Die Space Shuttles – Hätte es unbemannt geklappt?

Heute mal wieder ein Beitrag in der Reihe – „Was wäre wenn?“, also mal eine Überlegung wie bestimmte Dinge anders gelaufen wären, wenn man sich anders entschieden hätte. Was wäre gewesen, wenn die NASA schon dem dem Verlust der Challenger beschlossen hätte die Shuttleflotte aufzuteilen – zwei bemannte Shuttles und zwei nur für unbemannte Starts?

Warum dies? Nun zwar waren die Shuttles damals schon nicht preiswert. Auch wenn die NASA nie die ganzen Kosten reinholen wollte und schon damals nicht die wahren Kosten publizierte. 1985 starteten die Shuttles neunmal und kosteten die NASA 1314 Millionen Dollar. Dabei war die Atlantis gerade erst zur Flotte gestoßen. Realistisch wären wohl 10 Starts pro Jahr gewesen. Jeder Start kostete also rund 140 Millionen Dollar (die NASA rechnete mit 110 bis 129 Millionen Dollar für den Zeitraum von 1988 bis 1991).

Wäre es möglich gewesen, dass die Shuttles unbemannt erfolgreiche Transporter gewesen wären? Also folgendes Szenario:

  • Zwei Orbiter werden zu reinen Frachtdiensten umgerüstet.
  • Sie partizipieren zuerst von Upgrades die Leistung bringen. Erst danach wird die bemannte Flotte umgerüstet.
  • Alle Teile die für die Besatzung benötigt werden, entfallen
  • Andere Upgrades die nur die Kosten erhöhen (auch wenn sie die Sicherheit erhöhen) müssen finanziell gerechtfertigt sein.

Das führt zu folgenden Überlegungen:

  • Nutzlast der umgebauten normalen Shuttles (nicht des Shuttle-C: 45 t)
  • Steigerung durch 5-Segment Booster: 8 t
  • Steigerung durch leichtere (SWLT) Tank: 4 t
  • Nutzlast: 57 t.

Beim Startpreis muss natürlich auch das Verlustrisiko berücksichtigt werden. Wenn ein neuer Orbiter 2,5 Milliarden Dollar kostet und es ein Verlustrisiko von 1:60 gibt (historisch belegt), so sind Rückstellungen von 42 Millionen Dollar pro Flug nötig. Zusammen mit den Startkosten von 140 Millionen Dollar und etwas Sicherheitsspielraum für die Umrüstung, kommt man so auf Startkosten von 200 Millionen Dollar (1985). Das ist angesichts der Nutzlast von 57 t sehr günstig. Die Delta 3920 kostete 38 Millionen Dollar, bei 3,5 t Nutzlast, eine Atlas mit 5,8 t Nutzlast rund 59 Millionen Dollar und eine Titan 34D mit 14,5 t Nutzlast rund 126 Millionen Dollar. Sie wäre also rund zwei- bis zweieinhalbmal preiswerter gewesen.

Doch nun kommt das „Aber“. Wie heute für die Falcon 9 hätte es damals keine Nutzlasten für dieses Shuttle gegeben. Das Shuttle-C eine modifizierte Version war ja mal später für das SDI Programm vorgesehen und als dieses eingestellt wurde, verschwand es genauso schnell wieder in der Schublade.

1986 war die Situation sogar noch schwieriger als heute. Die meisten Satelliten wurden für Starts mit der Delta und Atlas ausgelegt, zusammen mit Oberstufen für den Start vom LEO in den GTO wogen sie 3,3 t (Delta Klasse) oder 5,9 t (Atlas Klasse). Vom Gewicht her hätte also ein Start nicht weniger als 14 bzw. 8 Satelliten transportieren können. Das Problem ist es das es praktisch unmöglich ist, so viele kommerziellen Nutzlasten zeitgleich angeliefert zu bekommen. Als das Shuttle Satelliten transportiere, waren es zwei, einmal sogar drei pro Start. Selbst wenn man mit NASA / DoD Nutzlasten aufgefüllt hätte, wäre der Bedarf nicht gegeben gewesen.

Heute sieht es anders aus. Die Startrate ist zwar gesunken, aber die Satelliten sind wesentlich schwerer geworden. Damals wogen die Satelliten in GTO rund 1,2 bis 2,0 t. Heute sind es 4 bis 7 t. So würde man „nur“ noch 2 bis 4 Satelliten zeitgleich starten müssen (bei GTO Transporten). Dafür schlägt ein anderes Problem zu: Das Volumen. Als das Shuttle konzipiert wurde, war sein Nutzlastraum riesig: 18,4 m lang, 4,6 m Durchmesser. Heute ist das anders. Die Ariane 5 kommt in der Standardausführung auf 17,9 m Länge bei 5,4 m Durchmesser und ist noch verlängerbar. Dabei muss ein Shuttle bei GTO Transporten ja noch eine Oberstufe mit transportieren, die ebenfalls Platz benötigt. Die Centaur G, die für den Space Shuttle gedacht war, hätte schon zwei Drittel des Nutzlastraumes eingenommen. Die kleinen PAM Oberstufen waren kompakter aber auch weniger leistungsfähiger.

