Merlins gelten die auch auf Massenproduktion getrimmt sind. Vor allem sieht man es an den Tests. Hier mal die Testdauer dreier Triebwerke bis zum ersten Einsatz:
Triebwerk | Testdauer | Tests |
F-1 | 239124 s | 2471 |
SSME | 110253 s | 730 |
RS-68 | 18395 s | 183 |
Hal! bevor sie nun weiterlesen, denken sie mal nach wie lange das Merlin vor dem ersten Start getestet wurde?
Es sind 3.200 s. Glauben sie im ernst, dass die NASA ihre Astronauten diesem Triebwerk anvertraut? Schon das RS-68 hat eine geringe Testdauer (das Vulcain liegt mit 87.000 s nur wenig unter der Testdauer des SSME) und die NASA erachtet es als nicht man-rated. Was soll sie dann zu einem Triebwerk sagen, dass man noch sechsmal weniger getestet hat…?
Vielleicht kann ja SpaceX Touristen gewinnen, aber ich wette dass die NASA für ihre Astronauten ein zuverlässigeres Gefährt wählen wird. So selbst scheint sie ja ihrer Kapsel nicht zu trauen. Als die Russen Sojus Raumschiffe unbemannt als „Sond“ erprobten waren da einige Tier an Bord - anspruchslose wie Schildkröten die auch eine Woche ohne Wasser auskommen, aber immerhin. Was war in der ersten Dragon, die nur knapp 3 Stunden im Orbit war? Ein Käse. Passt gut zu der Firma, finde ich.