In jedem Falle wäre der Nutzlastraum für eine 50 t Nutzlast zu klein. Die Umrüstung und Nutzlaststeigerungen wären also weitgehend sinnlos. Damit wäre auch dieses Konzept gestorben. Es zeigt sehr deutlich die Problematik eines abgeschlossenen Systems. Bei einer Trägerrakete kann man die Nutzlast durch Booster steigern oder verlängerte Stufen. Wenn das Volumen nicht ausreicht, wie beim Übergang von der Atlas G auf die I oder Titan 34D auf die 4, wird einfach eine neue Hülle eingeführt. Bei einem Shuttle mit dem integrierten Nutzlastraum ist das nicht möglich.

Die Lehre, die ich für die die Zukunft ziehen würde, wäre die einzelnen Funktion zu entkoppeln. Es ist ja schon der Tank von den Boostern getrennt (es wären ja auch 3, 4 Booster oder verlängerte Versionen möglich). Wichtig wäre es nun noch die Nutzlast von dem Shuttle zu trennen. Dieses könnte z.B. ein sehr kleiner Gleiter sein, der nur die drei Triebwerke enthält – was ihn auch leichter macht. Die Nutzlasthülle müsste dabei auch getrennt sein und ein Wegwerfteil. Einige Konzepte für Schwerlastträger auf Basis der Shuttle Technologie sehen auch gerade das vor. Allerdings fehlen auch für diese die schweren Nutzlasten. Wäre alles zwei bis dreimal kleiner, so wäre es in dem Bereich der heute benötigt wird….

4 thoughts on “Die Space Shuttles – Hätte es unbemannt geklappt?

  1. Also ich schlage vor, um auf die Nutzlast zu kommen, eine entsprechende Raumstation zu entwerfen. – Oder ein paar Erweiterungen für die ISS, obwohl die wahrscheinlich nicht mehr ins derzeitige Konzept der Station passen würden…
    Eine weitere (vor allem grössere) Raumstation ist derzeit zwar auch eher utopisch, wäre aber eine geeignete Nutzlast. Oder, derzeit auch völlig utopisch, man entwirft ein grösseres Raumschiff in Segmentbauweise, womit man dann Langzeitmissionen zum Mond und später zum Mars durchführen kann. Das Schiff besteht dann z.B. aus 4 bis 6 Segmenten, die mit jeweils einem Flug des „Jumbo-Shuttels“ gestartet werden, und koppeln in der Umlaufbahn automatisch zusammen. Wenn alle Teile oben sind, kann zuletzt ein bemanntes Shuttle starten, das die Mannschaft des Raumschiffs an Bord bringt. Evtl. machen die erst noch ein paar Verbindungsarbeiten, wie es bei der ISS ja auch üblich war, wenn ein neues Modul kam. Dann machen sie sich auf den Weg zur eigentlichen Mission, z.B. zum Mond, um dort die Stellen näher zu untersuchen, die die Leute der LRO-Mission als besonders interessant erachten, und gerne näher untersucht hätten.

  2. Gerade eine Raumstation hätte man bemannt montiert, es gibt ja dann auch noch viele Kabelverbindungen anzuschließen. Da die NASA schon heute die ISS kaum vollständig ausnutzt wäre eine noch größere Station reine Utopie – und noch weniger finanzierbar.

  3. Das zeigt doch, dass man modular konstruieren muss. Möglichst viele Gleichteile um grössere Stückzahlen produzieren zu können und flexible Transportbehältnisse für unterschiedliche Nutzlasten. Eine strikte Trennung von bemannten und unbemannten Systemen. Mit den Shuttles wurden ja auch Flüge durchgeführt, die man sonst unbemannt gemacht hätte. Gerade bei Nutzungsdauern von 30 oder 40 Jahren eines Systems muss man sich alle Optionen so weit wie möglich offen halten. Niemand kennt heute die Maße und Gewichte der Nutzlasten für das Jahr 2040. Aber dieses Umdenken hat bei der Nasa ja wohl auch wieder eingesetzt.

  4. Dem käme wohl die Baikal noch am nächsten. Ein Konzept für eine wiederverwendbare Version der ersten Stufe der Angara. Wäre modular einsetzbar in unterschiedlich großen Bündeln. Dadurch sind auch relativ große Stückzahlen möglich. Der Einsatz auch anderweitig verwendeter Baugruppen (Triebwerk der Angara und für die Landung von der Mig-29, Fahrwerk von der Jak-42) sollten das noch etwas preiswerter machen.
    Technisch durchaus möglich, fragt sich nur ob auch finanziell. Nicht nur wegen der chronischen Dauerpleite bei der russischen Raumfahrt. So ein wiederverwendbares System würde sich erst bei entsprechend viel Starts überhaupt lohnen. Und die muß man erstmal zusammenkriegen. Bei nur 2 oder 3 Starts pro Jahr wäre eine normale Wegwerfrakete allemal billiger.

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